Klaus Blochwitz

Darkahr und die wilde Horde


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Wagen zu klettern. Darkahr drehte sich um und schaute in das strahlende Gesicht seines Sohnes. Gemeinsam aßen sie ihr Frühstück.

      Stolz lenkte der junge Mann seinen Wagen, er freute sich unsäglich darüber, dass sein Fürst zu ihm zurückgekehrt war und weiterhin mit ihm fuhr.

      Wothar genoss die kurze Zeit mit seinem Vater auf dem Wagen, er wusste, dass sein Vater als Fürst seines Volkes viele Aufgaben zu erledigen hatte, genau wie seine Mutter, deren Künste und Kenntnisse als Heilerin sehr gefragt waren. Wothar hielt sich jetzt sehr an seine Familie, die Großeltern und der Bruder seines Vaters kümmerte sich sehr um ihn. Darkahr beendete satt und zufrieden sein Frühstück, als eine junge und hübsche Frau neben dem Wagen auftauchte und Juusker fröhlich begrüßte, verlegen zappelte Juusker herum, um der Frau die Anwesenheit ihres Fürsten an zu zeigen. Als die Frau begriff, blieb sie erschrocken stehen und Darkahr musste trotz der ernsten Lage lachen.

      „Jetzt ist dein Essen verloren“, rief sie dem Wagen nach. „Und du, lass es dir schmecken“, rief er lachend zurück. Wothar nahm das Geschirr von seinem Vater, verabschiedete sich und brachte es zum Küchenwagen zurück. Wothar winkte seiner Mutter zu, die bei einem Verletzten stand. Darkahr schwang sich vom Wagen und schritt zügig zur Spitze des Trecks und erkundigte sich nach dem Befinden der Verwundeten, Sirgith trat zu ihm, mit Ehrerbietung grüßte Darkahr seine Frau. „Ich bedanke mich bei dir und deinen Kämpferinnen für euren guten Kampf.“ Dankend neigte Sirgith den Kopf, eine der Heilerinnen kam dazu und die beiden Frauen informierten ihren Fürsten über den Zustand der vielen Verwundeten, Sorgen bereiteten den Frauen die schlimmen Entzündungen der Wunden, die sie sich noch nicht erklären konnten, all ihre Kenntnisse und Medizin halfen nicht. Die Heilerin sagte ihrem Fürsten, dass sie alle mit vereinten Kräften an einer neuen Medizin forschten und sie hoffen, bald ein Heilmittel gegen die Entzündungen gefunden zu haben. Sie vermuteten alle, dass die Waffen der wilden Horde vergiftet waren, denn die Verletzungen, die durch das widerliche, stinkende Blut der Bestien entstanden, konnten sie Dank der Hilfe der Waldwesen gut heilen. Darkahr dankte den Frauen und wandte sich dem nächsten Wagen zu und traf auf die Weisen Lehton und Thor-Tun. Lehton war für Nahrung und Thor- Tun für die Verteidigung zuständig. Lehton konnte seinemFürsten berichten, dass alles so gehandhabt worden war, wie er es angeordnet hatte, Nahrung sei genug vorhanden und die Jäger sorgten, wann immer es möglich war, für frisches Fleisch.

      Thor-Tun berichtete seinem Fürsten mit ernstem Gesicht über den Zustand seiner Krieger. „Wir haben einhundertzwei Schwerstverletzte.“ Darkahr nickte. „Die Heilerin sagte es mir schon, knapp siebzig leicht Verletzte, die in ein paar Tagen wieder ihren Dienst aufnehmen können. Außerdem konnten sich dank Deiner weisen Voraussicht“, er neigte anerkennend sein Haupt, „über zweihundert Familien mit Kindern, weit über dreihundert Jungfrauen und mehrere Dutzend Jungmänner retten.“

      Thor-Tun fuhr nach einem fragenden Blick zu seinem Fürsten fort: „Unsere Spuren wurden verwischt und der Weg mit Felsen unpassierbar gemacht, es wurden insgesamt vier Felsensperren errichtet und zwei falsche Spuren gelegt.“ Darkahr legte dankend seine Hand auf die Schultern des Weisen und seines Freundes, der fuhr vorsichtig fort: „In den frühen Morgenstunden haben wir viele Rauchsäulen, die von großen, sehr großen Feuern stammen müssen, entdeckt.“ Darkahr senkte traurig seinen Kopf, damit hatte er schon gerechnet, die wilde Horde vernichtete in ihrer wilden Wut über ihr Entkommen die ganze weite Ebene. Dann holte einer der Kundschafter ein längliches Paket von seinem Pferd und reichte es Darkahr, der schaute etwas verwundert, der Kundschafter berichtete: „Wir haben auch die weißen Pferde der Waldwesen gesehen, erschlagen wie alles und grässlich verstümmelt und unter einem Kadaver fanden wir dieses Schwert.“ Darkahr wog das Schwert nachdenklich in seinen Händen, es fühltesich seltsam leblos, kalt, ja tot an, er wusste aus Erfahrung, dass eine gute Waffe in den Händen seines Trägers zu einem eigenen Leben erwacht, aber dieses Schwert ist tot, leblos und dennoch strahlte es einen seltsamen Zauber aus.

      „Wir werden dieses Schwert gut verwahren, vielleicht können wir es irgendwann dem Volk der Waldwesen zurück bringen. Wir haben einen Hinweis über den Verbleib des Schwertes an dem Sattelzeug eines der weißen Pferde angebracht“, endete der Kundschafter.

