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Tora!Tora!Tora!


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bin grundsätzlich ganz davon angetan. Zwar, äh...hatten Sie Pech in der Prüfung, wie ich annehme...", er sah ihn erwartungsvoll fragend an, was Robert mit dem geforderten Nicken bejahte, "aber ihre Auslandsaufenthalte und vor allem ihre außerstudentischen Aktivitäten haben doch mein Interesse geweckt. Sie waren in mehreren Theatergruppen aktiv?"

      Rober stutzte etwas. Er hatte diese erfundene Angabe in seinen Lebenslauf eingefügt, um ein etwas orgininelles Hobby anzugeben. Er hatte nie damit gerechnet, in einem Bewerbungsgespräch darauf angesprochen zu werden.

      "Das stimmt."

      "Ja. Mein Sohn war ebenfalls in dieser Richtung engagiert, ich habe ihm nie abgeraten. Als Anwalt muß man ja auch oft ein guter Schauspieler sein."

      Sie lachten beide dezent. Robert etwas dezenter.

      "Er hat sich dann ebenfalls der Jurisprudenz zugewandt, alles andere machte keinen Sinn. Er hatte einfach keine besonders ausgeprägten Fähigkeiten.“

      Kaiser stand auf, stellte sich an das Fenster zu seiner Rechten und sah hinaus.

      „Sehen Sie, er hatte zum Beispiel keinerlei Begabung für Naturwissenschaften. Mit der Geisteswissenschaft ist ja beruflich nichts zu erreichen und von Wirtschaft versteht er nun wirklich nichts. Gut, ein wenig wird er da noch aufholen, aber da kann er sich durchbeißen, und zuviel wird man auf dem Gebiet in der Juristerei von ihm nicht erwarten, denn grundsätzlich, Sie wissen ja, judex non calculat."

      Wieder lachten beide.

      "Das gilt natürlich nur, wenn man sich nicht wie wir auf Wirtschaftsrecht spezialisiert hat.“

      Er sah Robert direkt an.

      „Hm, ihr Vater war im Umweltamt der Stadt Bonn tätig, ich kann mich an die Jammerei einiger Kollegen erinnern, haha, er war wohl gut in seinem Bereich, nicht wahr?"

      "Soweit ich es beurteilen kann, ja."

      "Gut, gut, aber Sie auch in die Behörde, das wäre dann doch zuviel der Tradition gewesen, oder?"

      "Wahrscheinlich. Ich glaube, es wäre auch gegangen, aber man sollte doch etwas mehr eigene Wege gehen, das gleiche Studium reicht schon. Man will ja nicht zum ewigen Sohn mutieren."

      Da war es heraus, er hätte sich die Zunge abbeißen können, aber Kaiser schien die Brisanz überhören zu wollen, die angesichts der Kaiserschen Juristendynastie eigentlich offensichtlich war. Aber er blickte nicht einmal von Roberts Unterlagen auf.

      "Und Frau Happel war tatsächlich ihre Geschichtslehrerin. So ein Zufall, eine gute Bekannte von uns. Mir geht es prinzipiell wie ihrem Mann: Ich habe mich immer gefragt, wie sie in ihrem Unterricht auftritt. Da sieht man eine Frau bei Einladungen, bei allen möglichen Anlässen gehobenerer Art, und dann erst macht man sich klar, dass sie sich alltäglich dem Stress in der Schule aussetzt. Verzeihen Sie meine Direktheit, aber jemand wie Frau Happel ist, obwohl ich keinesfalls an ihren pädagogischen Fähigkeiten zweifle, viel zu schade für diesen Beruf. Auch ihr Mann hätte ihr das gerne erspart, aber sie kennen ja ihren Dickschädel."

      "Ja, allerdings."

      Diese Bekanntschaft war ihm vollkommen unbekannt gewesen. Frau Happel tauchte auch nur einmal kurz in einem Zeugnis zu einem besonderen Schulprojekt auf. Man konnte Kaiser zumindest nicht nachsagen, dass er Bewerbungsunterlagen nicht lesen würde.

      „Na gut. Herr Maas, um es kurz zu machen: Ich kann mir vorstellen, Ihnen zunächst einen befristeten Teilzeitvertrag zu geben. Sehen Sie sich die Konditionen einmal in Ruhe an, sie sind auch ein wenig projektabhängig. Wenn das für Sie passt, sehe ich Sie erst einmal in der Rolle, für uns Zuarbeit zu erledigen in Bereichen, die sich nicht so stark in unserem Fokus befinden. Wenn das gut läuft, kann eventuell mehr daraus werden.

      "Das wäre großartig für mich."

