Thomas Riedel

Tamora - Das Erotikfilmprojekt


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Oder besser noch … ich verbinde dir die Augen, dann bleibt dir nur unser wollüstiges Stöhnen!« Sie konnte es im Augenblick nicht lassen Tamora aufzuziehen und ein wenig zu sticheln. Insgeheim freute sie sich über den Anflug von Eifersucht, der in ihren Augen geschrieben stand und über die Nässe, die der Plug bei ihrer Freundin wieder ausgelöst haben musste. Sie wusste genau, wie sie ihre Prinzessin zu nehmen hatte – und was immer Tamora jetzt auch von ihr dachte: Sie schenkte ihr eine fieses Grinsen, griff ihr noch einmal in den Schritt und wandte sich direkt von ihr ab, als sich Eric aus der Diele meldete.

      »Ein Atelier kriegen wir, das ist kein Problem. Wir können vorläufig bei einem anderen Label unterkriechen – die machen nur Lesbendrehs, Gonzos und den üblichen Kram. Die betrachten das nicht als Konkurrenz. Von Freunden habe ich auch einen heißen Tipp für einen Regisseur und Drehbuchautor bekommen. Obwohl ich Ihnen, Miss Mia, genug eigene Ideen für eine gute Storyline zutraue, wo sie doch als Autorin tätig sind.« Eric nannte einen Namen, der aber weder ihr noch Violett etwas sagte.

      »Dann sollten wir den mal direkt aufsuchen«, schlug Tamora vor.

      »Hey, wir können doch Eric nicht allein in unserer Wohnung lassen«, bremste Violett ihren Tatendrang leise. »Wenn, dann muss er mit. Der säuft uns am Ende noch die Hausbar leer und kotzt anschließend auf die Teppiche.«

      Tamora wandte sich an Eric. »Hör mal, du hast doch sicher Freunde, oder? Und ich vermute, die hast du alle bereits angepumpt und schuldest ihnen Geld, stimmt's?«

      »Klar«, antwortete Eric prompt und ohne jedes Anzeichen eines schlechten Gewissens. »Deswegen sind es ja meine Freunde, und aus dem Grund haben sie mir Tipps gegeben, als ich sagte, dass ich wieder was verdienen kann. Die wollen schließlich ihr Geld wieder. Kann man ja auch gut nachvollziehen, oder?«

      »Mir wäre es lieber, wenn wir bei einer förmlichen Distanz blieben«, warf Violett, an ihre Lebensgefährtin gerichtet, ein.

      »Wie stellst du dir das denn vor?« Jetzt war es Tamora, die zu spotten begann und ihr diesen Zahn vollständig zu ziehen suchte. Sie ahmte eine Männerstimme nach. »Sollen wir später beim Bumsen auch die erforderliche sprachliche Distanz walten lassen? … Gestatten, Miss, ich würde gern zur Penetration übergehen … Ich hoffe, mein plötzliches Eindringen erregt nicht ihr Missfallen, Madam? …« Sie fiel in ihre normale Stimmlage zurück. »Huch! Wie gut der Herr bestückt ist … Mein Herr, jetzt ist es aber genug. Dieses ewige Hin und Her macht mich noch ganz wuschig … Es wäre schön, wenn der Herr sich mal entscheiden würde. Außerdem möge er bitte höflichst in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen, dass ich auch einen Lieferanteneingang, ein Hintertürchen, anzubieten habe. Er fühle sich geneigt auch dort einzutreten.«

      »Lass das sein!«, stoppte Violett sie, denn Tamora schien immer mehr in Fahrt zu kommen. Dennoch konnte sie sich ein verstecktes Grinsen nicht verkneifen. »Fahren wir!« Als Eric nicht sofort verstand, gab sie ihm ein Zeichen: »Mitkommen!«

      Tamora deutete mit flehendem Blick unauffällig auf ihren Hintern, womit sie auf das rektal platzierte Sex-Toy aufmerksam machen wollte. Aber Violett schüttelte ablehnend den Kopf und erklärte kryptisch: »Wer neue Erkenntnisse von seinen Reisen nach Hause bringen will, muss schon Kenntnisse mit sich führen, wenn er abreist.« Und als müsse sie das Gesprochene noch untermauern, löste sie eine kurze Vibration aus, die Tamora leicht zusammenzucken und direkt wieder feucht werden ließ.

      »Die Wurzel des Glücks treibt eine kostbare Blüte«, konterte Tamora, nicht weniger geheimnisvoll. Mit funkelnden Augen ergab sie sich in ihr Schicksal.

      Eric, der zunächst Violett stirnrunzelnd angesehen hatte, starrte jetzt Tamora mit offenem Mund an. »Wird von mir auch irgendetwas Lyrisches erwartet, Ladies?«

      »Nein«, antwortete Violett kurz und lächelte ihre Prinzessin vielsagend an.

