Alfred Broi

Dämon III


Скачать книгу

zurück zu lassen?“ rief Francesco und seine Stimme zeigte deutlich, dass er ziemlich verärgert war.

      „Warum dann?“ Das war Razor und er schaute den Alten mit ernster Miene an.

      Francesco erwiderte seinen Blick geradeheraus, aber beinahe mit noch finstererer Miene. „Ihre Mithilfe bei der Sache hat ihnen eine zweite Chance eingebracht!“

      „Wie bitte?“ Bim war total perplex.

      „Wer will, kann mich begleiten und…!“ Er schaute in die Runde und fixierte jeden für einen kurzen Moment. „…dann wird ihre Sache neu verhandelt werden!“

      „Und wer nicht will?“ fragte Terror. Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er total verwirrt und irgendwie ängstlich war.

      „Bist du doof, Mann?“ Bim starrte sein Gegenüber mit großen Augen an. „Wer zum Teufel sollte das nicht wollen?“

      „Reg dich ab!“ meinte Horror und trat zu seinem Zwillingsbruder. „Er ist nur…verwirrt!“

      „Also?“ Francesco schaute in die Runde.

      „Also was?“ fragte Heaven.

      „Wer kommt mit mir?“

      „Was?“ Die junge Frau lachte einmal heiser auf. „Mit ihnen gehen und all die wunderschönen Erlebnisse hier zurücklassen? All die Herausforderungen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, die herrlichen Landschaften, die wundervollen Bauwerke, das prachtvolle Wetter? All meine Freunde zurücklassen, alle meine liebgewonnen Routinen und meinen geregelten Tagesablauf...?“ Sie lachte noch einmal und schüttelte tatsächlich den Kopf.

      „Aber Heaven…!“ Horror sah sie beinahe entgeistert an. „Heißt das, du willst nicht gehen?“

      Die junge Frau schaute ihn einen langen Moment stumm und ausdruckslos an und tatsächlich herrschte für diese Zeit totale Stille, weil alle auf Heavens Antwort warteten. Dann atmete sie einmal tief durch und zog dabei ihre Augenbrauen in die Höhe. Ihr Gesicht wirkte in diesem Moment unglaublich müde, schwach und ausgelaugt. Als sie dann ihren Mund öffnete, schloss sie dabei die Augen. „Bin ich bekloppt, oder was?“ Als sie ihre Augen wieder öffnete, verzog sie ihre Mundwinkel, verdrehte die Augen und lächelte wirklich belustigt.

      Und irgendwie schien das alle anzustecken, denn urplötzlich wurden alle wieder locker und lachten und grinsten ebenfalls.

      Für wenige Augenblicke herrschte eine gelöste Stimmung.

      „Okay!“ Francesco nickte zufrieden. „Dann wollen wir jetzt keine Zeit mehr verlieren!“

      „Ladys first?“ fragte Francesco, nachdem sie den Strom umrundet hatten.

      Das Bild hier war kaum anders, als auf der Vorderseite. Es gab nur einen kleinen Unterschied. In der Mitte des Stroms war ein schmaler Streifen von vielleicht drei Metern Breite zu sehen, in dem – im Gegensatz zu dem Rest – das Licht nicht von oben in langen Fäden herabtropfte, sondern genau umgekehrt aus dem Boden heraus in den Himmel floss.

      Heaven schaute ihn beinahe entgeistert an. „Sie sind wohl bescheuert? Ich geh da nicht zuerst rein!“ Dabei schaute sie die Lichtsäule in einer Mischung aus Argwohn und Angst an.

      Anstatt ihre Antwort zu rügen, lachte der Alte einmal fröhlich auf. „War nur ein Scherz!“ Er wartete, bis Heaven ihn ansah und einmal brummte, dann fügte er hinzu. „Ich gehe zuerst!“

      Ohne auf eine Reaktion der anderen zu warten, trat er – Christopher noch immer geschultert – direkt vor den Strom. Dort blieb er einen Moment reglos stehen, dann hob er den Kopf und schaute mit einem tiefen Atemzug direkt nach oben. „Trödelt nicht rum, damit wir zusammenbleiben, okay?“ Er senkte seinen Kopf wieder und machte dann einen Schritt nach vorn. Als er den Strom aus Licht berührte, verlangsamte sich seine Vorwärtsbewegung und ein merkwürdiges Blubbern war zu hören. Dann war sein Oberkörper komplett von Licht umgeben und noch während er sein linkes Bein nachzog, hob er bereits vom Boden ab.

      Ein leises Raunen in der Gruppe war zu hören. Francescos Konturen verschwammen immer mehr und nach wenigen Augenblicken war er bereits so hoch, dass man nur noch einen dunklen Fleck in der Lichtsäule erkennen konnte.