      "Dann sehen wir uns Montag in acht Tagen wieder hier. Ich werde ihnen dann meinen Mitarbeiter Severin Luven vorstellen, er wird sie einarbeiten.“

      Sie gaben sich noch einmal die Hand. Kaiser schenkte ihm ein warmes Lächeln.

      „Herr Maas, auf eine gute Zusammenarbeit."

      Und damit ging es los.

      Guido sah noch einmal überall nach dem Rechten, bevor die Gäste kamen.

      Frank und Martin mussten gleich mit ihren Familien hier sein und sie würden das erste schöne Maiwochenende mit einem Familienkaffee begehen, so wie jedes Jahr. Ihre traditionellen Treffen fanden immer reihum im Wechsel statt, aber bei gutem Wetter war es bei Guido am schönsten, wie auch er selber zugeben musste. Sein altes Fachwerkhaus am Ortsrand von Schalksmühle im nordwestlichen Sauerland befand sich an einem kleinen Bachlauf auf einer Landzunge und war dadurch fast überall von Wasser umgeben. Das Haus war nicht besonders groß, aber für Guido, seine Frau und die Kinder Anton und Pia vollkommen ausreichend. Er hatte den damals heruntergekommenen Bau als junger Mann günstig gekauft und seine Familie fühlte sich hier einfach pudelwohl. Sie hatten daher auch nicht viel verändert, nur ein wenig modernisiert - nicht zuletzt die Elektrik.

      Die Kaffeetafel war schon gedeckt, seine Frau und die Kinder machten sich im Haus fertig. Da schellte es auch schon und Frank, Sibylle und ihre beiden Töchter kamen herein. Die Mädchen verstanden sich gut mit Anton und Pia und verschwanden sofort zu den Kinderzimmern.

      Sie umarmten sich und kamen wie immer direkt ins Erzählen. Frank und Sybille war vor ein paar Wochen eine verletzte Brieftauben zugeflogen. Sie hatten dem Besitzer sofort Bescheid gesagt, die Telefonnummer war ja an den Beinringen angebracht, was sie bis dahin aber auch nicht gewusst hatten. Der Züchter konnte aber erst am Abend des nächsten Tages und dummerweise hatten die Mädchen im Internet gegoogelt, was in solchen Fällen passiert: Anscheinend drehten viele Züchter den mit der Verletzung nutzlosen Tauben direkt den Hals um und die Mädchen - und Sybille - hatten furchtbare Angst gehabt, dass die Hinrichtung noch auf ihrem Grundstück (oder auf dem Bürgersteig? Im Auto?) erfolgen würde. Aber alles war gut ausgegangen, der Züchter hatte die Taube abgeholt und wollte sehen, ob sie sich wieder berappelte. Er hatte Ihnen eine Flasche Wein dagelassen und wirkte sehr freundlich.

      Dann waren auch Martin und Petra mit Susanne im Schlepptau da und sie fingen an.

      Als sie fertig waren, gingen die Kinder an die Tischtennisplatte hinter dem Haus, die Frauen blieben sitzen und rauchten leichte Zigaretten. Martin, Frank und Guido setzten sich an einen kleinen Tisch, der etwas abseits des Hauses direkt am Ufer des Baches stand. Mit drei eiskalten Warsteinern stießen sie an. Guido schlug seinen Notizblock auf und drückte seinen Kugelschreiber.

      "Wer fängt an?"

      "Ich wüsste gern, was ein neuer Schalter mit Kettenprozessor kosten darf", sagte Martin.

      "Nicht mehr als dreißig."

      "Mehr nicht?"

      "Ne, lass mal sein, sonst werden die aufmerksam. Unter 30 ist gut."

      "Und mindestens?"

      "18, außer Sonderfälle."

      "Gut. Was ist mit den Hardcoresteckern?"

      "45 - 50. Unter 500 Stück."

      "Okay."

      Sie machten noch eine halbe Stunde weiter. Dann holte Guido neues Bier. Er selbst wechselte auf Apfelsaft, weil er noch fahren musste.

      "Sonst alles wie gehabt?

      Die anderen nickten.

      "Super. Lass uns mal mit den Frauen besprechen, ob wir nächstes Wochenende bei dem neuen Thailänder essen gehen wollen."

      Auch das war schnell erledigt. Nach einer weiteren Stunde verabschiedete sich Guido und überließ seiner Frau die Gastgeberrolle, weil er noch kurz ins Büro musste. Er fuhr durch das gemütliche Schalksmühle mit seinen 10.000 Einwohnern und zwei Apotheken, bis er zu dem Gewerbegebiet auf der anderen Seite kam. Das zentrale Vollert-Werk baute sich nach der alten Papiermühle vor ihm auf, und er war immer noch beeindruckt wie an dem Tag, an dem er es eingeweiht hatte. Auch wenn die Vollert-Holding mittlerweile 17 Standorte