Mona Busch

Aufgeflogen


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strich ihr eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihr zärtlich in die Augen: „Genug gekämpft. Ich wollte dich abholen, damit du noch Zeit hast, zu Hause zu duschen. Um neun treffen wir uns mit Tobi, Carina und Ben in der Tapasbar am Isartor. Und vielleicht gehen wir anschließend noch in einen Club. Lust auf Tanzen?“

      Er wusste, dass Isa es liebte, zu tanzen.

      Sie lachte: „Mal sehen – wenn mir bis dahin nicht mehr alles wehtut…“

      „Ach, du Arme!“ spottete er. „Wie ich dich kenne, bist du sofort wieder fit, sobald du Musik hörst.“

      Da hatte David wohl Recht. Isa warf ihm noch eine Kusshand zu und ging sich dann umziehen.

      Auf dem Heimweg im Auto fragte David: „Und, was habt ihr heute noch trainiert?“

      Isa überlegte: „Verteidigung gegen einen Messerangriff – wenn der Angreifer einem von hinten das Messer an den Hals hält.“

      Ernst nickte David: „Oh ja – Messer sind saugefährlich. Musst du mir später mal zeigen, die Technik.“

      Isa verdrehte die Augen: „Muss das sein?“

      Sie standen gerade an einer roten Ampel. David wandte sich seiner Freundin zu und sah sie ernst an: „Isa – es ist mir wichtig, dass du dich verteidigen kannst, wenn es darauf ankommt! Du bist eine sehr attraktive Frau. Man weiß nie… Ich will dich damit nicht nerven – aber ich liebe dich, und ich möchte, dass dir nie etwas Schlimmes zustößt! Deshalb bin ich so hinterher, dass du das übst. Ich bin nun mal Polizist und habe schon so einiges gesehen… Kannst du das verstehen?“

      Sie schluckte: „Ja. Okay, tut mir leid. Wenn du willst, dann zeige ich es dir später.“

      Er gab ihr einen Kuss auf die Hand, bevor er rasch wieder an den Gangschalter griff, weil die Ampel inzwischen auf Grün geschaltet hatte: „Gut. Danke.“

      Eine Weile fuhren sie schweigend weiter.

      Als sie bei Isabellas Haus ankamen und ausstiegen, zog sie ihren Freund plötzlich zu sich heran: „Ich liebe dich auch, David! Gut, dass du dich verteidigen kannst – ich möchte nämlich auch nicht, dass dir etwas passiert. Nie! Ich habe auch Angst um dich, wenn du zur Arbeit gehst. Du hast einen gefährlichen Beruf.“

      Er schluckte: „Ich passe auf mich auf. Und auf dich. Versprochen.“

      Sie besiegelten dieses Versprechen mit einem langen Kuss.

      2. Kapitel

       Am gleichen Tag, 12 Uhr mittags

      Carina hielt für einen Moment inne und genoss die Aussicht. Vor ihr erstreckte sich ein wunderbares Bergpanorama. Ein bayerisch weiß-blauer Himmel mit kleinen Schäfchenwolken und viel Sonnenschein. Dazu wehte ihr ein frischer, kühler Wind um die Nase. Glücklich atmete sie tief durch.

      „Alles okay, Carina?“

      Bens Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

      Sie sah zu ihm auf: „Ja, alles in Ordnung. Ich komme.“

      Ihr Freund stand ein paar Meter seitlich über ihr an der Felswand. Carina hängte ihren Karabiner in den nächsten Seilabschnitt um. Sie befanden sich auf dem Klettersteig an der Lamsenspitze.

      Die 20-jährige Studentin konzentrierte sich nun wieder ganz auf die Felsen vor sich und auf das, was ihr Körper tat: sicheren Griff für die Hände suchen, Tritte testen, hochsteigen. Nach kurzer Zeit hatte sie zu Ben aufgeholt, der auf seine Freundin gewartet hatte. Als sie fast auf gleicher Höhe mit ihm war, lächelte sie ihm zu. Seine braunen Augen musterten sie warm und aufmerksam. Unter seinem Helm sahen ein paar zerzauste braune Haarsträhnen hervor, die der Wind leicht bewegte.

      „Sollen wir eine Pause machen?“, fragte er.

