rechts eine Neubauruine – ein Bunker? Wo war das Zentrum der Stadt?
Dass er einmal als Kind in Potsdam wohnte, hatte er vergessen. Er flog zurück und bat um Bedenkzeit.
Die Position als Polizeichef wäre auch in Bochum möglich gewesen, dort hätte er einen großen Präsidialbereich gehabt, aber er wollte nicht zurück, mit dem Ruhrgebiet hatte er abgeschlossen.
"Als meine Kinder anfingen Ruhrgebietsdeutsch zu sprechen, Umzug ins Rheinland."
Wie geht Ruhrgebietsdeutsch?
„Wem is dat Mopped an die Tür…Wo gehste…In Kino… Das ist kein Dialekt, das ist komplette Verballhornung der Sprache, hängt damit zusammen, dass während der letzten Jahrhundertwende, also der vorletzten, viele Polen ins Ruhrgebiet kamen und natürlich nicht richtig Deutsch sprachen, deswegen auch die vielen polnischen Namen da. Jedenfalls habe ich lange überlegt wegen Potsdam und dann sagte ich zu, nahm es als Herausforderung.“
Bis zu seiner Pensionierung war er also Leitender Polizeidirektor der Stadt und einiger umliegender Landkreise. Als CDU-Mitglied wurde er 2008 zum Stadtverordneten gewählt. Drei Jahre später trat er aus der Partei aus.
Pressemitteilung im Februar 2011. „Nach längeren internen Diskussionen und unterschiedlichen Bewertungen von Sachfragen haben sich die CDU-Stadtverordneten Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius von der CDU-Stadtfraktion aus sachlichen und persönlichen Gründen getrennt. Über die Details wollen Schultheiß und Cornelius keine Angaben machen. Wer jedoch die Ereignisse in der Fraktion während der letzten 14 Monate verfolgt hat, für den ist die Trennung nur der logische Schluss einer langen Reihe von Vorkommnissen. Schultheiß und Cornelius bilden nunmehr eine eigene Gruppe in der Stadtverordnetenversammlung mit dem Namen Potsdamer Demokraten. Vorsitzender der Gruppe ist Peter Schultheiß.
„Zufällig sind die Farben unseres Logos auf der Visitenkarte blau weiß rot geworden. Der Kreis bedeutet, wir sind eine Gemeinschaft, aber offen, und unten diese beiden Punkte, das sind mein Partner Cornelius und ich." Schultheiß ist der der Rote.
Er wurde 1942 in Chemnitz geboren. Sein Vater, Jahrgang 1903, trat in die KPD ein, (gleich nach dem 1. Weltkrieg) und schrieb dann für ein kommunistisches Blatt nebenbei. Als kaufmännischer Angestellter schrieb er 1933 weiter, verteilte die Zeitung, wurde erwischt, bekam fünf Jahre Zuchthaus. Die hat er auch abgesessen in Waldheim in Sachsen.
1939 war die Frage, kommt er raus oder ins KZ. Und da handelte der Vater das erste Mal in seinem Leben gegen seine Überzeugung. Vor der Entlassung wurde er der Gestapo vorgeführt und grüßte mit Heil Hitler. Darüber ist er sein Leben lang nicht hinweggekommen, je älter er wurde, desto mehr litt er darunter. Er kam nicht ins KZ, sondern zum Strafbataillon 999, wo die Vorbestraften hinkamen, weil die aber Waffen trugen und die Nazis sagten, Kommunisten seien nicht wehrwürdig, kam er zur Organisation Todt. Das waren Bausoldaten, wie es sie in der DDR auch gab, gelangte nach Frankreich und nahm gleich Verbindung zur Resistance auf, schon im Zuchthaus hatte er französisch gelernt.
1945. Sie hatten Glück, das Haus in Chemnitz stand noch, der Vater kehrte zurück und auch der Bruder war unversehrt. Peter war da drei Jahre alt, der Bruder 21, hatte den Einsatz an der Westfront hinter sich. Dort hatten sie gesagt, 'schert euch alle nach Hause'. Also ist der Bruder quer durch Deutschland gelaufen. Viele waren ausgebombt, so auch Horst Sindermann. [1915-1990, Vorsitzender des Ministerrates der DDR und Präsident der Volkskammer.] „Der hat also bei uns gewohnt. Dann ist Sindermann nach Dresden gegangen, um dort die KPD aufzubauen, hat meinen Bruder mitgenommen, der so in diese Schiene rutschte. Also kurzum, dass ich den roten Punkt bekam, ist so überraschend nicht.“
Der Rest der Familie zog nach Potsdam. Der Vater war im Innenministerium für die Versorgung der Bevölkerung zuständig, das war 1947/48, dann weiter nach Finow ins Stahlwerk, dort wurde klein Peter eingeschult. Er kann sich nun erinnern, auch an die Zeit in Chemnitz. Da hatte einmal die Mutter, als er frech war, gesagt: Ich bring dich zur Polizei. „Sie ist wirklich mit mir losgegangen, und ich habe Zeter und Mordio gebrüllt. Meine Mutter wollte es später nicht mehr wahrhaben, aber ich wusste es, denn ich hatte furchtbare Angst.“ „Interessant“, sage ich. „Was?“ „Dass du Polizist geworden bist.“ Ach ja. Er lacht. „Warum von Potsdam nach Finow?“ „Mein Vater kriegte Schwierigkeiten mit der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes), das hing mit der ganzen Denke zusammen. Die Gruppe Ulbricht, aus Moskau zurückgekehrt, hatte die Maßregel ausgegeben, dass eigentlich in Nazideutschland kein guter Kommunist überlebt haben kann, also mussten alle ihre Berichte schreiben. Darüber hat sich mein Vater furchtbar aufgeregt, ist in Opposition zur SED und deswegen zur VVN gegangen.“ Die Mutter ist vor Wut ausgetreten, sie war einfache Arbeiterin, hat aber bis zum Schluss KPD gewählt im Westen später, obwohl man alles wusste, angefangen bei den Verbrechen von Stalin. Sie sagte zum Sohn: "Du musst das verstehen, als Papa damals im Zuchthaus saß, da kam die Rote Hilfe, eine Unterorganisation der Kommunisten, und die haben einmal zu Weihnachten zehn Mark gebracht. Die waren die einzigen, die sich gekümmert haben."