      Darkahr bat Thor-Tun, eine genaue Karte über ihren Fluchtweganzulegen, damit sie, wann auch immer, die Möglichkeit hatten, anhand der Karte den Weg zurück zur weiten Ebene zu finden. Die Ochsengespanne zogen die schweren Fuhrwerke tiefer und tiefer in das Gebirge, dasselbe Gebirge, dessen gewaltige Felsmassen jahrelang bester Schutz für die weite Ebene war. Sie fuhren ständig aufwärts und die Ochsen brüllten vor Anstrengung, nur langsam kamen die schweren Wagen voran. Gegen Mittag kamen die Kundschafter zurück und berichteten den Weisen. Nach einer kurzen Beratung entschieden sie, den von dem Kundschafter Jeelohr vorgeschlagenen Weg in ein großes Tal zu nehmen. Die Auffahrt in dieses Tal war steil und eng, hoch und bedrohlich ragten links und rechts grobe Felswändein den grauen Himmel, die Achsen der Wagen schrappten an den Felsen und die Wagenlenker hatten allergrößte Mühe, die schweren Fuhrwerke heil durch diesen Engpass zu bringen. Es dämmerte schon, als der letzte Wagen den Aufstieg durch den Engpass geschafft hatte.

      Darkahr gab, als er sah, wie erschöpft sein Volk war, bekannt, dass sie die Nacht hier rasten. Unmittelbare Bedrohung bestand nicht, die Kundschafter hatten berichtet, dass die wilde Horde der von ihnen angelegten, falschen Fährte folgte.

      Ein Stück des Weges weiter öffnete sich das karge, nur mit hartem Gras bewachsene Tal zu einer großen Mulde, in der die Wagenlenker ihre Wagen fuhren, hier waren sie gut vor dem beißend kalten Wind geschützt, der heftig von den hohen Bergen herunter blies. Die Ochsen brüllten vor Erleichterung, als ihnen die schweren Joche abgenommen wurden, sie trabten sofort zu dem kleinen Bach und soffen vorsichtig das eiskalte, klare Wasser. Bis zum Bauch standen die Tiere in dem harten Gras und fraßen es gierig. Es brannten mittlerweile viele kleine, rauchlose Feuer und ein herrlicher Bratenduft zog durch das Lager, selbst Darkahr musste sich beherrschen, dass er nicht wie viele andere zum Feuer rannte, um ans Essen zu gelangen. Aber es dauerte nicht lange, da brachte eine junge Frau das Essen für ihren Fürsten, etwas verlegen und ängstlich stellte sie das Essen auf den Tisch und schaute dabei ihren Fürsten schüchtern an. Darkahr kannte die junge Frau nicht und fragte daher nach ihrem Namen. „Ich bin Liekar, dieTochter von Lehton und ich bin Schützin bei Sirgith“, sprudelte es aus ihrem Mund und ihre vollen Lippen zeigten ein vorsichtiges Lächeln. Darkahr lächelte die junge Frau an und freute sich darüber, dass sie anscheinend schon die furchtbare Angst vor der wilden Horde verdrängt hatte. Erleichtert sprang die junge Frau davon, glücklich, dass sie keinen Fehler bei ihrem Fürsten gemacht hatte. Darkahr hörte noch, wie Thor-Tun den Wachplan einteilte, die Kundschafter los schickte, dann versank er in schläfrige Erinnerungen.

      Die Männer schlugen wieder den Weg durch den Wald frei und mühselig bahnte sich der Trupp durch das Gewirr vonÄsten, Sträuchern und Gestrüpp einen Weg. Die Kundschafter hatten dem Dorfältesten berichtet, dass es vielleicht noch zwei oder drei Tagesmärsche bis zum Rand des Waldes waren, dann hätten sie es geschafft. Der Unmut und die Resignation machten sich immer lauter bemerkbar, so dass der Älteste bei dem kargen Mittagsmahl die gute Nachricht bekannt gab, um die Leute aufzuheitern und das letzte heraus zu holen. Noch während des Mittagmahles wurden sie von einem riesigen Tier angegriffen, mit viel Glück konnten sie das Untier mit Hilfe der langen spitzen Stecken abwehren und die Jäger schossen ihre Pfeile in die ungeschützte Flanke des Tieres, brüllend vor Schmerzen verendete es. Einige Männer wurden dabei von den furchtbaren Klauen des Tieres schwer verletzt, mit denKrallen hatte es grässliche Wunden gerissen. Einer der Jäger erzählte, dass er von diesem Tier schon gehört hatte, andere Jäger hatten davon erzählt. Es sei sehr gefährlich und unheimlich stark, aber es habe auch sehr schmackhaftes Fleisch und das Fell ergebe einen prächtigen Pelz. Also machten sich alle daran, das Tier auszuweiden und sorgfältig das Fell zu entfernen.

      Als es flach auf dem Boden lag, konnte man erst so richtig die riesige Größe des Tieres erfassen. Wieder blieben sie für den Rest des Tages an dem Rastplatz, abends schmausten alle das Fleisch des erlegten Tieres und die Frauen hatten große Stücke in leere Fässer mit Salz eingelegt, das Fell gründlich gereinigt und die Heilerin hatte es mit einer Flüssigkeit haltbar gemacht, gegerbt konnte es später werden.

      In der Nacht hörten sie wieder die