      Sie schüttelte den Kopf: „Noch nicht. Weiter oben, wenn eine flache Stelle kommt.“

      Ein paar Minuten später erreichten sie eine kleine Ebene, die mit etwas Gras und Flechten bewachsen war. Dort klinkten sie sich aus dem Sicherungsseil aus und setzten sich nebeneinander auf den Boden. Die schlanke, junge Frau nahm den Helm ab, öffnete ihren Zopf und strich sich mit beiden Händen durch ihre leicht gekräuselten, dunkelbraunen Haare, die ihr bis über die Schulter reichten. Zufrieden lächelnd atmete sie ein paar Mal tief durch. Dann blickte sie ihren Freund mit ihren großen, graugrünen Augen liebevoll lächelnd an.

      Ben legte seinen Arm um ihre Schultern: „Schön, oder?“

      „Sehr schön“, gab Carina leise zur Antwort, kuschelte sich an Bens Schulter und wusste nicht, was sie mehr genoss: Seine Nähe und Wärme oder die umwerfende Aussicht.

      Ben hatte gestern seinen 25. Geburtstag gefeiert. Am gestrigen Abend waren einige Freunde in seine Wohnung eingeladen gewesen. Und zur Feier dieses halbrunden Geburtstages hatte er sich den Tag heute frei von Terminen gehalten, um mit Carina in die Berge zu gehen. Beim Klettern hatten die beiden sich auch kennengelernt. Ben war Systemadministrator und seit kurzer Zeit selbstständig. Nun betreute er Privatkunden und kleinere Firmen mit Computerproblemen.

      Auch Carina hatte sich einen Tag von der Uni frei genommen. Sie studierte Kommunikationswissenschaft an der LMU München. Dieses Semester hatte sie freitags immer nur eine Vorlesung und ein Seminar. Heute hatte sie ausnahmsweise mal geschwänzt. Sonst war Carina eine sehr gewissenhafte Studentin, die kaum fehlte – da konnte sie sich das an diesem besonderen Tag schon einmal erlauben.

      Das Wetter war ihnen gnädig. Es war ein wunderbarer Tag für sie beide. Und am Abend wollten sie sich noch mit Isa, David und Tobi treffen, was den Tag sicher perfekt machen würde…

      3. Kapitel

      Zu Hause angekommen demonstrierte Isa ihrem Freund David die Selbstverteidigungstechnik gegen den Messerangriff. Er gab ihr noch ein paar Tipps, bis er schließlich zufrieden war und sie lobte: „Super! Wenn du das nächste Woche im Training nochmal übst, müsste es sitzen. Verbrecher, fürchtet euch!“

      Isa lachte und verschwand im Badezimmer: „Bis gleich, großer Meister!“

      Als Isa zwanzig Minuten später aus der Dusche kam und sich gerade abtrocknete, steckte David seinen Kopf ins Badezimmer und gab seiner Freundin einen Kuss auf den noch nassen Rücken. Ihre makellose Haut duftete verführerisch.

      Grinsend fragte er: „Darf ich beim Abtrocknen helfen?“

      Isa hielt das Handtuch fest und schob ihn kichernd ein Stückchen von sich: „Nichts da – du kommst sonst bloß auf dumme Gedanken! Wir wollen doch in einer Viertelstunde los, oder?“

      Er seufzte: „Ja.“

      Sie drehte sich zu ihm, gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze und lächelte ihn aus ihren temperamentvoll blitzenden dunkelbraunen Augen kokett an: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“

      „Das klingt schon besser“, erwiderte ihr Freund hoffnungsvoll, und machte ihr Platz, damit sie an ihm vorbeikonnte.

      Rasch zog Isa sich ausgehfertig an, frisierte ihre langen, schwarzen Locken und legte etwas Lipgloss auf.

      Dann hüpfte sie fröhlich in die Diele und ergriff Davids Hand: „Fertig!“

      Kopfschüttelnd betrachtete der junge Kriminalkommissar seine hübsche zwanzigjährige Freundin, die schon wieder vor Energie und Lebensfreude zu platzen schien: „Warst du nicht gerade noch müde? Wie machst du das bloß?“

      Sie kicherte: „Italienisches Blut? Egal! Komm, lass uns gehen!“

      Ihre gute Laune war ansteckend. Lächelnd griff David nach seinem Mantel und öffnete Isa die Tür.

      Mit der S-Bahn fuhren sie zum Isartor, wo sie sich in einer Tapasbar mit Isabellas bester Freundin Carina, deren Freund Ben und Davids Kollegen und Freund Tobi treffen wollten.

      Tobi und David arbeiteten seit