A.D. Astinus

Die Neun größten Städte Europas


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liegt nördlich der Nordanatolischen Verwerfung, die sich vom nördlichen Anatolien bis zum Marmarameer erstreckt. Die Anatolische Platte schiebt sich hier westwärts an der nördlichen Eurasischen Platte vorbei. Entlang der dadurch entstandenen Transformstörung ereigneten sich allein zwischen 1711 und 1894 66 größere Beben.

      Bekannt ist das Beben von 447, bei dem 57 Türme der Landmauer einstürzten, und jenes von 559, bei dem Teile der Kuppel der Hagia Sophia wenige Jahre nach der Fertigstellung in die Kirche stürzten. Eines der schwersten Beben, verbunden mit einer gigantischen Flutwelle, die über die Seemauern der Stadt einbrach, ereignete sich 1509. Dabei wurden schätzungsweise 5.000 bis 13.000 Menschen getötet sowie 109 Moscheen und 1.070 Häuser zerstört. Zudem wurde die in Istanbul liegende Flotte vernichtet. Das nächste starke Beben folgte 1557. 1690 und 1719 richteten Beben beträchtliche Schäden an den Land- und Seemauern an. Gedenkinschriften, die an den Stadttoren nach der Wiederherstellung durch Sultan Ahmed III. angebracht wurden, künden davon. Am 22. Mai 1766 wurde das Bethaus der Fatih-Moschee weitgehend zerstört. 1894 stürzten bei einem Beben weite Teile des Gedeckten Basars ein, dessen breiteste Straße erst nach dieser Katastrophe entstanden ist. Diesem Beben fielen auch die meisten Mosaiken der Hagia Sophia zum Opfer.

      Geologen prognostizieren ein weiteres Beben ab Stärke 7,0 bis 2025. Die verheerenden Beben vom August 1999 bei Kocaeli mit mehr als 17.000 Toten und im Winter 2002 in der Provinz Afyon sollen Vorboten gewesen sein.

      Stadtgliederung

      Das Verwaltungsgebiet der Großstadtkommune (Büyükşehir Belediyesi) Istanbul gliedert sich in 39 Stadtteile. Davon entfallen 25 auf den europäischen Teil und 14 auf den asiatischen.

      Das alte, im Süden der europäischen Seite gelegene Stadtzentrum des einstigen Konstantinopel mit den Stadtteilen Eminönü und Fatih wird durch das Goldene Horn von den nördlicher gelegenen, jüngeren Stadtteilen getrennt und im Westen von der Theodosianischen Landmauer begrenzt. Westlich der Mauer liegt der Stadtteil Eyüp und dahinter und entlang des Marmarameeres liegen neue Wohn- und Gewerbegebiete, die inzwischen sogar bis über den Flughafen hinaus weit nach Westen reichen.

      Alt-Istanbul im Stadtteil Fatih wird vor allem von den Großmoscheen und einer ehemaligen Kirche geprägt. Um die römische Kontinuität zu betonen, kam im 10. Jahrhundert die Vorstellung auf, Konstantinopel würde wie Rom auf sieben Hügeln ruhen. Obwohl diese Vorstellung ein Konstrukt späterer Zeit und topographisch kaum haltbar (Die „Hügel“ sind zwischen 40 und 70 m hoch, zum Vergleich: Das Valens-Aquädukt misst 61 m in der Höhe) ist, findet sich die Sieben-Hügel-Teilung in der Literatur wieder. Auf dem ersten Stadthügel liegt demzufolge die Hagia Sophia und knapp dahinter die Sultan-Ahmed-Moschee, auf dem zweiten die Nuruosmaniye-Moschee, auf dem dritten die Süleymaniye-Moschee, auf dem vierten die Fatih-Moschee Sultan Mehmeds II., auf dem fünften die Sultan-Selim-Moschee, auf dem sechsten die Mihrimah-Sultan-Moschee und auf dem siebenten, nicht vom Goldenen Horn einsehbaren Stadthügel, die Haseki-Hürrem-Sultan-Moschee. Zum Stadtbild von Fatih gehören ebenfalls die in osmanischer Tradition gebauten Holzhäuser.

      Nördlich des Goldenen Horns befinden sich die europäisch geprägten Stadtteile Beyoğlu und Beşiktaş, wo sich der letzte Sultanspalast, der Çırağan-Palast, befindet, gefolgt von einer Kette ehemaliger Dörfer wie Ortaköy, Bebek und Sarıyer am Ufer des Bosporus. Hier errichteten wohlhabende Istanbuler bis Anfang des 20. Jahrhunderts luxuriöse Holzvillen, Yalı genannt, die als Sommerwohnsitze dienten.

      Die auf der asiatischen Seite liegenden Stadtteile Kadıköy und Üsküdar waren ursprünglich selbstständige Städte. Heute sind sie vor allem Wohn- und Geschäftsviertel, in denen etwa ein Drittel der Istanbuler Bevölkerung wohnt. Hieran anschließend wurden entlang dem Bosporus und dem Marmarameer sowie ins asiatische Hinterland hinein Dörfer und Stadtteile großflächig ausgebaut und neu erschlossen. In Beykoz liegen wie am gegenüber liegenden Bosporusufer viele osmanische Yalıs.

      Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum machen den größten Teil der Stadtfläche heute die im Hinterland entstandenen Stadtteile wie Bağcılar, Bahçelievler, Küçükçekmece, Sultangazi im europäischen Teil, Maltepe, Pendik und Sultanbeyli im asiatischen Teil aus. Sie wurden teilweise als Gecekondular (‚über Nacht errichtet‘) errichtet und erst nach Jahren oder Jahrzehnten an die städtische Infrastruktur angeschlossen. Ein Drittel der neu zugezogenen Istanbuler lebt in solchen informellen Siedlungen oder Elendsvierteln. Seit den 1980er Jahren sind unter enormer Anteilnahme der Öffentlichkeit einige der Gecekondus von der Stadt abgerissen worden. Der weitaus größere Teil hat sich dagegen zu infrastrukturell vollwertigen Stadtvierteln entwickeln können. Istanbul ist die einzige Metropole eines Schwellenlandes, die keine flächendeckenden Elendsviertel besitzt. Gehobene Büro- und Wohnviertel entstehen unter anderem im Norden auf Höhe der zweiten Bosporusbrücke oberhalb von Bebek in den Vierteln Levent, Etiler und Maslak. Aber auch im Westen in Bakirköy und Başakşehir und im Osten auf der asiatischen Seite gibt es gehobene Büro- und Wohnviertel.

      Klima

      Die Stadt hat aufgrund ihrer Lage zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer ein mildes, feuchtes Seeklima. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 14 °C. Die wärmsten Monate sind Juli und August mit durchschnittlich über 22 °C, die kältesten Januar und Februar mit etwas über 5 °C. Die Sommertemperaturen können während der Hitzeperioden, die oft mehrere Tage andauern und von Juni bis August auftreten, bis über 30 °C im Schatten erreichen. Der Winter ist kühl bis kalt und wie die anderen Jahreszeiten wechselhaft. Es gibt frühlingshafte Sonnentage, aber auch Regen und Kälteeinbrüche und häufig Schneefälle. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 850 Millimeter. Die meisten Niederschläge fallen in den Monaten November und Dezember mit durchschnittlich 110 und 124 mm, die geringsten Niederschläge werden für die Monate Mai, Juni und Juli mit je 36, 37 und 39 mm im Mittel verzeichnet. Heftige Niederschläge und Überschwemmungen treten in allen Jahreszeiten auf. Demnach wird in Istanbul am häufigsten der Nordwind Meltem beobachtet, der besonders im Sommer mit höheren Geschwindigkeiten verbunden ist und meist maritime, gut durchmischte und saubere Meeresluft bringt. Das zweite Maximum ist der Südwind Scirocco, der oft kennzeichnend für Hochdruckwetterlagen kontinentaler Luftmassen ist, was je nach Jahreszeit zu sehr heißen beziehungsweise sehr kalten Tagen führen kann.

      Flora und Fauna

      In Istanbul finden sich Pflanzen, die der Flora der Stadt einen vorwiegend mitteleuropäischen und zugleich mediterranen Charakter verleihen, besonders auf den Prinzeninseln. So finden sich auf Çamlıca oder Sarıyer im Norden unter anderem Stieleichen, Buchen und Kastanien, auf den Prinzeninseln im Süden kleine Pinienwälder und Kermes-Eichen. Anzutreffen sind dort und in den südlichen Teilen der Stadt Zedern-Wacholder, Pistazien, Zypressen, Kretische Zistrose, Schlehdorn und Mäusedornarten. Die großen Wälder, die die Stadt im europäischen und asiatischen Teil im Norden umgeben, haben einen mitteleuropäischen Charakter. So kommen im Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) verschiedene Eichenarten vor, darunter die Traubeneiche und die Ungarische Eiche, zudem Hainbuchen, Hänge- und Moor-Birken, Türkenbundlilien, Wald-Bingelkraut, Großes Hexenkraut und Zweiblättriger Blaustern.

      Mit ungefähr 2.500 verschiedenen natürlich vorkommenden Pflanzenarten stellen Provinz und Stadt Istanbul, deren Gesamtfläche nur 5.343,02 km² beträgt, ganze europäische Länder, wie das Vereinigte Königreich in den Schatten. Istanbul alleine beherbergt etwa ein Viertel von mehr als zehntausend dokumentierten Pflanzenarten, die in der Türkei vorkommen. Einige dieser Pflanzen sind endemisch.

      Laut der Generaldirektion für Forstwirtschaft („Orman Genel Müdürlüğü“) sind 44 % der Provinz Istanbul von Wäldern bedeckt. Für eine Großstadt existiert hier eine reiche Tierwelt. Das salzreichere Wasser des Marmarameeres vermischt sich mit dem salzärmeren des Schwarzen Meeres am Südausgang des Bosporus am stärksten, was einen relativen Fischreichtum zur Folge hat. Charakteristisch ist hier die Sardelle, aber auch Delfine lassen sich gelegentlich beobachten, seitdem durch den Bau von Kläranlagen die Wasserqualität von Bosporus und Marmarameer gestiegen ist. Die Wälder beherbergen über 71 Vogel- und 18 Säugetierarten. Es besteht ein Jagdverbot. In den Wäldern sind daher Wildschweine, Wölfe, Goldschakale, Füchse,