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Shey Koon
Mellow Tior
Der Hüter von Phalanxia
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Überirdische Wunder erscheinen ständig und überall. Sie wirken im und um jeden einzelnen Menschen herum. Funkelnde Sterne, die den geheimnisvollen Kosmos ausleuchten und die Tiefe des Universums widerspiegeln sind wunderlich und majestätisch zugleich. Jedoch, die strahlenden Sternschnuppen sind die zauberhaftesten Erscheinungen, die all das menschliche Sehen ins Staunen verwandeln. Fantastische Geschichten über das faszinierende Mysterium gibt es seit eh und je, weit bevor das Menschengeschlecht über das Angesicht dieser Welt wandelte. Sie sind so schön anzuschauen, direkt bewundernswert, wenn sie für einen kurzen Augenblick nur, leuchtend am geschwärzten Himmel aufflackern, um mit ihrem sprühenden Schweif alsbald wieder in das Unsichtbare zu verglühen. Unzählige Worte sind gesprochen und geschrieben worden, die diesem Unbeschreiblichen Ausdruck verleihen. Vielerorts erzählt man sich, dass es die Boten des Glückes seien. Und sobald man eine dieser Schnuppen erblickt, dann sollen in diesem Moment die Augen ganz fest geschlossen werden, und alle Wünsche, die man in seinem Herzen hegt, sollen leise geflüstert werden, denn bald darauf würden sie wahr werden. Einstmals, vor unglaublich langer Zeit wusste ein jeder Mensch, dass die Sternschnuppen ein kosmisches Geheimnis in sich tragen. Ein wirklich fantastisches Geheimnis.
Der fliegende Brief
Da gab es auf der Erde tatsächlich jemanden, der felsenfest daran glaubte, dass dies der Wahrheit entsprach. Mellow Tior, ein lebhafter Junge von elf Jahren mit silbernen Haaren, die so unbeschreiblich hell waren, dass sich der volle Mond und die glitzernden Sterne darin spiegelten, wünschte sich nichts sehnlicher, als eben diese Sternschnuppen zu erblicken. Entdeckte er sie, wenn sie wie glühende Perlen am nächtlichen Himmel erschienen, hüpfte ihm jedes Mal sein kleines Herz vor Freude. Nach solch einem Spektakel schlief Mellow vor lauter Aufregung die ganze Nacht nicht ein. Auch in jener schicksalhaften Nacht blickte er gebannt mit seinen großen bernsteinfarbenen Augen aus dem Fenster in die überwältigenden Weiten des Alls. Er versuchte verträumt nach dem stillen Feuerwerk zu greifen und fing für einen kurzen Moment den Zauber des Universums ein. Verzaubert kaute er am Ende des leuchtenden Stiftes, tüftelte weiter an seinem Brief. Mellow schrieb seit einer beträchtlichen Zeit an dem schimmernden Schreiben, und es war endlich der Zeitpunkt gekommen, an dem er die letzte Zeile verfasste. Er überprüfte das Schriftstück nochmals sorgfältig, obwohl er es bestimmt schon hunderte Male gelesen hatte. Stolz fügte er zum Abschluss seinen Namen hinzu.
„Mellow Tior“
Kurz bevor die warmen Sonnenstrahlen zusammen mit den zwitschernden Vögeln den Morgen begrüßten, fielen ihm vor Müdigkeit die schläfrigen Augen zu. Orangefarbenes Licht färbte gemächlich sein Zimmer, das vollgestopft war mit den vielen bunten Spielzeugraketen und maßstabsgetreuen Modellen von Raumfähren. Allerlei wissenschaftliche Bücher, zu unordentlichen Stapeln aufgetürmt, ragten bis unter die Decke. Dazwischen verteilten sich wild verstreut die verschiedensten Sternenkarten und farbigen Fotos von weit entfernten Planeten und aufregenden Galaxien. Ein weißer Astronautenanzug baumelte neben der Zimmertüre, mit dem er anfangs, als er ihn geschenkt bekommen hatte, wochenlang herumgelaufen war. Der Astronautenhelm zierte den flauschigen Kopf eines neongrünen Stofftieres namens Albo, der in der linken Ecke des Zimmers saß. Albo, der Außerirdische, war Mellows stiller Freund, und er spendete ihm in der Nacht Trost vor seinen Alpträumen, die ihn regelmäßig heimsuchten. In der rechten Ecke des Zimmers stand die Sparbüchse, ein gelber Kristallglobus, darin bewahrte Mellow sein gesamtes Taschengeld auf. Davon wollte er sich eines Tages ein riesiges Teleskop kaufen, mit dem er bis ans Ende des Universums blicken konnte. Nichts wünschte er sich sehnlicher. Während er schlief, öffnete sich die Türe einen schmalen Spalt, und seine Großmutter Aurilia schlich ins Zimmer. Sie war schon sehr, sehr alt, so alt wie das Universum selbst, auch wenn ihr Aussehen eher dem einer lebensfrohen 40-jährigen glich. Aurilia tapste mit ihrem schlanken Körper geschickt um all die angehäuften Dinge herum, setzte sich zum träumenden Mellow ans Bett. Goldgelbe Locken fielen ihr über die Schultern und umrahmten ihr anmutiges Antlitz. Sie lächelte voller Freude als sie Mellow zufrieden schlummern sah. Behutsam legte sie den glimmenden Stift und das Briefpapier zu Boden, nahm sanft die Hand ihres Enkels, und während sie ihn betrachtete, streichelte sie zärtlich über sein silbriges Haar, das für einen flüchtigen Moment aufleuchtete.
„Na, wieder die ganze Nacht den Sternschnuppen nachgejagt?“
Mellow blieb stumm, denn er war bereits selig in das Land der Träume abgetaucht. Aurilia beugte sich über ihn und küsste seine Stirn. Kurzzeitig blitzte es in ihrem Augenwinkel auf. Prüfend wandte sie ihren Blick in den Himmel, der sein schönstes Morgenblau auftrug. Sie bemerkte die vielen funkelnden Sternschnuppen, die seltsamerweise auch am Tage zu sehen waren. Das war eine seltene und ungewöhnliche Erscheinung und rief schmerzliche Erinnerungen in ihr wach.
„Er ist frei!“, stellte sie entsetzt fest. „Jetzt schon? Weit vor seiner Zeit.“, flüsterte Aurilia.
Schlagartig war ihr bewusst, dass für Mellow nun eine schicksalhafte Wendung angebrochen war. Er befand sich in großer Gefahr. Der ahnungslose Junge schmiegte derweil sein Gesicht in den weichen, mit silbernen Engeln bestickten Kissenbezug. Geräuschlos verließ Aurilia das Zimmer. „Wie kann das sein? Unmöglich. Das darf nicht sein.“, stammelte sie fassungslos. Sie huschte eiligst in den ersten Stock des Hauses. Ständig drehte sich dabei nach allen Seiten