Jolanda Fäh

Von Engeln, Bengeln und anderem weihnachtlichem Zubehör


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      Jolanda Fäh

      Von Engeln, Bengeln und anderem weihnachtlichem Zubehör

      25 Mini-Geschichten für die Advents- und Weihnachtszeit

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1 Von Engelflügeln

       2 Vom Halleluja

       3 Vom Träumen

       4 Vom Kerzenschein

       5 Vom Glänzen

       6 Vom Schenken

       7 Vom Festessen

       8 Vom Kartenschreiben

       9 Vom Adventskalender

       10 Von Ochs und Esel

       11 Von Engeln

       12 Von zarten Seelen

       13 Von drei Königen

       14 Von Mistelzweigen

       15 Von Zimt und Honig

       16 Von Rudolph, dem Rentier

       17 Vom Nüsseknacken

       18 Von Christmetten

       19 Vom Frost

       20 Vom Christstollen

       21 Vom wärmenden Herz

       22 Vom Irregehen

       23 Von heiligen Familien

       24 Vom Übernachten in Ställen

       25 Vom Spielen

       Impressum neobooks

      1 Von Engelflügeln

      Ein Dichter wollte Anfang Dezember ein Weihnachtsgedicht schreiben. Zuerst kam er zügig voran. Er hatte schon einen gelungenen Zweizeiler auf seinem Blatt, als die Probleme begannen. Es wollte ihm einfach kein geschmackvoller Reim auf „Engelflügel“ gelingen. Er sann und sann. „Olivenhügel“ gefiel ihm nicht, da sein Gedicht im hohen Norden spielen sollte, wo weit und breit keine Olivenbäume gediehen. „Zügel“ oder „Steigbügel“ würden sich zwar ebenfalls reimen, doch der Dichter war der Ansicht, Engel würden weder das eine noch das andere benützen. Wer reitet schon, wenn er fliegen kann, sagte sich der Dichter und entschied sich, die Zeile mit den Engelflügeln zu streichen. Er beendete das zweizeilige Werk mit einer schwungvollen Unterschrift und belohnte sich für seine Mühsal mit einem steifen Grog, da ihm beim vielen Denken an den hohen Norden die Füsse etwas kalt geworden waren.

      2 Vom Halleluja

      Auf der Wolke 228473.42 übte wie jede Woche der Engelschor Ewige Harmonie sein Halleluja. Engel Gottlieb (41. Reihe, 73. von links, Tenor) war nicht so recht bei der Sache. Schon dreimal hatte er sich im Text geirrt und statt Halleluja Hullelaja gesungen. Engel Gideon, seit Christi Geburt Dirigent des Chores, klopfte entnervt mit seinem Dirigentenstab ans Pult, richtete seine eisblauen Augen auf den Hullelaja-Sänger und sagte: „Sie da hinten, wie lange singen Sie schon bei uns mit?“ Gottlieb schaute sich erst um, ob der Dirigent nicht vielleicht jemand anders meinte. Als er aber sah, dass sich ausser ihm niemand angesprochen fühlte, wurde er verlegen und stammelte: „Ich – singe hier seit 22 Jahren, Herr Gideon.“ „Gut, das ist zwar noch nicht sehr lange, doch sollte es Ihnen nicht entgangen sein, dass unser Chor Halleluja singt, Hal-le-lu-ja. Glauben Sie, dass Sie sich das merken können?“ Gottlieb wäre vor Scham am liebsten in einer Schneewolke versunken. „Ja schon, Herr Gideon, nur..?“ Engel Gottlieb fasste Mut: „Seit ich hier bin singe ich Halleluja. Könnten wir nicht einmal etwas anderes singen. Vielleicht In excelsis Deo oder Gloria oder Adoremus Dominum.“ Immer neue Texte wollten Gottlieb einfallen. Der Chor hielt den Atem an, in Sekundenschnelle wechselte Dirigent Gideons Gesichtsfarbe von Weiss zu Gelb zu Rot: „Ja, das habe ich gerne. Ist kaum hier, der Anfänger, und will schon eine Revolution entzünden. Gloria! Als ob ein Chor wie der unsere sich mit einem simplen Gloria zufriedengeben könnte.“ Dirigent Gideon schüttelte sein Haupt, dass die weissen Locken seiner Künstlerperücke nur so flogen. „Wir sind schon seit Bethlehem über das Gloria-Stadium hinaus. Ha-LLe-Lu-Ja. Das hat Ewigkeitswert. Hören Sie das. Ha! LLe! Lu! Ja! Mit einem positiven Ja am Ende.“ Dirigent Gideons Augen blitzten vor Begeisterung über dieses Ja, und Engel Gottlieb gab sich alle Mühe, die nächsten 200 Jahre nicht mehr aufzufallen.

      3 Vom Träumen

       Schneemann lass das Träumen“, sang Ada und schaufelte den Gehweg frei.

       Es heisst Seemann“, korrigierte Werner und schob die Schneehexe an ihr vorbei.

       So war das immer: sie die Schaufel, er die Hexe. Eine Dampfwolke stieg aus Werners Mund.

       Mir gefällt Schneemann besser“, gab Ada zurück.

       Trotzdem: es heisst Seemann.“

       Ein Schneemann hat aber mehr Zeit zum Träumen als ein Seemann. Der Schneemann steht den ganzen Tag nur herum, ein Seemann muss arbeiten und wenn er mal nicht arbeitet, hält er nach Piraten oder Seejungfrauen Ausschau oder er liegt betrunken in seiner Koje, wo er vielleicht träumt, aber sich morgens nicht dran erinnert.“

      Im Liedtext heisst es aber Seemann“, brummte Werner.

       Blödmann“, schimpfte Ada, und zum Glück war jetzt der Gehweg schneefrei.