Ana Catarina Lopes

Das Erblühen


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in aller Regel haben sie nicht den Hauch einer Ahnung. Anstatt sich darum zu kümmern, dass es zur Modernisierung kommt, bleiben sie lieber konservativ. Seit Jahrhunderten hätte man eine Veränderung vorantreiben können, doch stattdessen haben sie sich dazu entschieden genau da stehen zu bleiben, wo sie waren. Ein paar tausend Jahre vor unserer Zeit. Wie eine Weltmacht, der man diese Macht niemals entnehmen kann, doch in Wahrheit wird es immer leichter diese Macht zu zerstören, als sie weiter fortbestehen zu lassen. Nicht alles kann so bleiben wie es vorher war, wenn die Personen in ihrer Mitte nicht damit einverstanden sind. Schon ein politisch weiser Mann sagte, dass die Gesetze immer wieder angepasst werden müssten wie die Menschen in ihrer Mitte. Gesetze sollten seiner Meinung niemals starr bleiben. Und was machen alle auf dieser Welt? Sie beharren genau darauf. Wie lange kann das dann noch gut gehen?

      Aber nun zu mir. Was bin ich? Ich bin nun etwas anderes. Was ich zu sein dachte, bin ich nicht mehr. Ich habe immer noch meine Hexenkräfte. Was komisch ist. Ich dachte, dass ich, nachdem ich nun von Jay verwandelt wurde, diese Fähigkeiten nicht mehr haben würde. Es wäre logisch, da ein Mensch auch aufhört ein Mensch zu sein, wenn er verwandelt wird. Er wird zu Mensch-Plus. Ich wäre aber auch nicht dieselbe ohne meine Kräfte, doch Jay behielt Recht, da ich in der Schattenwelt immer noch meine Kräfte hatte, würde diese Kraft demnach auch auf dieser Ebene weiterhin existieren. Nun bin ich eine Hexe- „Plus“. Jetzt bin ich ein Mischwesen. Ein Hybrid.

      Hybriden sind, wie soll ich euch das besser erklären … Im Biologieunterricht war das die Stelle, an der man sich ein Zebra und ein Pferd vorstellen, die zusammen ein Kind zeugen, das Merkmale von beiden hat. Tanta!!! Das bin ich. Ok, nein nicht wirklich. Ich bin weder Zebra noch Pferd! Verdammt! Kopfkino! Ahh! Aber ich denke, dass ihr es verstanden habt. Es ist nur so, dass man weder zu dem einen noch zu dem anderen richtig hingehört … Das schwarze Schaf inmitten einer Herde weißer Schafe … Ich werde immer blumiger mit meinen Vergleichen…

      Aber die richtige Frage ist, ob man sich überhaupt normal fühlen kann, wenn man eine Hexe ist, die außerdem auch noch ein Vampir ist?

      Selbst als Hexe war ich nie normal. Falls es so etwas wie Normalität überhaupt gibt… Meine Gabe, die Wahrheit jederzeit und unwiderruflich zu erkennen, hat viel dazu beigetragen. Man kann zwar immer absolut sicher sein, wenn jemand lügt, doch es hat seine Schattenseiten. Trotzdem freue ich mich, dass ich meine Gaben weiterhin habe.

      Doch es ist nicht immer alles Freude Eierkuchen. Denn alles hat sowohl eine Licht- als auch eine Schattenseite. Daher kann man nicht sagen, dass es immer lustig ist. Es gibt immer noch Regeln, die zu befolgen sind. Jetzt mehr denn je wird es für mich wichtig mich an alle diese Regeln zu erinnern. Nicht unbedingt befolgen, aber zumindest wissen, dass es sie gibt. Es könnte lebenswichtig werden.

      Ich habe bereits die Hauptregeln der Vampire durch Jay erklärt bekommen, doch es gibt noch so viel mehr zu lernen. Zuerst hat mich das gewundert, denn es gibt bereits Regeln und Gesetze für Menschen und die der Hexen, doch im Nachhinein kann ich nachvollziehen, dass es notwendig war für die Vampire eigene Gesetze und Regeln aufzustellen. Es gibt da ein paar fundamentale Unterschiede zwischen Vampire, Hexen und Menschen.

      Diese Regeln und Gesetze haben einen Sinn und sind somit grundlegend für das tägliche miteinander. Keine Gesellschaft kann ohne eine Basis funktionieren und damit sind die Gesetze unerlässlich geworden. Auch wenn es sich dabei um eine paranormale Gesellschaft handelt.

      Allerdings wundere ich mich, ob alle Vampire den gleichen Gesetzen unterworfen sind, oder ob diese je nach Land etwas anders sind. Das sollte ich mal Zen, Jay bester Freund, fragen, denn er hält die Vampirgesetze hier unter Verschluss. Er ist schließlich jemand Besonderes für die Vampire.

