A.D. Astinus

Die Neun größten Städte Europas


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suchten im Ersten Weltkrieg ihre Unterstützung. Am 24. April 1915, zwei Monate nach Beginn der Kämpfe um die Dardanellen, die zwischen dem 19. Februar 1915 und dem 9. Januar 1916 stattfanden, ließ die Regierung erstmals armenische Zivilisten aus Konstantinopel deportieren. Offiziell waren es 235, wahrscheinlich mehr als 400 der zu dieser Zeit noch 77.835 Armenier, die in der Hauptstadt lebten. Der Völkermord an den Armeniern fand überwiegend in Anatolien statt; die Armenier Istanbuls blieben bis 1923 weitestgehend verschont.

      Die genaue Einwohnerzahl der Stadt ist kaum mehr zu ermitteln. Sie lag um 1920 zwischen 800.000 und 1,5 Millionen, Deutlich ist nur, dass nach vier Jahrzehnten starken Bevölkerungswachstums die Einwohnerzahl geradezu einbrach. 1927 zählte man nur noch 691.000 Einwohner; während die nicht-muslimische Bevölkerung 1914 bei etwa 450.000 gelegen hatte, zählte sie 1927 nur noch 240.000. Damit stellte sie allerdings auch zu dieser Zeit noch fast ein Drittel der Bevölkerung.

      84 % der Bevölkerung lebten zu dieser Zeit in Städten mit weniger als 10.000 Einwohnern, was bei der langsam einsetzenden Landflucht ein enormes Potential für die Zuwanderung nach Istanbul barg, das sich ab den 1950er Jahren zu entfalten begann. Während die Griechen, wohl etwa 1,2 Millionen, Anatolien verlassen mussten, durften alle Griechen, die am 30. Oktober 1918 in der Hauptstadt gewohnt hatten, dort bleiben. Doch trotz dieser Sondervereinbarung aus dem Jahr 1926 verließen weitere Griechen die Stadt; ein extremer Mangel an Handwerkern trat ein. 1942 wurden die Nichtmuslime zu einer besonderen Vermögenssteuer herangezogen (Varlık Vergisi), 1955 wurde nahezu die gesamte orthodoxe Bevölkerung beim Pogrom von Istanbul aus der Stadt vertrieben. Von den rund 110.000 Griechen blieben rund 2.500 in Istanbul. Heute leben rund 60.000 Armenier und 2.500 Griechen in der Stadt.

      Istanbul wuchs ab den 1950er Jahren rapide, sie zog und zieht bis heute zahlreiche Menschen aus Anatolien an. Seit den 90er Jahren kommen zahlreiche Osteuropäer in die Metropole. Es entstanden groß angelegte Bauprojekte; sie konnten mit dem rapiden Bevölkerungswachstum kaum Schritt halten. Zudem nahmen sie auf vorhandene Strukturen wenig Rücksicht. Istanbul dehnte sich weit in das Umland aus; zahlreiche Dörfer und Städte des Umlands zählen inzwischen zur Metropole.

      1994 wurde der jetzige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan als Kandidat der islamistischen Refah Partisi (RP) (Wohlfahrtspartei) Bürgermeister. Der jetzige Bürgermeister Kadir Topbaş ist Mitglied der islamisch-konservativen Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP). Im November 2003 wurde die Stadt von einer Serie schwerer Anschläge erschüttert. Der Anschlag in einem Internet-Café am 9. Februar 2006 kostete einen Menschen das Leben, sechs Menschen wurden vier Tage später durch einen Anschlag in einem Supermarkt verletzt.

      Am 28. Mai 2013 begannen am Taksim-Platz Demonstrationen. Sie begannen als Proteste gegen ein geplantes Einkaufszentrum bzw. gegen das Abholzen des Gezi-Parks; nach einem brutalen Polizeieinsatz am 31. Mai 2013 wandelten sie sich zu Protesten gegen die Regierung Erdogan und Erdogans Regierungssti.

      Entwicklung des Namens

      Der ursprünglich altgriechische Name der Stadt, Βυζάντιον Byzantion (lateinisch Byzantium), geht auf den legendären Gründer der Stadt, Byzas, zurück, der aus Megara in Attika stammte. Er war einem Orakelspruch der Pythia gefolgt. Zu Ehren des römischen Kaisers Constantinus, der Byzantion zur Hauptstadt ausbauen ließ, wurde die Stadt im Jahr 324 in Constantinopolis (latinisiert; altgr. Κωνσταντινούπολις Konstantinoupolis ‚Stadt des Constantin‘) umbenannt. Auf Constantinopolis gehen die deutsche Form Konstantinopel und zahlreiche weitere Namensformen zurück. Auf Arabisch wurde Konstantinopel al-Qustantīniyya / genannt, im Armenischen Gostantnubolis und im Hebräischen Kuschta. In vielen slawischen Sprachen hieß die Stadt Cari(n)grad (‚Stadt des Kaisers‘).

