von Aiden weg und sehe auf das Meer, weil ich Angst bekomme, meine Augen könnten vielleicht zu viel verraten. "Ich... Ich weiß eigentlich überhaupt nichts darüber. Ich kann dir gerne ein paar Zitate von Jane Austen oder Cecilia Ahern bieten - mehr aber auch nicht."
"Hm", macht Aiden, er scheint irgendetwas zu überlegen.
Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade nicht, worauf er hinaus will. Was soll das alles bringen? Ich sehe wieder zu Aiden. Seine Stirn ist gerunzelt und er spitzt leicht die Lippen. Das sieht wirklich süß aus und am liebsten würde ich diese Lippen berühren. "Erzähl du mir doch etwas über... 'so etwas'. Ich wette, du bist ein wahrer Profi darin."
Aiden sieht mich mit erhobener Braue an. "Was macht dich da so sicher?"
Ich zucke mit den Schultern. "Es würde einfach zu dir passen. Wie ich damals schon sagte, hoffnungsloser Romantiker eben. Ich meine, du hast mich in einer verdammten Sternschnuppennacht in die Kirche geschleppt." Ich muss lächeln, bei der Erinnerung an diese Nacht, bekomme dann aber sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn damals so unfreundlich angepampt habe. Ich war nun mal schon immer ein erbarmungsloser Stimmungskiller.
"Na ja, ich würde nicht das Gegenteil behaupten", sagt Aiden stolz. "Es kam auf jeden Fall immer gut in meinen Büchern an."
Schon wieder dieses Buch. Wenn er mir nicht bald sagt, wie sein verflixtes Buch heißt, werde ich wohl oder übel seine komplette Wohnung auseinander nehmen müssen, um auch nur den kleinsten Hinweis zu bekommen, wie es heißt. Ich will endlich in seine schöne Seele schauen.
"Warst du schon mal verliebt?", frage ich ihn. Ich weiß nicht, was mich dazu verleitet hat, ihn das zu fragen, aber es interessiert mich wirklich. Andererseits weiß ich nicht, ob es besser ist, die Antwort auf diese Frage nicht zu kennen. Wenn er mir jetzt von einer Frau erzählt, die er jahrelang geliebt hat und mit der er für lange Zeit zusammen war. Wenn er mir sagt, dass sie seine große Liebe war oder ist, dann weiß ich nicht wie ich reagieren würde. Wegrennen? Ja, wahrscheinlich würde ich ins Meer rennen und einfach wegschwimmen.
Aiden schweigt kurz. Er scheint zu überlegen.
Bitte sage mir, dass du noch nie verliebt warst.
Aiden starrt in das Feuer und atmet tief ein. "Eigentlich...". Er fährt sich mit der Hand durch die Haare, die einen schönen goldbraunen Ton haben durch das Licht des Feuers. "Eigentlich nicht. Ich meine, ich hatte schon Freundinnen, natürlich habe ich nicht enthaltsam gelebt, immerhin bin ich zwanzig Jahre alt."
Ich ignoriere die Nadelstiche in meiner Brust und höre ihm aufmerksam zu.
"Meine Mum erzählte mir immer viele Dinge über Beziehungen, als ich aufgewachsen bin. Sie sagte immer, dass es besser ist, die Person in einer Beziehung zu sein, die weniger liebt als die andere. Ich dachte immer, das wäre totaler Schwachsinn und irgendwie gemein." Er lacht. "Das war, während ich zusah, wie meine Mum meinen Vater mehr geliebt hat, als er sie und er immer wieder blaue Flecken auf ihrer Haut hinterließ." Aidens Miene ist auf einmal total ernst und er schluckt. "Oder als ich meinen besten Freund auf einer Brücke stehen sah, bereit dazu, herunter zu springen, weil das Mädchen, dass er mehr liebte, als sie ihn, ihn verlassen hat. Diese Dinge haben mich einfach dazu gebracht, mich zu stoppen, wenn ich kurz davor war, mich komplett in jemandem zu verlieren. So wie du es vorhin gesagt hattest. Ich wollte, oder will, einfach nicht die Person sein, die mehr liebt als die andere Person."
Ich bin sprachlos als er fertig ist mit reden. Ich könnte mir jetzt den Kopf darüber zerbrechen, dass er mir gerade offenbart hat, dass seine Mutter von Pete geschlagen wurde, als er klein war und darüber, dass sein bester Freund Selbstmord begehen wollte, weil seine Liebe ihn verlassen hat. Aber ich lege all diese Gedanken beiseite und lege einfach meinen Kopf auf seine Schulter. Ich rücke so nah an ihn heran, dass man meinen könnte, unsere Körper könnten jeden Augenblick miteinander verschmelzen. Mir ist auch egal, ob Aby oder die anderen sich komische Dinge über uns ausmalen könnten. Es ist mir vollkommen egal. Ich will Aiden einfach nur das Gefühl geben, dass ich ihn mag. Und ja, ich mag ihn sehr. "Jetzt hast du wohl allein philosophiert, huh?", flüstere ich, während mich sein typischer Geruch von Jasmin mal wieder um den Verstand bringt.
