Klaus-Dieter Thill

Best Practice-Rezepte für die erfolgreiche Praxisführung


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stösst man häufig auf Unglauben: „Das müssten die Ärzte und Mitarbeiterinnen doch sehen!“ Und die Medizinischen Fachangestellten sehen die Defizite durchaus sehr genau, wie das Beispiel der Analyse einer Hausarztpraxis mit zwei Ärzten und fünf Angestellten zeigt. Die Praxis ist in die Hausarztzentrierte Versorgung eingebunden, die Praxisphilosophie verspricht, dass die persönliche Beziehung des Teams zu seinen Patienten im Mittelpunkt steht und alle Abläufe auf einen reibungslosen, angenehmen Aufenthalt ausgerichtet sind. Soweit die Theorie. Die Realität wird von den Patienten eher negativ empfunden, die Medizinischen Fachangestellten decken die Ursachen hierfür auf, u. a.:

      - „Unterschriebene Rezepte und Überweisungen den Patienten grundsätzlich von beiden Ärzten mit nach vorne an die Anmeldung geben.“

      - „Weniger Patienten einbestellen, wir haben überhaupt keine Zeit mehr für die Patienten, teilweise ist es nur noch Massenabfertigung.“

      - „Zu große und umfangreiche Aufgabenbereiche, an der Anmeldung nur eine Kraft, das ist nicht zu schaffen.“

      - „Es ist kein Backup festgelegt, wenn eine Kollegin einmal krank oder im Urlaub ist.“

      - „Viele täglich anfallende Aufgaben sind nicht eindeutig zugeordnet, keiner fühlt sich verantwortlich, vieles bleibt liegen.“

      - „Nicht so viel Gestöhne und so viele Übertreibungen.“

      - „Einheitliche Begrüßungsformel am Telefon.“

      - „Ärzte müssen die Patienten grüßen, wenn sie an der Anmeldung vorbeigehen.“

      - „Bitte nicht ständig alles Beschlossene immer wieder umwerfen.“

      - „Freundlicherer Umgang der Ärzte mit Patienten und Mitarbeiterinnen."

      Das grundsätzliche Problem dieser Praxis ist, dass das Personal die Probleme erkennt, die Inhaber sie aber ignorieren.

       1.18 Forward-looking: Die unternehmerische Nachhaltigkeits-Qualität in Arztpraxen

      Best Practice: Auch die Zukunftsfähigkeit des Praxismanagements berücksichtigen!

      Im Rahmen von Praxismanagement-analysen kommt nach Klärung der Stärken, Schwächen und Risikofaktoren häufig die Frage der Praxisinhaber auf, wie ihre Betriebe auf der Grundlage der ermittelten Daten für die zukünftige Arbeit aufgestellt sind. Der Ansatzpunkt für die Bestimmung dieser unternehmerischen Nachhaltigkeits-Qualität liegt in der Beziehungs-Stabilität zu Patienten und Mitarbeiterinnen sowie in der betriebswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Praxen.?Mit Hilfe der genannten Größen lassen sich vier Praxis-Grundtypen mit verschiedenen Zukunftsperspektiven definieren:?

      Der Typ “ retrograde Praxis”, auf die 24% der bislang mit dem Check-up untersuchten Praxen entfallen, ist durch eine niedrige Identifikation der Mitarbeiterinnen mit ihrer Praxis, eine geringe Patientenzufriedenheit und ein schlechtes wirtschaftliches Ergebnis gekennzeichnet.?

      Die “Chancenpraxis” (23%) weist sowohl ein positives Arbeitsklima als auch eine hohe Patientennachfrage auf. Die finanziellen Möglichkeiten werden jedoch nur unzureichend genutzt.?

      In der ”Risikopraxis” (35%) ist die Teamharmonie stark belastet, aufgrund einer “Fließband-Behandlung” sind auch die Patienten unzufrieden, das Praxisergebnis ist jedoch überdurchschnittlich gut ausgebildet.?

      Die “Zukunftspraxis” (18%) zeichnet sich durch eine hohe Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Praxis aus, pflegt intensive Patientenbindungen und nutzt die zur Verfügung stehenden finanziellen Spielräume optimal aus.

       2 Führung und Zusammenarbeit

       2.1 Führung in Arztpraxen: Wenig hilft noch weniger

      Best Practice: Qualitätsmanagement ersetzt nicht die Führung!

