aufeinandertreffen. Hier bedarf es - wie die positiven Erfahrungen in Best Practice-Praxisbetrieben zeigen - eines für alle Helferinnen geltenden Werte- und Verhaltenskodexes.
Wenig Motivation durch Freiheit
Manche Mediziner verzichten auch aus motivatorischen Gründen auf die Festlegung von Strukturen, aber die hieraus entstehenden Probleme und Konflikte überwiegen in ihrer negativen Wirkung bei weitem den angestrebten positiven Effekt. Zudem widersprechen sich Regeln und Motivation nicht, wenn die Mitarbeiterinnen in die Entwicklung des Regelwerks eingebunden werden, es ihnen genügend "Luft zum Atmen" bietet und alle Mitarbeiterinnen nach den gemeinsam beschlossenen Vorgaben gleich behandelt werden.
Regelwerke im Wandel
Berücksichtigt werden muss zudem, dass Arbeitsstrukturen zwar eine stabile, aber keine auf ewig festgeschriebene Grundlage sind. Sie müssen regelmäßig überprüft und bei sich verändernden Verhältnissen angepasst werden. Deshalb sollte die Bedingungsfaktoren der Zusammenarbeit einen festen Platz in Teambesprechungen haben. So ist nicht nur gewährleistet, dass alle immer wieder an den Handlungsrahmen erinnert werden, sondern auch ihre persönlichen Sichtweisen einbringen können.
2.4 Ein Hauch von Nichts: Führung in der Arztpraxis
Best Practice: Lob und Kritik müssen ausbalanciert sein!
"Wir alle im Team leisten sehr gute Arbeit, meist unter Stress, und möchten nicht für Kleinigkeiten 'runtergeputzt werden!" Diese Forderung einer Medizinischen Fachangestellten aus einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung ist charakteristisch für ein Problem, unter dem viele Arzthelferinnen leiden: die Praxisinhaber geben ihrem Personal keine Rückmeldung, wie sie dessen Arbeitsqualität sehen, machen aber in nicht vorhersehbaren Situationen und aus nichtigen Gründen - so ist zumindest die Sicht der Arzthelferinnen - ihrem Ärger Luft. Ein Beispiel ist die häufig verwendete Frage: “Muss ich denn hier wirklich alles alleine machen?”. Diese und ähnliche Aktionen wären einigermaßen erträglich, wenn motivatorische Elemente eine Balance herstellten, doch diese fehlen häufig vollständig und so entstehen Unsicherheit und manifeste Demotivation. In einem früheren Beitrag wurde bereits auf das Schweigen der Chefs eingegangen. Es ist der u. a. auch der Ausdruck eines grundlegenden Verständnisses vieler Mediziner von Führung: nach ihrer Meinung reicht es aus, Aufgaben zu definieren und das Gehalt zu zahlen, der Rest ergibt sich von selbst. Diese Einstellung dokumentieren u.a. die Anfragen aus der an Medizinische Fachangestellte gerichteten Aktion "Kummerkasten". Aber auch Ärzte sind in Befragungen oft sehr ehrlich: "Zielvereinbarungen schließen? Zu aufwändig!", "Mitarbeitergespräche führen? Zu anstrengend!", "Mitarbeiter motivieren? Wozu?". Ein Blick auf "führungsaktive" Kollegen und ihre überdurchschnittlich erfolgreichen Praxen könnte hilfreich sein.
2.5 Augen zu und durch! – Ergebnisse des Coaching-Projektes „Führungshilfe“ für niedergelassene Ärzte
Best Practice: Seien Sie sich bewusst, dass die „Dienstleistung Arztpraxis“ personendominiert ist!
Ausgangssituation: Die Mitarbeiterführung ist die zentrale Steuerungsgröße des Praxiserfolges, denn die meisten im Arbeitsalltag auftauchenden Probleme resultieren aus einem unzureichenden oder falschen Führungsmanagement. Aufgrund dieser Erfahrung aus Praxisanalysen wurde das Coaching-Projekt „Führungshilfe“ gestartet. Sein Ziel ist, Praxisinhaber zu unterstützen, problematische Führungssituationen besser zu bewältigen.
Untersuchungsdesign: Seit Beginn der Aktion ging eine Vielzahl Anfragen ein, die einen detaillierten Einblick in die Führungsrealität deutscher Arztpraxen geben. Da es sich um qualitative Beschreibungen handelt, sind sie nur bedingt statistisch auswertbar, können aber nach Themen- und Problem-Clustern systematisiert werden.