Ich spüre Aidens Körper an mir vibrieren und er lacht leise. "Nächstes Mal bist du dran. So einfach kommst du mir nicht davon."
"Werden wir noch sehen." Ich presse meinen Körper noch näher an ihn. Es kann mir gerade nicht nah genug sein und ich genieße es unheimlich. Noch nie habe ich mich jemandem so nahe gefühlt wie jetzt gerade. Das ist sogar tausend Mal besser als die Situation am See. Das hier ist einfach perfekt und ich möchte, dass es nie endet. Ich bin froh, dass ich nicht noch eine Nacht in Aldbury geblieben bin, sondern entschieden habe, zurückzukommen. Wahrscheinlich wären noch viele weitere Streitereien mit Margret und Dad auf mich zugekommen und das hätte ich definitiv nicht mehr gebraucht. Ich vergesse sogar kurz, dass mich meine beste Freundin verlassen hat, denn all diese Dinge zählen gerade nicht. Es zählt nur noch das Hier und Jetzt am Strand, mit Aiden.
Ich lasse meinen Blick durch die Runde schweifen und blicke geradewegs in Abys Augen. Sie grinst mich breit an und sieht immer abwechselnd zwischen Aiden und mir hin und her. Ich lächle nur zurück und zucke leicht mit den Schultern. Doch ihr Grinsen strahlt eine gewisse Mütterlichkeit aus, sodass ich mich schon auf das Gespräch mit ihr nachher im Zimmer freue, wenn sie mich über Aiden und mich ausquetscht.
Kapitel 23
Am frühen Sonntagmorgen werde ich von meinem Handyklingelton wachgemacht. Kann ich denn eigentlich keinen Tag ausschlafen? Ich muss mich definitiv daran gewöhnen, dieses doofe Ding auszuschalten, wenn ich es nicht brauche.
Noch mit geschlossenen Augen greife ich zu meinem Nachttisch und taste nach meinem Handy. Es ist Dad. "Hallo", krächze ich noch mit verschlafener Stimme.
"O habe ich dich wach gemacht?"
Ich schaue auf die Uhr, die auf Abys Nachttisch steht. "Dad, es ist neun Uhr, natürlich hast du mich wachgemacht."
"Tut mir leid, Schatz." Er hat einen außergewöhnlich komischen, traurigen Unterton in der Stimme.
Ich richte mich auf und reibe mir über die Augen. "Was ist los?"
Dad atmet deutlich hörbar, tief ein und aus. "Wieso bist du gegangen?"
"Weil ich wieder nach London wollte."
"Und willst du mir sagen wieso? Falls es wegen deiner Mutter ist, dann tut es mir wirklich leid, Liebling. Wenn ich gewusst hätte, dass du so... empfindlich auf sie reagierst, wäre mir niemals eingefallen sie nach Aldbury zu holen. Ich - "
"Es war nicht wegen ihr", seufze ich leise und unterbreche seinen Redeschwall. "Zumindest war sie nicht der einzige Grund..."
"Was war dann der Grund? Du weißt, dass du mit mir offen reden kannst. Das konntest du immer. Ich habe echt einen Schrecken bekommen, als Maggy mir erzählt hat, dass du gegangen bist."
Bei dem Namen Maggy muss ich mich wieder daran erinnern, wie ich ihn und sie in der Küche kichern gehört habe. Ich würde ihn unheimlich gerne fragen, was zwischen den beiden wirklich läuft. Aber wenn ich ehrlich sein soll, ist es mir egal. Soll er doch machen, was er will, solange ich mit ihr nichts zu tun haben muss. "Kann ich dir das später erzählen?" Ich stehe vom Bett auf und sehe aus dem Fenster. Das Wetter ist mal wieder fantastisch. Ich liebe es hier. "Ich möchte wirklich gerade nicht darüber reden, aber es hat nichts mit dir zu tun. Mach dir keine Gedanken."
Dad seufzt. "Ravely, ich bin dein Vater, ich muss mir Gedanken um dich machen."
Ich grinse. "Ich möchte auch nur, dass du weißt, dass du dir keine Schuld geben brauchst. Auch, wenn mich die Sache mit Mu -, ehm Margret wirklich nervt, trägst du keinerlei Schuld. Sie ist selbst daran schuld, dass ich sie nicht ausstehen kann."
Er schweigt.
"Dad?"
"Oh ja, danke Schatz. Wann wirst du das nächste Mal kommen?" Wieder dieser argwöhnische Unterton.
"Kann