      Zen ist nämlich auch noch der „Bürgermeister“ oder „Verwalter“ der Vampire. Ich glaube, dass er extrem viel zu tun hat. Ihm steht die Aufgabe zu, über eine bestimmte Anzahl von Vampiren zu wachen. Das ist wirklich keine leichte Aufgabe! Er ist wie die Polizei bei den Menschen? Ich glaube das trifft es irgendwie, wenn auch nicht ganz. Es gibt auch gar nicht so viele Unterschiede, außer dem Größten: Er kümmert sich natürlich um Übernatürliche oder Andere.

      Übernatürliche oder Andere ist ein und dasselbe, beide Wörter werden als Synonyme benutzt. Die Konnotation ist nur leicht anders. Aber im Prinzip bedeuten beide dasselbe: Wir sind keine Menschen. Wir sind anders. Haben Kräfte. Und sind natürlich weniger leicht zu töten.

      Das Wichtigste an den Regeln der Vampire ist, dass ein Neuling, so wie ich, an seinen Wandler so lange gebunden ist, bis dieser die Grundregeln kennt. Es soll der Erhaltung der Vampire dienen. Jay wollte mich nicht so an sich binden, denn er wollte, dass ich eine Wahl haben konnte. Darum war es ihm so wichtig mir alles bis ins kleinste Detail vertraut zu machen. Eine Bindung zu ihm sollte ich nur dann eingehen, wenn ich es wollen sollte. Es soll mein Wille sein, nicht sein Zwang. Er hat schließlich eine Ahnung wie das ausgehen kann.

      Dass ich Jay schon so lange kenne und ihn doch nicht wirklich kenne, macht mich ein wenig stutzig. Vor der Verwandlung hatte ich Gefühle für Jay. Ziemlich lange, um ehrlich zu sein. Doch getraut habe ich mich damals nicht. Jetzt? Irgendwie geht das alles so schnell und ich habe Angst mit dem Kopf gegen die Wand zu laufen.

      Ich wollte damals nicht unsere Freundschaft gefährden, doch gegen diese schleichenden Gefühle konnte ich leider nichts ausrichten. Sie wurden immer hartnäckiger und stärker und dann lag mir da meine beste Freundin Xena auch noch in den Ohren. Ich sollte einfach nur endlich den Mut in die Hand nehmen und sagen was los sei. Doch das tat ich nicht. Bis ich gestorben und wiedergeboren wurde.

      Ach Xena, meine liebenswürdige Freundin, die mir bis auf die Haarfarbe gleicht. Sie hatte schon immer die bessere Intuition von uns beiden. Doch obwohl sie nicht wirklich an Magie wie ich sie kenne glaubt, versprüht sie ein Hauch davon wie keine andere Person vor ihr. Sie kann wie keine andere die Zukunft so deutlich sehen, dass ich sie schon für eine Hexe halten würde. Wie durch ein Wunder hat ihr jemand genau zur richtigen Zeit ein Tarot-Kartendeck geschenkt und seitdem legt sie die Karten, sie hat sich wirklich damit auseinandergesetzt und hat mir gezeigt, dass es noch mehr Magie gibt als die, an die ich immer geglaubt und ich jemals gekannt habe.

      Sie war es, die mir meinen Tod prophezeit hat. Et Voilà! Ich bin tatsächlich gestorben, doch dabei blieb es nicht, ich wurde ebenso wiedergeboren.

      Liz, Jays Schwester, hatte noch vor paar Sekunden an der Tür zu Jays Zimmer angeklopft, damit wir beide, Jay und ich, erfuhren, dass meine Eltern gerade in die Schattenheide eingebogen waren.

      Die Schattenheide ist die mehr als nur bekannte Straße der Vampire, obwohl Menschen nicht an Vampire glauben, haben sie immer unter vorgehaltener Hand jeden davor gewarnt ein Fuß auf diese Straße zu setzen. Speziell, wenn es im Morgengrauen oder in der Nacht ist. Das hat mich aber auch nicht daran gehindert.

      Ein Klopf, klopf und schon mussten wir aufstehen. Wir waren zwar schon etwas länger auf, aber jetzt mussten wir tatsächlich runter gehen. Das war alles, was ich gerade im Moment nicht wollte. Doch wir standen auf und gingen in aus Jays Zimmer in den Flur im ersten Stock. Doch, bevor wir über eine wunderschöne altertümliche Wendeltreppe aus Kirschholz hinuntergehen, setze mich auf einem Sofa, der im Flur steht, als wäre er genau aus diesem Grund genau da, damit ich etwas Abstand zu Jays Zimmer habe und doch noch nah genug bin. Das nennt sich wohl Ironie. So nah und doch so fern. Ich versuche nochmal an alles zu denken, was mir in den letzten Stunden passiert ist. Ich konnte nur froh sein, dass ich immer noch hier bin und das auch noch mit Jay.

      Und nun stehe ich hier an so nah an der Treppe, die von Jays Zimmer zum Erdgeschoss und zu meinen Eltern bringen wird, die wohlgemerkt noch nichts wissen und es auch nicht wissen dürfen.

      Ich die neugebackene Vampyr.

      Jetzt fängt meine Geschichte wirklich an.

      Wie werde ich das nur bloß überstehen?

      Na, hoffentlich unversehrt.

      Oder ist das zu viel verlangt?

       Kapitel