Auswertungsergebnisse: Insgesamt belegen die Anzahl der Anfragen sowie die Art und Ausführlichkeit der Schilderungen, dass die Mitarbeiterführung das zentrale Problem in Arztpraxen ist und auf diesem Gebiet ein hoher „Leidensdruck“ besteht. In vielen Anfragen werden Hilflosigkeit und Überforderung deutlich. Unterstrichen wird diese Situationsanalyse auch durch Anfragen des Parallel-Projektes „Kummerkasten“ für Medizinische Fachangestellte, die die Thematik aus Sicht der Praxismitarbeiterinnen widerspiegeln. Dieses Ergebnis ist allerdings nicht verwunderlich, zeigen doch wiederum Praxisanalysen, dass niedergelassene Ärzte durchschnittlich nur 49% der für einen ausgewogen funktionierenden Praxisbetrieb notwendigen Führungsinstrumente einsetzen, also 51% unausgeschöpft bleiben. Die Anfragen der Praxisinhaber bezogen sich auf folgende Problemkreise (Mehrfachnennungen):
- Mangelnde Motivation der Mitarbeiterinnen
(73%) Die Ärzte beklagten eine fehlende Leistungsbereitschaft ihres Personals. Zeitweise anfallende Zusatzarbeiten und Überstunden würden nur unwillig übernommen und absolviert, zu erledigende Aufgaben nur halbherzig ausgeführt und „Dienst nach Vorschrift“ geleistet.
- Teamkonflikte (67%)
An zweiter Stelle folgen Beschreibungen von meist seit längerem bestehenden Spannungen zwischen einzelnen Mitgliedern oder einzelnen Gruppen des Teams. Besonders häufig wird berichtet, dass länger in der Praxis arbeitende Mitarbeiterinnen neue, die ihnen vorgesetzt werden, nicht akzeptieren oder dass Erstkräfte neuen Kolleginnen die Arbeit erschweren.
- Schlechtes Betriebsklima (59%)
Hierunter fallen Schilderungen von gespannter Atmosphäre und schlechter Stimmung innerhalb der Teams. Ebenso wird ein unfreundlicher Umgang miteinander skizziert, der auch den Patienten auffällt. Hinzu kommt eine grundsätzlich negative Arbeitseinstellung.
- Mangelnde Fortbildungsbereitschaft (54%)
Immer wieder wird von den Anfragern auf die geringe Bereitwilligkeit des Personals verwiesen, an
Fortbildungen, auch außerhalb der Praxis, teilzunehmen
- Ablehnung von Veränderungen und Neuerungen (52%)
Fast ebenso häufig wird auf eine demonstrative „Resistenz“ gegen Veränderungen im Arbeitsablauf, der Aufgabenverteilung oder gegen die Einführung neuer Arbeitstechniken hingewiesen. Das notwendige Aufbrechen eingefahrener Routinen und etablierter Positionen, beispielsweise im Rahmen von Qualitätsmanagement-Maßnahmen, gestaltet sich deshalb äußerst schwierig.
- Geringe Arbeitsqualität (46%)
Auch die Arbeitsqualität steht im Focus der Kritik, insbesondere die Aneinanderreihung von Flüchtigkeitsfehlern, die aus Nachlässigkeit entstehen sowie ständige gegenseitige Schuldzuweisungen der Teammitglieder.
- Unfreundlicher Umgang mit Patienten (42%)
Hier kennzeichnen barsche Zurechtweisungen, das Ignorieren von Patienten z. B. am Empfang, ein ruppig-abweisendes Verhalten sowie Privatunterhaltungen in Gegenwart von Patienten das von den anfragenden Ärzte skizzierte Problemfeld. Ihre Befürchtung ist, dass unfreundlich behandelte Patienten in vielen Fällen nicht wieder in die Praxis kommen.
Hintergrund-Informationen zu den Problemsituationen:
- In 2/3 der Praxen bestanden die Problemsituationen bereits länger als ein Jahr und beeinflussten den Praxisbetrieb in erheblichem Ausmaß negativ. Nach Schilderung der Ärzte hatte es vereinzelte Versuche einer Problembeseitigung gegeben – allerdings erfolglos. – In keiner der Praxen existierte – soweit dies den Beschreibungen zu entnehmen war – ein systematisches Führungsmanagement. – Bei 52% der Anfrager handelte es sich um Ärzte aus Einzelpraxen, die restlichen 48% arbeiteten in Gemeinschaftspraxen bzw. Praxisgemeinschaften. Insbesondere bei den Mehrarztpraxen konnte in einem Drittel der Fälle den Schilderungen ein die Problemsituation verschärfender, zusätzlicher Konflikt zwischen den Praxisinhabern identifiziert werden, der teilweise bei den Mitarbeiterinnen Loyalitätskonflikte auslöste.
Fazit: Die Dienstleistung von Arztpraxen ist personendominiert. Eine durch ein adäquates Führungsinstrumentarium richtig gesteuerte Mitarbeiterzufriedenheit bewirkt deutliche Effizienz- und Rationalisierungssteigerungen,