Nicole Wagner

Tom Winter und der weiße Hirsch


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      Nicole Wagner

      Tom Winter und der weiße Hirsch

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Der tote Kobold

       Griselbarts Villa

       Die Chipera

       Astos, der Weiße

       Die Zauberstabschmiede

       Griselbart, der Meister der Magie

       Der Glockenwald

       Der König in Bruckwalde

       Der Inalora-Stein

       Vertrieben

       Der Thrandrad

       Der Angriff des Rothkim

       Der Emeurd'e

       Der Kampf mit dem Rothkim

       Ein zu hoher Preis

       Gefahr an der Grenze

       Roddroth, die Stadt des Vampirs

       Odolpho, der Buchmacher

       Wettlauf um die Zeit

       Die versteckte Stadt

       Der Horst des Phönix

       Die Elfen in der Quelle

       Wiedersehen mit alten Freunden

       Der Vampir in Bruckwalde

       Pettenkoffers Verhör

       Impressum neobooks

      Der tote Kobold

       Tom träumte. Er träumte, dass er des nachts über eine mondbeschienene Lichtung wanderte und von einer ungewohnten Ruhe erfüllt war, die er im wachen Zustand nicht kannte. Irgendetwas oder irgendjemand wartete hier auf ihn, wenn er nur lange genug im Schatten der Bäume weiter ging. Auch die seltsame Müdigkeit, die tagsüber von seinem Körper Besitz ergriff, war wie weggeflogen und er fühlte sich kräftiger als sonst.

       Ringsum lag alles in vollkommener Stille und nur das Knicken der Grashalme unter seinen Füßen war zu hören. Er wusste nicht, wie lange er hier schon wanderte und war sich vage bewusst, dass er träumte.

       Ein Licht erschien in unmittelbarer Entfernung vor ihm und wurde heller, je weiter er darauf zuging. Er erkannte, dass es ein Tier war, das dort im Halbkreis der Bäume stand, die die Lichtung umgaben. Ein schneeweißer Hirsch, von dem ein silbernes Licht ausging wie ein Heiligenschein. Tom war nicht im mindesten überrascht, als er zu ihm sprach.

      „Tom. Ich habe auf dich gewartet.“

      „Woher kennst du meinen Namen?“, fragte der Junge.

      „Bald kennst du auch meinen.“ Der Hirsch hatte kluge braune Augen und überragte Tom um beinahe einen halben Meter. Dennoch ging keine Bedrohung von seinem riesigen verästelten Geweih aus und Tom spürte den seltsamen Drang, sich an die mächtige Flanke des Hirschs zu lehnen und sein Fell zu streicheln.

      „Was willst du von mir?“, fragte er.

      „Du musst uns helfen. Unsere Welt ist in Gefahr und es ist an der Zeit, dass ein neuer Reiter erscheint.“

      „Ein Reiter? Ich?“

       Der Hirsch schaute ihn nur an und antwortete nicht. Seine Nüstern waren geweitet und verrieten, dass er nicht so ruhig war, wie es nach außen den Anschein hatte. Hin und wieder legte sich eins seiner Ohren an, als lauschte er, was sich hinter seinem Rücken abspielte.

      „Was muss ich tun? Wie komme ich zu dir?“, fragte Tom. Gern hätte er dem Hirsch geholfen, aber er spürte, dass es seine Kräfte überstieg. Noch.

      „Alles zu seiner Zeit. Es wird früher beginnen, als du denkst.“

       Tom blickte sich um und sah, dass die Traumlandschaft sich aufzulösen begann, das silberne Licht verschwamm. Bald würde er aufwachen.

      „Wann kommst du?“, rief Tom. Er wollte die sichere und friedliche Lichtung nicht verlassen, wollte nicht dorthin zurück, wo er sich fehl am Platz fühlte.

      „Bald. Hab Geduld.“

       *

      Im Bernsteinweg sechs, der am hinteren Ende des Örtchens Glöckerlstadt lag, verlief das Leben in ruhigen Bahnen. Selten störte ein Laut die nächtliche Stille, außer man war penibel und zählte ein gelegentliches Beben, das aus den Kellerräumen zu dringen schien, dazu. Wenn sie es tatsächlich einmal hörten, machten die Dorfbewohner Reginald Winter dafür verantwortlich, den etwas verschrobenen, aber gutmütigen Wissenschaftler, der bereits im Alter von fünf Jahren erklärt hatte, zauberhafte Wesen wie Kobolde und Trolle seien keineswegs Auswüchse der Fantasie, sondern genauso real wie Herr und Frau Feuerecker, die Nachbarsleute. Tom Winter, sein dreizehnjähriger Sohn, war nach dem Tod seiner Mutter vor acht Jahren ungefähr der einzige, der den Vermutungen seines Vaters Glauben schenkte.

      Tom erwachte von einem Krachen, das wie das Losgehen eines Kanonenrohrs klang. Er saß kerzengerade im Bett und lauschte, was sich im Erdgeschoss abspielte. Er meinte, seinen Vater singen hören zu können und zwar zur leicht abgeänderten Melodie von Alle Jahre wieder.

      „All die Jahre der harten Suche

       Endlich hab ich den Beweis

       Soll'n sie lachen und auch kichern

       Endlich rechnet sich der Fleiß!“