Von Finow nach Freital, da war auch ein Stahlwerk, dort war der Vater kaufmännischer Direktor, aber es wurde immer schlimmer. So hatte sich der Mann den Kommunismus nicht vorgestellt. „Ostern 1953, also noch vor dem Aufstand, ist er mit mir nach Ostberlin gefahren zu meinem Bruder, um ihm zu sagen, dass wir abhauen werden. Mein Bruder war verheiratet, gelernter Schriftsetzer und nun Redakteur beim ND. Ich lag im Bett, mein Vater und mein Bruder haben die ganze Nacht diskutiert. Am nächsten Tag sind wir rüber nach Westberlin. Meine Mutter blieb noch und hat alles, was möglich war, verkauft. Wir waren im Flüchtlingslager in der Herrmannstraße, ein umgebauter Flugzeughangar, Betten in drei Etagen. Mein Bruder hat sich von der Familie losgesagt, er wurde trotzdem strafversetzt nach Bukarest. Seine Frau hat die ganze Zeit Kontakt mit uns gehalten.“
Peter Schultheiß wurde Polizist. Und nach 30 Jahren Dienst im Westen war er 1991 nach Potsdam gekommen. Seine Stationen im Westen waren: Bochum, dann Dortmund, wo er unter anderem für das Westfalenstadion zuständig war (in der Jugend selbst Fußball gespielt) und zuletzt Bad Godesberg bei Bonn.
Das spektakulärste Jahr als Leitender Polizeidirektor in Potsdam war wohl 1996. Er schlüpfte in die Rolle eines Kunsthändlers mit Interesse am Bernsteinzimmer-Mosaik. Er spürte auf dem ‚grauen Markt‘ einem Caspar-David-Friedrich-Bild nach. Er bewegte Hundertschaften von Polizisten auf der Suche nach dem entführten Matthias Hintze. Er ließ in Potsdam die besetzten Häuser räumen. Nun arbeitet er als Demokrat. Wenn dem nicht so wäre und seine Partnerin Hannelore, die unbedingt in Potsdam bleiben möchte, würde Peter Schultheiß vielleicht nach Andalusien auswandern.
Manfred, zeichnen Sie doch mal eine Wendeltreppe von unten
Manfred Butzmann, *1942
Es war die Deutschlehrerin in der Bornimer Grundschule, die zu den Eltern von Manfred Butzmann sagte: "Der muss aber Abitur machen, damit er später mal Kunst studieren kann.“
Vorgesehen war das nicht. Der Vater war Briefträger, da wäre es normal, dass der Junge einen 'ordentlichen' Beruf erlernt und Geld verdient. Aber auch der Vater war aufmerksam geworden, denn Manfred zeichnete immerzu. Das Abitur absolvierte er an der Helmholtz-Oberschule, wo auch die in Potsdam bekannte Kunstlehrerin und Malerin Suse Ahlgrimm unterrichtete.
Er bewarb sich an der Kunsthochschule Weißensee. Die Aufnahmeprüfung dauerte eine Woche. Das war 1961 kurz vor dem Mauerbau. Der Potsdamer fuhr mit der S-Bahn durch Westberlin. Alle Studenten mussten sich verpflichten, in WB nicht ins Kino zu gehen.
Ein Westprofessor gab den Bewerbern je ein Stück Draht, zwei dünne Holzstücke „und noch irgendwas“. Sie hatten acht Stunden Zeit, daraus etwas zu machen. Einige bastelten naturalistisch. Einer einen Galgen mit der Beschriftung Wenn ich die Prüfung nicht bestehe…, ansonsten waren die Aufgaben zum Beispiel ein Stilleben und die Illustrierung der Nationalhymne.
Auf meine Bemerkung hin, dass man heute zur Bewerbung nur eine Mappe einreichen müsse (wobei