J. D. Möckli

Der Wüstensklave


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zu kommen?« Beruhigend legt er Yusaku die Hand auf die verschränkten Arme und wartet auf dessen Entscheidung.

      Prüfend sieht der Blonde zu dem großen Sklaven hinüber. »Ich glaube, du hast recht. Wenn er sich nicht alles gefallen lässt, kann das bei schwierigen Kunden nur von Vorteil sein.«

      »Gut, dann werde ich sehen, was ich machen kann.« Zuversichtlich sieht Kai Yusaku an und wendet sich wieder dem Händler zu.

      »Haben Sie sich entschieden?«

      Kai tut so, als wäre er unsicher. »Ich weiß nicht, das hängt vom Preis ab.«

      »Natürlich. Der Sklave kostet dreißig Silbermünzen.«

      Der Preis ist gut, das muss Kai zugeben. Trotzdem schüttelt er den Kopf. »Das ist viel zu viel. Ich biete Ihnen fünfzehn.« Er sieht dem Händler fest in die Augen.

      Dieser erwidert den Blick kurz und sagt steif: »Das ist ein inakzeptables Angebot. Wie wäre es mit siebenundzwanzig Silbermünzen? Der Sklave ist in einem einwandfreien Zustand, das haben Sie selbst gesehen.«

      »Das werden wir nicht bezahlen. Der Sklave muss noch erzogen werden und ist offensichtlich ungehorsam. Keiner wird diesen Preis bezahlen«, lehnt er den Preisvorschlag entschieden ab und sieht, wie der Händler die Augen zusammenkneift.

      »Na gut, sagen wir vierundzwanzig Silbermünzen.«

      Kai hört, wie Yusaku hinter ihm die Luft anhält. Das ist ein Preis, den sein Kumpel bezahlen könnte, aber er will den Händler noch weiter herunterhandeln. »Das ist immer noch zu viel. Ich biete achtzehn Silbermünzen. Immerhin muss der Sklave offensichtlich so hart angefasst werden, dass Spuren zurückbleiben.« Er sieht den Händler fast schon gelangweilt an, was angesichts seiner Aufregung nicht leicht ist.

      »Gut, ich gehe runter auf zwanzig Silbermünzen. Das ist aber mein letztes Angebot.«

      Immer noch gelangweilt wirkend wendet sich Kai an Yusaku: »Was meinst du? Ist dir der Sklave zwanzig Silbermünzen wert?«

      Yusaku kratzt sich am Kopf und verhält sich so, als würde auch er angestrengt über das Angebot nachdenken. »Ich denke, mit dem Preis kann ich leben.«

      Die Antwort lässt den Händler zufrieden grinsen. »Dann haben Sie jetzt einen Sklaven gekauft. Ich bräuchte dann noch Ihren Wappenstempel und natürlich die Silbermünzen.«

      »Natürlich.« Umständlich kramt Yusaku den eisernen Stempel hervor und gibt ihn dem Händler. Dieser hält ihn über ein Feuer, bis er sich erhitzt hat, und drückt ihn dann auf ein breites Lederhalsband. Danach hält er ihn in einen Eimer mit Wasser, ehe er ihn zurückgibt und das Geld entgegennimmt.

      Danach geht er zu dem Sklaven, tauscht das alte gegen das neue Halsband aus und fesselt ihm mit einem Strick die Hände vor dem Körper. Erst danach löst er grob die Ketten.

      »Bitte sehr, meine Herren. Ich gratuliere Ihnen zum Kauf ihres Sklaven.«

      Mit einem angedeuteten Nicken nimmt Yusaku den Strick entgegen. Zu dritt verlassen sie den Stand.

      Sie gehen ein paar Meter, dann wendet sich Yusaku an Kai: »Das war klasse. Ich hätte nie gedacht, dass du es schaffst, den Preis so weit herunterzuhandeln.« Breit grinsend schlägt er Kai so fest auf die Schulter, dass dieser einen Schritt nach vorn machen muss.

      »Und zum Dank schlägst du mich?« Mit gespielter Empörung reibt er sich die Schulter.

      »Sorry, ich bin nur so happy.« Entschuldigend sieht Yusaku seinen Kumpel an.

      »Schon gut. Ich bin selbst überrascht, dass er so weit runterging.«

      Kai will noch mehr sagen, als er auf einmal wütende Beschimpfungen hört:

      »Du verdammter Nichtsnutz! Wer hat dir erlaubt dich hinzuknien! Steh sofort wieder auf oder du wirst es bereuen!«

      Kai blickt in die Richtung, aus der das Geschrei kommt und sieht, wie einer der Händler mit einem Stock auf einen schwarzhaarigen jungen Sklaven einprügelt. Der kniet auf dem Boden und versucht seinen Kopf mit den gefesselten Händen zu schützen. Es tut Kai in der Seele weh, wenn er so etwas mit ansehen muss. Schockiert will er sich dennoch abwenden, hält aber inne, als er das gequälte Stöhnen hört und sieht, wie der Sklave versucht, wieder auf die Beine zu kommen, was ihm unter den andauernden Schlägen aber nicht gelingt.

