Jörgen Dingler

Oskar trifft die Schwiegermutter


Скачать книгу

aus einem grellen Lichtblitz, einer unbeschreiblichen Wucht, die den Vorraum in Schallgeschwindigkeit durchflutete und einem überraschend aushaltbaren, weil dumpfen Knall zusammensetzte. Es war mehr der Druck, der die Ohren belastete, als der Klang. Der Sound klang nicht mal ‚gefährlich‘, schon gar nicht tödlich – wie ein extragroßer, kräftiger, basslastiger Silvesterkracher. Zudem hörten sie ihn nicht zum ersten Mal. Dennoch würden sie diesen Ton niemals in ihrem Leben vergessen. Niemals.

      Weniger aushaltbar war das, was die einige Meter entfernt Stehende erkennen konnte, bevor Reflexe ihre Augen schlossen und sie an die Wand gedrückt wurde: umherwirbelnde Körperteile.

      Noch weniger aushaltbar war dieses Szenario für diejenige, deren Körperteile umherwirbelten. Die, die am Explosionsherd gestanden hatte.

      Es war vorbei. War es vorbei? Die junge Frau ganz in Schwarz stützte sich auf alle Viere – Katze. Ihre schwarze, nun zerzauste Pagenkopfperücke mit der roten Haarsträhne bedeckte doch tatsächlich noch ihre zusammengesteckten echten Haare. Die Perücke wiederum war vom Staub der zerborstenen Wand bedeckt. Ihr Gesicht mit der geschwärzten Augenpartie war von Staub und Blutspritzern übersät. Ihre Ohren dröhnten – Tinnitus. Hören war also keine Option. Sehen, sie musste sehen! Sie öffnete vorsichtig ihre Augen. Es war dunkel. Nicht nur, dass die heruntergelassenen Metallzwischenwände das Licht aus dem Inneren abschirmten (das taten sie schon vor der Explosion), war nun auch jede Außenbeleuchtung erloschen, die zuvor durch die gläserne Seite des Vorraums geschienen hatte. Diese Glasfläche war nach wie vor intakt, was auf Panzerglas – zumindest dünneres – schließen ließ. Auch innen war alles dunkel… und scheinbar unbelebt, wie das Loch in der Mauer erkennen ließ. Die Explosion hätte Bewohner des Hauses auf den Plan gerufen.

      Sie lebte noch… und griff nach ihrem Multifunktionsgürtel, drückte mehrfach hintereinander auf den Knopf in der Mitte der Schnalle, drückte geradezu verzweifelt das Funksignal, auf das hin der Helikopter sie einsammeln sollte. Dann fingerte sie in Richtung der Stablampe.

      Die andere musste tot sein, keine Frage. Zum ersten Mal seit vielen Jahren zitterten ihre Finger. Zuletzt hatten ihre Finger gezittert, als ihr Vater von ihr erwartet hatte, dass sie das einstudierte Trapezkunststück bei der Generalprobe schaffen sollte. Davor hatte sie nicht einmal gezittert, als ihr Vater sie und ihre Schwester zum ersten Mal ganz mit nach oben genommen hatte. Da waren sie gerade mal sechs. Im Gegenteil – sie hatte sich sogar darauf gefreut. Aber jetzt zitterte sie wieder.

      Ihre Finger zerrten die Stablampe aus dem Gürtel – neue Technologie, LEDs. Sie schaltete sie ein. Nun zitterte sie erst recht.

       Sie muss tot sein!

      Ihre Schwester musste tot sein. Körperteile waren durch den Raum geflogen, große Körperteile. Es hatte ihre Schwester in Stücke gerissen.

      Das Rauschen in ihren Ohren ließ nach, das bislang vom Tinnitus übertönte Stöhnen wurde hörbar. Sie richtete ihre Stablampe in die Richtung, aus der sie die Laute vernahm, und robbte dort hin.

      Auf dem Boden lag ein blutendes Etwas, das mal ihre Schwester war. Sie ließ den Strahl der Stablampe flink und angstvoll über den am Boden liegenden Körper huschen. Und sie war weißgott nicht ängstlich. Der Körper war nicht mehr intakt, richtiger wäre: nicht mehr ganz.

      Nun wusste sie, dass sie in Sekundenbruchteilen richtig gesehen hatte. Bei der Explosion war nicht nur ein Arm, sondern auch ein Bein durch den Raum geflogen. Aber das war nicht alles. Die auf dem Boden liegenden Überreste dessen, was noch vor wenigen Minuten ihre geliebte, genau wie sie wunderschöne Schwester war, waren offensichtlich allem beraubt, was sich auf der Seite befunden hatte, die der Explosion näher war. Außer einem blutenden Stumpf unterhalb der rechten Schulter und der Entsprechung unterhalb des rechten Hüftgelenks, war auch die rechte Gesichtshälfte ein dunkler, blutiger Brei. Die schwarze Pagenkopfperücke mit der blauen Strähne hatte es ihr vom Kopf gerissen – wie ihre richtigen Haare, von denen nurmehr schwarze, verbrannte Stoppeln zeugten. Hätte sie nicht den Kopf nach links, also in der Kürze der Zeit so weit wie möglich von der Explosion fortgerissen, wäre hier kein Kopf mehr gewesen. Kaum zu glauben, dass dieses Horrorszenario trotzdem das unter diesen Umständen bestmögliche, nur mit unglaublichen Reflexen Erreichbare war.

      Das blutige, staubige, verstümmelte Etwas sah das naturgemäß nicht so. Den ebenfalls zerrissenen Lippen entwich in diesem Moment mehr als nur ein Stöhnen. Ein leises, kaum zu verstehendes

      »Töte mich.«

      Dieses Etwas, das auf dem Boden lag, und einmal ihre Schwester war…

      … war immer noch ihre Schwester.

      Weil es lebte.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCA6VCWADASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwDx6iii vWOEKKKKACiiigAooooAKKKKACiiloAMUUUUgCiiigAooooAKKKKAFpKKWgBKKWkoAKWjvRQAU5U LH2oRCetTAY6VpGNzSEL6sAAOBS0UVobhRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQAUUUUAF FFFABRRRQAUUUUAFFFFABRRRQA