      Bestimmt man Art und Intensität der in Arztpraxen eingesetzten Führungsinstrumente (Leadership materialization score, LMS) und stellt dem Einsatz die Wirkung aus Sicht der Mitarbeiterinnen (Leadership impact score, LIS) gegenüber, ergibt sich in den meisten Arztpraxen diese Bilanz: mit einem gering ausgeprägten Führungsinstrumentarium wird ein noch geringerer Effekt erzielt, u. a. auch, weil Teile der als vorhanden deklarierten Instrumente unzureichend eingesetzt werden. Eine Ursache hierfür ist - neben fehlendem Wissen über Führungsmechanismen und dem Glauben an die Selbststeuerungskräfte des Personals - eine durch das Qualitätsmanagement angestoßene Pro-Forma-Mentalität. Viele Praxisinhaber - die sehr offen hierüber sprechen - haben die verbindliche QM-Einführung als Reglementierung ihrer Arbeitet betrachtet und Instrumente zwar dokumentiert, aber nicht realisiert. Leidtragende sind die Mitarbeiterinnen, aber auch die Praxisinhaber selbst, denn die Leistung ihrer Praxen ist deutlich schlechter als sie sein könnte. Bereits ab einer Mitarbeiterzufriedenheit von „3“ (Schulnoten-Skalierung“) - und auf diesem Niveau liegen die meisten Mitarbeiter-Befragungsergebnisse - ist die Arbeitsproduktivität um mehr als ein Drittel niedriger als in einem optimierten Zustand.

       2.2 Dr. med. Darwin

      Best Practice: Mitarbeiter können und wollen sich nicht grundsätzlich selbst steuern!

      "Auch mal seinen eigenen Arbeitsplatz verlassen, wenn man keine Arbeit hat und anderen Hilfe anbieten!"

      "Offener über Unstimmigkeiten reden, ohne dass sich jemand gleich plötzlich angegriffen fühlt!"

      "Bessere Absprache zwischen den Kolleginnen, auch bei der Urlaubsplanung!"

      "Ordentliche Antworten auf ordentliche Fragen!"

      "Freundlicherer Umgang miteinander!"

      Diese Verbesserungsvorschläge, die von den Mitarbeiterinnen einer Augenarzt-Praxis im Rahmen einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung aufgestellt wurden, erklären die parallel feststellbare, äußerst gering ausgeprägte Teamharmonie. Benchmarking-Praxisanalysen, die dieses Befragungsmodul enthalten, zeigen immer wieder derartige Resultate: die praxisintere Kollegialität ist gestört. Auf der Suche nach den Gründen verweisen die einzelnen Mitarbeiterinnen meist auf das Verhalten der Kolleginnen und sehe sich selbst in der "Opfer-Rolle". Die Praxisinhaber stören derartige Verhältnisse kaum, solange ihre Arbeit hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Die meisten sind der Meinung, dass mit der Verteilung der Aufgaben an das Personal der zentrale Führungsrahmen gesetzt ist und sehen darüber hinaus auch keinen Handlungsbedarf, da sie - so eine häufige Begründung - von Mediziner-Kollegen immer wieder hören, dass es in deren Praxen nicht anders ist: "Irgendwie einigen die sich doch immer, die besseren Argumente setzen sich durch und die Arbeit läuft ja!". So ist in Fachkreisen eine Art "minimalistische (Nicht-) Führungstheorie für Arztpraxen" entstanden, die fast darwinistische Züge trägt. Die Leidtragenden sind die Mitarbeiterinnen, denn - von durchaus existierendem unkollegialem Verhalten abgesehen - ist vor allem mangelnde Führung der Grund für interpersonelle Fehlsteuerungen in Praxisbetrieben. Auf den Gedanken, dass die Nicht-Führung mit ihrer Wirkungs-Kaskade "Mitarbeiter-Produktivität- Patientenzufriedenheit-Image" Praxisgewinn kostet, wird nicht bedacht.

       2.3 Regel-gerecht erfolgreich

      Best Practice: Mitarbeiter wünschen sich eine klare Ordnung!

       Regeln sind erwünscht

      Mitarbeiterbefragungen zeigen immer wieder: Medizinisch Fachangestellte wünschen sich vor allem klare, für das gesamte Praxisteam verbindliche Regeln, die das Miteinander strukturieren.

       Ärzte setzen auf Eigeninitiative

      Praxisinhaber, besonders in kleineren Praxisbetrieben, sind jedoch der Ansicht, dass die Mitarbeiterinnen diese Ordnung am besten selbst herstellen können / sollten, denn das Grundgerüst ergäbe sich ja - mehr oder weniger von selbst -