      Kai geht mit schnellen Schritten zu dem Stand, ohne genau zu wissen, was er dort eigentlich will. »Was ist denn hier los?« Fragend sieht er zu dem Händler, der für einen Moment in der Bewegung innehält.

      Dann trifft der Stock den Sklaven wieder mit voller Wucht. »Das geht Sie nichts an. Es sei denn, Sie wollen dieses Nichts hier kaufen.« Mit einem boshaften Blick in den Augen fixiert der Mann Kai.

      »Dafür müsste ich ihn mir erst mal ansehen. Das geht aber schlecht, wenn Sie gleichzeitig auf ihn einprügeln.«

      Die festen Worte lassen den Händler etwas zurücktreten. »Tun Sie sich keinen Zwang an.« Verächtlich blickt er auf den Sklaven, der zusammengekrümmt auf dem Boden kniet.

      Den Händler ignorierend fasst Kai unter das Kinn des Sklaven, um dessen Kopf anzuheben. Dabei registriert er, dass die leicht gebräunte Haut viel zu heiß ist. Als er dann in das Gesicht des Mannes sehen kann, stockt ihm der Atem: Obwohl dieser offensichtlich Fieber und Schmerzen hat, blickt er ihn mit ungewöhnlichen himmelblauen Augen an, in denen sich deutlich ein starker Wille widerspiegelt. Über dem rechten Auge hat er zudem eine Narbe, die allerdings schon älter zu sein scheint.

      »Kannst du aufstehen?« Fragend blickt Kai den Mann vor sich an, der etwa in seinem Alter ist.

      »Ich kann es versuchen.« Die Stimme ist rau und heiser, als wäre sie schon lange nicht mehr benutzt oder erst vor kurzem extrem strapaziert worden. .

      Für einen Moment schließt der Sklave seine Augen und richtet sich dann im Zeitlupentempo auf, bis er auf wackligen Beinen vor seinem möglichen Käufer steht. Fest blickt er jetzt in Kais Augen, die Haltung wirkt schon fast königlich und hat nichts von der Unterwürfigkeit, die für einen Sklaven angebracht wäre.

      Kritisch mustert Kai den Mann, der gut einen Kopf größer ist als er selbst. Sein Blick gleitet über den schlanken Körper, der nur von einer kurzen grauen Tunika bedeckt wird, die schon deutlich bessere Tage gesehen hat. Immerhin hat er die für Sklaven üblichen Ledersandalen an.

      Als Kai um den Sklaven herumgeht, fallen ihm relativ frische Blutspuren auf, die sich auf dessen Beinen befinden, sagt aber nichts. Er berührt auch diesen Mann am Gesäß, was jedoch ohne eine sichtbare Reaktion ertragen wird. Er hört nur, wie der Sklave scharf einatmet.

      Mit verschränkten Armen stellt Kai sich vor dem Sklaven auf. »Also, dann sag mir mal, was du kannst.«

      Die himmelblauen Augen mustern ihn ganz genau, bevor er eine Antwort erhält. »Was soll ich denn auf diese Frage antworten? Wenn ich Ihnen sage, dass ich mehrere Sprachen beherrsche, dass ich lesen und schreiben kann, ist das dann die richtige Antwort? Oder wollen Sie wissen, was ich mit meinen Händen und meinem Körper oder meinem Mund machen kann? Gebe ich die falsche Antwort, wird mich der Händler bestrafen.« Resigniert blickt der Sklave nun zu Boden.

      »Du sagst, dass du lesen und schreiben kannst? Dann lies mir vor, was hier steht.« Kai hält ihm sein Notizbuch hin.

      Einen Moment lang mustert der Mann den Einband, ehe er es aufschlägt. »Montag: Lieferung der Seidenstoffe aus China. Nach Sonnenaufgang am Hafen abholen. Dienstag: Naoko Fuku in der Weberei aufsuchen, um neues Leinen zu bestellen. Mittwoch: Rocky und Blacky zu Yu bringen.« Fragend sieht er Kai an. »Soll ich noch weiterlesen?«

      »Nein, das reicht.« Kai ist positiv überrascht, doch das lässt er sich nicht anmerken. »Hast du einen Namen?« Besorgt mustert er den Mann mit der leicht gebräunten Haut. Es ist wirklich deutlich zu sehen, dass der Sklave Fieber hat. Kein Wunder also, dass er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte.

      »Mein Name lautet seit fünf Jahren Yari.«

      Überrascht zieht Kai die Augenbrauen