sind die kleinen bitteren, turbanartigen Früchte, die er trägt, und die wassergefüllt scheinen. Zum Zierbaum eignet er sich aber vortrefflich.
Nach Buenos-Ayres zurückgekehrt, erfuhr ich, daß in kurzer Zeit der argentinische Correo oder Courier von Buenos-Ayres nach Mendoza wirklich abgehen würde. Er hatte erst, der ausgebrochenen Indianer wegen, seinen Ritt verschieben wollen, sich jetzt aber entschlossen zu versuchen, ob er durch¬käme, und mir wurde gesagt, daß ihm die Begleitung eines bewaffneten Mannes gewiß angenehm sein würde- Durch die freundliche Vermittlung eines amerikanischen Kaufmanns, Mr. Hutton, da ich selber der spanischen Sprache noch nicht so weit mächtig war, schloß ich auch mit dem Correo bald einen Vertrag. Nach diesem machte er sich verbindlich, mir für vier Unzen - vierundsechzig spanische Dollars - Pferde und Fleisch zu liefern, die Pferde zum Reiten, das Fleisch zum Essen, bis wir Mendoza, ein kleines Städtchen am Fuße der Kordilleren, erreichen würden. Außerdem sagte er mir aber ganz offen, daß er, wenn er die Indianer im Süden heraufkommen sähe, so rasch ihn die Pferde trügen nach Norden in die Gebirge flüchten würde, und wenn ich dann nicht mitkäme, oder überhaupt auf dem Marsch liegen bliebe, so sei das nicht seine Schuld und er könne weiter nichts dafür thun. Auf alles das war ich vorbereitet, mit alle diesem zufrieden, und unsere Abreise wurde auf den 17. Juni festgesetzt. Dadurch gewann ich auch noch eine kurze Zeit für mich, Buenos-Ayres besser kennen zu lernen.
Die Auswanderung hat schon von frühester Zeit mein ganzes Interesse in Anspruch genommen, und ich suchte noch fortwährend, wo mir das nur möglich war, Erkundigungen über die Verhältnisse der Fremden, besonders der Deutschen, einzuziehen. Durch den besondern Auftrag des Handelsministeriums des deutschen Reiches hatte ich aber auch noch außerdem die Verpflichtung übernommen, nach besten Kräften über die Länder zu berichten, die ich geeignet zur Auswanderung finden würde, ebenso die Verhältnisse und Aussichten der ausgewanderten und dort schon angesiedelten Deutschen / 50/ zu schildern. Die Aussichten der Deutschen gerade in den La Platastaaten aber zu erfahren, schien es mir das Sicherste, mich an Rosas, den Gouverneur oder Dictator derselben, selber zu wenden. Der amerikanische Consul versicherte mir jedoch, daß Rosas selber nur höchst selten einen Gesandten empfange und Donna Manuelita, die Tochter des gefürchteten Gauchohäuptlings, gewöhnlich Audienz ertheile. Hier aber schien für mich eine ziemlich bedeutende Schwierigkeit zu liegen. Ich war nämlich vom Bord des Talisman nur eben so weggegangen, wie ich gedachte in den Sattel zu steigen, und der einzige Anzug, den ich mit hatte, bestand in einem Reitkittel von dem gröbsten hellgrauen wollenen Stoff, eben solchen Hosen, hohen Wasserstiefeln und einem schwarzen breitrandigen Filzhut - konnte ich so vor Donna Manuelita, der ersten Dame des Argentinischen Reiches, erscheinen? Der amerikanische Consul sagte ja, Donna Manuelita sollte eine so liebenswürdige, wie vernünftige Dame sein, Mr. Graham garantirte mir, daß ich nicht allein empfangen werden würde, sondern auch freundlich empfangen werden würde, und seinen Worten treu führte er mich eines Abends selber bei ihr ein.
Die Gauchosoldaten, die vorn im Portal und den Gängen Wache standen, schauten mich allerdings erstaunt an, als ich solcher Art gekleidet, noch dazu in dem sonst so verpönten Blaugrau, durch die Pforten ihres Herrn schritt, ließen uns jedoch ungehindert passiren und wir betraten bald darauf das Audienzzimmer. - Der Saal war ganz im europäischen Geschmack eingerichtet, der Boden mit sehr geschmackvollen bunten Teppichen bedeckt, und nur die hohe luftige Decke trug ein argentinisches Abzeichen - die schwarz und rothen Farben (Sieg oder Tod) der Federacion.
Wir waren noch ein wenig zu früh gekommen - die Diener brannten erst die Kerzen an, und ich benutzte indessen meine Zeit, zuerst meine ganze Umgebung mir genau zu beschauen, und dann Betrachtungen anzustellen ob meine Wasserstiefeln wohl nicht die ersten waren, die je diesen kostbaren Teppich betreten hätten. Lange blieb mir dazu aber keine Zeit. Die Thüren öffneten sich plötzlich, und herein traten nach und nach „die Großen des Reichs", stattlich geputzte Herren und Damen, die Herren sämmtlich in dunkelblauen Fracks (die hellblaue Farbe bezeichnet die Unitarios) mit rothen Westen und Hutbändern, und alle im Knopfloch das rothseidene Band mit der schwarz gedruckten furchtbaren Devise: Mueran los salvajes Unitarios. Die Damen waren im elegantesten französischen Costüm. Beide Theile betrachteten mich jedoch, und ich entschuldigte vollkommen ihre Neugierde, mit kaum verhehltem Erstaunen, und schienen sich gegenseitig fragen zu wollen, „was thust Du hier im Heiligthum?" Ehe aber der amerikanische Consul im Stande war nur überhaupt meine Existenz zu entschuldigen, erschien Donna Manuelita selber und empfing mich, nachdem ihr Mr. Graham mit ein paar Worten meine Absicht gesagt hatte, während sie ihn selbst in der Entschuldigung meines Anzuges unterbrach, auf das Freundlichste.
