stärker äußern als bei anderen. Aber es ist genug offenbart worden, um die Wenigen zu überzeugen, dass die eigentlichen und richtigen Ursachen der Krankheiten der Menschen, ihrer Kümmernisse und Enttäuschungen in der Vergangenheit gar nicht erkannt worden sind. Die Menschen waren Kindern gleich, denen man gesagt hatte, die Flügel der Windmühle treibe der Müller drinnen mit den Armen. Sie wussten noch nichts vom Winde.
Man nehme dies nicht als Übertreibung, sondern als Kennzeichnung. Im Wesentlichen betrachtet der Materialist die Dinge solcherart oder ganz ähnlich.
Solange der Materialist von den Wahrheiten, die er durch den spirituellen Geist unaufhörlich empfängt, nicht gewonnen und überzeugt ist, wird er sich ihm widersetzen. Langgehegte Ansicht aufzugeben, Irrtum einzubekennen, lernen und umlernen wollen: es ist nicht jedermanns Sache. Und zumal der Materialist ist sehr bald „schon zu alt dazu!“ — Er will „in der Gewohnheit trägem Gleise“ behaglich weiterleben! Er will keine geistigen Übersiedlungen in neue Wohnungen vornehmen! Es gefällt ihm in den Zimmern mit dem alten Hausrat, in die er sich schon eingelebt hat, am besten!
Sprich ihm von ewiger Jugend, von ewiger Freude, von der Überwindung des Todes, von Unsterblichkeit, sprich ihm von den geheimnisvollen Erfahrungen der Mystiker, vom kräftigenden Erlebnis der Glaubensmenschen — er wird alles als Unsinn bezeichnen, als Schwärmerei, Märchen, Altweibergeschichte.
Der Spiritualist weiß eine Allerhöchste Kraft wirksam, der er sich im Geiste hingibt und aus der er Geist und Kraft empfängt. „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Geiste des Lichts“ — es sind Worte eines spirituellen Geistes (Ep. Jacobi, I. 17).
Ist der spirituelle Geist einmal in einem Menschen aufgewacht, so wird aus dem ersten Dämmer der immer hellere Tag der höheren Erkenntnis. Dieser spirituelle Geist wächst und wächst, bis er das ganze Wesen eines Menschen ergreift. Der Körper wird nun der willige Diener des spirituellen Geistes, dem er nicht mehr widerstehen will.
Es gibt Menschen, die durch Selbstpeinigung, durch Selbstverurteilung und Selbstbestrafung für begangene Sünden oder durch Kasteiung den materiellen Geist überwinden oder, wie man früher sagte, den Teufel austreiben wollen. Solche Menschen werden leicht auch gegen andere rauh, streng und unbarmherzig und bringen es damit doch nur bis zum Scheinheiligen.
Heiligkeit („holiness“, „wholeness“) bedeutet für mich wortwörtlich „Ganzheit“ oder gänzliche Herrschaft des Geistes über das Körperhafte.
Wer mit sich selber die Geduld verliert, wer, weil die „Materie“ wieder einmal Macht über ihn gewann, oder weil er einer Versuchung nicht zu widerstehen vermochte und darum reizbar und übellaunig wurde, wer nach Sünde oder Vergeudung von Kraft sich selber in Worten und Gedanken schilt: der tut sich damit nichts Gutes! Nenne dich niemals einen „elenden Sünder“ und nenne niemals einen anderen so! Denn Gedanken machen dich oder ihn, den du so nennst, als elenden Sünder zu einer Wirklichkeit. Herbe Unfreundlichkeit, Frömmelei, Bigotterie, Härte, starre, düstere Lebensanschauung: solche geistige Verfassung ruft sicherlich physische Erkrankung hervor.
Ist der materielle Geist einmal überwunden, ist uns einmal die Überzeugung geworden, dass es sowohl in uns als außer uns spirituelle Kräfte gibt, die wir nur recht gebrauchen lernen müssen: dann werden wir, wie Paulus sagt, den Glauben verschlingen in den Sieg und dem Tod seinen Stachel nehmen. Das Leben wird dann ein herrliches Vorwärtsschreiten sein – ein Schreiten von der Freude des heutigen Tages zu der größeren Freude des nächsten Tages! Ja, das Wort „Leben“ wird nichts anderes bedeuten als „Freude“.
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