      „Na, dann los!“ Douglas trat mit einem freudlosen Grinsen vor den Strom und schaute zu Cynthia neben sich. Die nickte ihm zu und ergriff seine Hand fester. Dann traten sie gemeinsam nach vorn.

      Douglas hatte sofort das Gefühl, als würde er tatsächlich in eine zähflüssige Masse, wie Sirup, eintauchen. Sie fühlte sich warm an und roch ein wenig nach Zitrone. Außerdem fühlte sie sich feucht an. Er spürte, wie sie sich um seinen ganzen Körper legte und irgendwie hatte er plötzlich Angst, sie würde an ihm festkleben und in seine Körperöffnungen fließen. Tatsächlich geschah auch genau das und so schnell, dass Douglas gar nicht richtig reagieren konnte. Er spürte nur, wie die Masse plötzlich in seine Nase rann und ihm war sofort klar, dass sie sie verstopfen würde. Sein Körper zuckte mehrmals, erzitterte einmal, dann riss er seinen Mund auf, um nach Atem zu ringen, nur um einen ganzen Schwall Sirup darin zu spüren, der ihn augenblicklich komplett ausfüllte und seine Luftröhre hinab in seine Lungen floss. Douglas spürte Panik aufkommen, doch gleichzeitig sank das Gefühl, um jeden Preis Atem holen zu müssen rapide und zwar aus dem einfachen Grund, weil er bereits Atem holte. Es bedurfte zwar etwas mehr Kraft dazu, als sonst, doch offensichtlich bekam sein Körper genug Sauerstoff, um zu überleben.

      Erstaunt blickte er zu Cynthia, der er ansehen konnte, dass sie ähnliche Probleme gehabt hatte, wie er selbst, jetzt aber erleichtert und zugleich beeindruckt aussah.

      Douglas brauchte einige Atemzüge, um sich an die veränderten Verhältnisse zu gewöhnen, dann schwand seine Nervosität und sein Puls sank auf Normalmaß zurück. Das klamme, fremdartige Gefühl jedoch blieb und sorgte dafür, dass es Douglas stets unangenehm war.

      Einen Augenblick später bemerkte er, dass die Umgebung merklich dunkler wurde, doch er glaubte außerhalb des Stroms Wolken zu erkennen, die diese Veränderung verursachten.

      Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gefasst, da blitzte es unerwartet grell um sie herum auf, nur um sofort wieder dunkel zu werden. In den nächsten Sekunden blieb dieses Wechselspiel aus Licht und Schatten, bis sie schließlich die dicke Wolkenschicht durchstoßen hatten. Das geschah so schnell, dass Douglas sicher war, dass sie ordentlich an Geschwindigkeit zugelegt hatten. Irgendwo in der Ferne gab es einen grell leuchtenden Punkt: Die heiß brennende Höllensonne! Sie zogen immer schneller daran vorbei, bis schließlich über ihnen ein unglaublich intensives rotes Licht erschien, in das sie geradewegs hineinschossen.

      Urplötzlich gab es nichts mehr um sie herum, als dieses Licht, ja Douglas war nicht einmal in der Lage, Cynthia neben sich zu erkennen, konnte auch seine eigenen Gliedmaßen nicht mehr sehen und war sich urplötzlich nicht mal mehr sicher, ob er überhaupt noch einen Körper besaß.

      Mit einem Male endete der Zug nach oben abrupt und Douglas merkte, wie er hinten über fiel. Der Aufprall jedoch war keineswegs hart, sondern so sanft, dass er beinahe kaum zu spüren war.

      Dann trat absolute Ruhe ein. Keine Bewegung, keine Geräusche.

      Und nur einen Augenblick später umhüllte ihn das wohl grellste Licht, dass er je gesehen hatte, doch bevor es unangenehm werden konnte, erlosch es auch schon wieder und Douglas konnte klar sehen.

      Und das erste, das er wahrnahm, war seine Frau Cynthia, die sich direkt neben ihm befand und ihn ebenso irritiert anschaute, wie er sie. Dann zuckte beider Blick nach rechts, wo sie Francesco erkennen konnten. Der Alte stand auf seinen Beinen, wirkte absolut entspannt. Christophers toter Körper lag neben ihm, obwohl schweben wohl der bessere Begriff zu sein schien, denn er befand sich etwa in Hüfthöhe und eine Art Bahre oder so etwas, worauf er hätte liegen können, war nicht zu sehen.

      Überhaupt war neben Cynthia, dem Alten und Christopher überhaupt nichts Weiteres hier zu erkennen. Alles war in einem absolut reinen, strahlenden Weiß gehalten,