Donna Manuelita verstand allerdings, wie mir Mr. Graham sagte, das Englische, sprach es aber vielleicht noch nicht geläufig genug und mochte sich deshalb nicht darin unterhalten; ebenso ging es mir mit dem Französischen, und die Unterhaltung wurde deshalb durchaus spanisch geführt, wobei Mr. Graham so freundlich war zu dolmetschen. Die Donna versprach mir übrigens mit ihrem Vater, der Auswanderungssache wegen, zu reden und mir, noch ehe ich Buenos-Ayres verließ, das Resultat mitzutheilen. Indessen hatte sich eine ziemlich zahlreiche Gesellschaft eingefunden und ich sah mich bald im Gespräch mit zwei jungen argentinischen Damen, von denen die eine sehr geläufig Englisch sprach und die andere angefangen hatte, Deutsch zu lernen, so daß sie ebenfalls schon viel verstehen und sich auch ziemlich deutlich ausdrücken konnte. Ich verbrachte, trotz meinem nichts weniger als hoffähigen Anzug, ein paar sehr angenehme Stunden in liebenswürdiger Gesellschaft.
In Buenos-Ayres bestgeht auch jetzt eine deutsch-evangelische Gemeinde, deren Pasto und Oberhaupt Herr A.L. Siegel ist. Den Leser wird es übrigens interessiren, das erste Capitel der Kirchenstatuten von Buenos-Ayres, 34 Grad Süder Breite in den La Platastaaten, zu hören. /52/
Erstes Capitel.
Begriff und Umfang der deutsch-evangelischen Gemeinde in Buenos-Ayres.
§ 1. Die deutsch-evangelische Gemeinde in Buenos-Ayres bildet einen Zweig der unirten evangelischen Landeskirche in Preußen. Sie hat sich dieser Kirche, nach einem Beschlusse der Generalversammlung der Gemeinde im Monat April 1845, unter folgenden, ihr von dem Ministerio der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten d.d.. Berlin den 11. Januar 1845 Nr. 31,536 gestellten Propositionen freiwillig angeschlossen.
I. In Betreff der Lehre, des Cultus und der Disciplin ist das Bekenntniß, die Liturgie und die Ordnung der evangelischen Kirche Preußens für die Gemeinde in Buenos-Ayres wesentlich maßgebend und bestimmend. Es wird daher auch die Agende der preußischen Landeskirche die Norm für den Gottesdienst und die gottesdienstlichen Handlungen in der Gemeinde abgeben.
II. Das Consistorium der Provinz Brandenburg in Berlin ist diejenige geistliche Behörde, an welche sich die Gemeinde, resp. der Vorstand derselben, in allen denjenigen inneren Angelegenheiten und Streitfragen zu wenden, und die Entscheidung abzuwarten hat, über welche, indem sie das Verhältniß zu der hiesigen Landesregierung ganz unberührt lassen, eine Verständigung und Einigung der Gemeinde nicht hat stattfinden können. Es betrifft dies namentlich Streitfragen über die Lehre und den Gottesdienst, über Disciplinarmaßregeln, sofern sie nicht in das Gebiet der bürgerlichen Gesetze und Einrichtungen hinüberreichen, endlich Mißhelligkeiten zwischen dem Prediger und der Gemeinde, und Klagen der letzteren gegen den ersteren.
III. Das Consistorium der Provinz Brandenburg hat das Recht, den Prediger der Gemeinde zu ernennen und ihn für den Dienst der Gemeinde zu vociren. Die Gemeinde, resp. der Vorstand, hat im Falle der Vacanz um die Wiederbesetzung der Stelle bei dem genannten Consistorium nachzusuchen, und darf, ohne Genehmigung dieser Be-/53/hörde, den ihr zugewiesenen Prediger nicht entlassen.
Nun soll mir noch Einer sagen, daß es in Buenos-Ayres keine Deutschen giebt. _ _
Unter den Deutschen in Buenos-Ayres, wenn sie auch keinen bleibenden Aufenthalt da haben, spielen ubngens die Schiffscapitaine eine sehr bedeutende Rolle, und besonders kann man sie Nachmittags mit ihren englischen, amerikanischen und dänischen Kollegen erst durch die Straßen der Stadt traben, und dann in vollem Carrière durch das flache Land galoppiren sehen.
Capitaine haben nämlich eine ungemeine Vorliebe für Pferde, die bei Pferden jedoch, wie Pferdevermiethern keineswegs gegenseitig ist, denn Schiffscapitaine verstehen gewöhnlich - mit Ausnahmen natürlich - eben so wenig ein Pferd zu reiten wie es zu behandeln, und glauben