      »Dann ist ja gut.«

      ***

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      Kapitel 7

      Der von Eric vorgeschlagene Regisseur erwies sich als völliger Reinfall. Der Mann stellte Forderungen, die Tamora und Violett für völlig überzogen hielten. Das, was er verlangte, waren sie nicht zu zahlen bereit. Es blieb ihnen also nichts anderes übrig als sich selbst auf die Suche zu machen.

      Drei Tage versuchten sie, jemanden aufzutreiben, der ihrer Meinung nach brauchbar erschien. Während dieser Suche blieben einige Freier auf der Strecke, die sie normalerweise bedient hätten, doch das musste im Augenblick hinten anstehen.

      Mit der Zeit begannen sie sich darüber zu streiten und Violett kehrte zu ihrem Ausgangspunkt zurück, nachdem sie die Sache ja nie wirklich hatte anfangen wollen. Dennoch rauften sie sich zusammen und Tamora fand, als sie schon nicht mehr daran glauben mochte, einen vierundzwanzigjährigen Absolventen einer Filmhochschule.

      Klaas Bertus van Vollenhoven war groß und schlank, trug eine randlose Nickelbrille, hatte einen schütteren sandfarbenen Bart, und wie ihr sein ungewöhnlicher Name verriet, war er Holländer. Obgleich er sein Diplom bereits seit längerem in der Tasche hatte, wohnte er noch immer in seiner billigen Studentenbude – einer Dachwohnung, die mit zahlreichen Collagen und Filmplakaten dekoriert war. Unmittelbar in der Mitte des Raumes, direkt unter einem der beiden großen Dachfenster, stand die Plastik eines sitzenden Mannes.

      »Sie sind also der berühmte Nachwuchsregisseur, den man in Studentenkreisen auch den niederländischen Steven Spielberg nennt?« erkundigte Tamora sich lächelnd bei dem dünnen, jungen Mann in Röhrenjeans und übertrieb dabei natürlich schamlos.

      »Wie können Sie mich mit diesen Hollywood-Maniac und Kommerzfilmer vergleichen, Miss?«, verwahrte sich der Niederländer entsetzt. »Meine Vorbilder sind Luis Brunuel, Frederico Garcia Lorca oder Pier Paolo Pasalini. Ich liebe, nein, ich verehre den Surrealismus, müssen Sie wissen. Für mich zählt nichts anderes als mit meinem Können, dem Medium Film völlig neue, bislang nicht gekannte Dimensionen zu erschließen. Allein das, macht mir mein Leben erträglich.« Er unterbrach sich, warf einen verträumten Blick auf das Filmposter zu David Lynchs Film ›Blue Velvet‹ und fuhr nach einigen Sekunden fort: »Überhaupt bin ich angetreten, das Visuelle zu revolutionieren. Gerade im Zeitalter der Massen- und Ramschware auf dem Filmsektor, braucht es einsame Spitzen des hochkünstlerischen Fortschritts.«

      Er hielt diesen Vortrag mit einer Ernsthaftigkeit, die es Tamora schwer machte ihre Fassung zu wahren, um nicht direkt in lautes Gelächter auszubrechen. Unweigerlich stellte sie sich die Frage, an welchen Spinner sie da bloß geraten war. »Das denke ich auch«, stimmte sie ihm zu, gefolgt von einem: »Doch aller Eifer, etwas zu erreichen, nutzt freilich gar nichts, wenn du das Mittel nicht kennst, welches dich zum erstrebten Ziel trägt und leitet« und verschwieg ihm, was ihr tatsächlich durch den Kopf gegangen war. »Was haben Sie denn bisher schon gemacht, großer Meister?« erkundigte sie sich anschließend und spielte die Interessierte.

      Es stellte sich heraus, dass der angehende Starregisseur über einen Vorfilm, der mal kurz auf der Biennale in Venedig gezeigt worden war, nicht hinausgekommen war. Van Vollenhoven war ein Mann, den man eigentlich nur an einer Filmhochschule gebrauchen konnte, weil er im freien Wettbewerb sang- und klanglos unterging.

      Allerdings hatte sich Tamora vorbereitet und vor ihrem Besuch im Internet über ihn recherchiert. »Auf der Biennale haben Sie doch den Streifen ›Casanova‹ gezeigt?«

      Klaas Bertus van Vollenhoven schenkte ihr ein stolzes Lächeln. »So ist es, Miss«, nickte er. »Dabei habe ich Giacomo Girolamo Casanova als ein drei Yard großes, eigenständig denkendes Begattungsorgan dargestellt. Leider war das nur sehr abstrakt möglich, ansonsten wäre mir eine öffentliche Vorführung wegen Unsittlichkeit nicht gestattet worden.« Er seufzte theatralisch, warf den Kopf in den Nacken und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Ach, wissen Sie, Miss, überall wird das Genie beschnitten oder gar verkannt … Sind sie nicht jämmerlich, diese kleinkarierten Zustände?«

      »Darüber kann ich Ihnen hinweghelfen, großer Meister«, erklärte Tamora mit einem vielversprechenden Lächeln. »Ich habe nämlich