      Bis 1930 gab es keine fortdauernde und eindeutige offizielle Namensform. In osmanischen Urkunden, Inschriften etc. wurde die Stadt in der Regel mit ihrer vom Arabischen abgeleiteten Namensform Kostantiniyye / ‏قسطنطينيه‎ bezeichnet. Man findet aber auch şehir-i azima (‚die großartige Stadt‘), die französisierten Formen Constantinople und Stamboul sowie ab dem 19. Jahrhundert vermehrt die Bezeichnung Dersaâdet‎ / Der-i Saʿādet / „Pforte der Glückseligkeit“. Weitere Bezeichnungen waren etwa darü’s-saltanat-ı aliyye, asitane-i aliyye und darü’l-hilafetü ’l aliye und pâyitaht, Ehrenvoller Thron / im Sinne von Residenz.

      Im türkischen Dialekt der Stadt hatte sich die Namensform Istanbul, Astanbul (auch Istambul, Stambul) herausgebildet, die schon in seldschukischer Zeit Verwendung fand und später durch osmanische und westeuropäische Aufzeichnungen für das 16. Jahrhundert belegt ist. An „Istanbul“ angelehnt erschien Islambol / „Vom Islam erfüllt“, das im 18. Jahrhundert als Name der Münzstätte am Tavşan taşı auf Münzen geprägt wurde. Während mit Konstantinopel meist die gesamte Stadt samt einigen Stadtteilen nördlich des Goldenen Horns und jenseits des Bosporus gemeint war, kennzeichnete der Name Istanbul eher die alte Stadt auf der Halbinsel zwischen Marmarameer, Bosporus und Goldenem Horn, die nach Westen durch die Landmauer abgeschlossen wurde. 1876 wurde der Name der Hauptstadt als Istanbul in die neue Verfassung aufgenommen, wo es in Art. 2 hieß:

      «Devlet-i Osmaniyenin payitahtı Istanbul şehridir / „Die Hauptstadt des osmanischen Staates ist die Stadt Istanbul“»

      Bei Istanbul handelt es sich möglicherweise um die türkische Abwandlung des altgriechischen εἰς τὴν πόλιν, eher aber εἰς τὰν πόλιν („in die Stadt“), nach altgriechischer Aussprache seit byzantinischer Zeit etwa istimbólin bzw. istambólin. Diese Deutung erscheint sinnfällig, da man in der Spätantike und im frühen Mittelalter im Oströmischen Reich von Konstantinopel sprach, wenn man umgangssprachlich „die Stadt“ sagte, da sie mit ihren fünfhunderttausend Einwohnern und ihren mächtigen Mauern mit keiner anderen Stadt im weiten Umkreis verglichen werden konnte. Wie das antike Rom war sie ein Musterbeispiel einer Stadt, sie war das wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum. Konstantinopel galt wie vormals Rom als Zentrum der Welt. Reich wie Hauptstadt brauchten daher eigentlich keinen Namen, da sie einzig waren (der Kaiser sah sich nicht als Kaiser von Byzanz oder Konstantinopel, sondern als Kaiser „urbis et orbis“).

      Am 28. März 1930, in der Frühzeit der Republik, wurde İstanbul zum offiziellen Namen der gesamten Stadt. Da die Stadt in osmanischen Schriften und im türkischen Volksmund schon seit langem im engeren Sinn so genannt wurde, war dies eigentlich keine Neubenennung. In den meisten europäischen Ländern (außer zum Beispiel Griechenland und Armenien) verdrängte die Bezeichnung Istanbul allmählich die Bezeichnung Konstantinopel beziehungsweise deren Varianten aus dem Sprachgebrauch. Meist in Bezug auf das historische, vorosmanische Konstantinopel beziehungsweise Byzanz wird die altgriechisch-römische Namensgebung in der Fachliteratur jedoch auch weiterhin verwendet.

      Brände

      Die häufig auftretenden Großbrände lösten soziale und ökonomische Krisen aus und hatten großen Einfluss auf die Bebauung der Stadt. Auslöser waren beispielsweise die regelmäßig auftretenden Erdbeben, der Handel mit Explosivstoffen, die Unachtsamkeit in Haushalten und Werkstätten sowie Brandstiftung. So ereigneten sich zwischen 1883 und 1906 229 Brände mit der Zerstörung von 36.000 Häusern. Das Feuer 1690 im Großen Basar zerstörte Güter im geschätzten Wert von 3 Millionen Kuruş (etwa 2 Millionen Goldstücke). Die größten Brände in der Stadtgeschichte ereigneten sich 1569, 1633, 1660, 1693, 1718, 1782, 1826, 1833, 1865 und zuletzt 1918 mit 7.500 zerstörten Häusern. Der Reisende Salomon Schweigger schreibt um 1580:

      „Es haben sich etliche Brunsten in der Stadt begeben. In einer hätt das Feur ein Gefängnus ergriffen, an der Stadtmaur bei dem Kanal oder Meerhafen. Die Gefangenen im obern Teil des Turns richteten sich mit Gewalt an die Tür, öffneten dieselbe und kamen davon; die andern mußten drin verderben, deren bei siebenzig waren. Ein großer Platz, wie ein groß Dorf, war hinweggebrunnen, aber man merket’s der Stadt nicht an. Wann ein Feur auskompt, so lauft niemand zu, der begehrte zu leschen, ausgenommen die Janitscharen, die darzu verordnet sein, zwar nicht zu leschen, sondern mit Fürbrechen und Einreißen der nächsten Häuser die Flamm zufürkommen“

      – Salomon Schweigger: Zum Hofe des türkischen Sultans. Leipzig 1986 (Nachdruck),