H. Loof

kleine Ewigkeit


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aufwies. Das Schwert in seiner rechten Hand war von minderer Qualität und augenscheinlich schon häufig verwendet worden. Mit einem Hieb ihres rechten Schwertes griff Amber an und als die beiden Klingen aufeinanderprallten, breitete sich eine Welle des Schmerzes aus ihrer verletzten Hand in den rechten Arm aus. Sie wich unwillkürlich zurück und ihr Gegner setzte gleich nach. Er hatte wohl bemerkt, dass Amber Probleme mit ihrer rechten Hand hatte. Den Schwertstreich des Kirchenkriegers parierte Amber mit ihrer Klinge in der Linken, drehte sich um die eigene Achse und hieb mit einem kräftigen Schwinger die Schwerthand ihres Gegners kurz über dem Handgelenk ab. Scheppernd viel die Waffe des Kirchenkriegers auf den Boden. Amber konzentrierte sich aber immer noch auf ihren Gegner und schlug den nun Wehrlosen den noch unverletzten linken Arm kurz unter dem Ellenbogen ab und stach ihm ins rechte Bein. Danach machte sie eine paar Schritte zurück und schaute dem Mann beim langsamen Sterben zu. Es war ein wirklich grässlicher Anblick wie der Verletzte jammerte und verzweifelt versuchte die Blutungen zu stillen, was aber ohne Hände unmöglich war. Selbst das Gegendrücken der Armstümpfe gegen die Wand hatte nur den Erfolg, dass diese immer mehr einem expressionistischen Bild glich. Mit der Zeit wurde der Kirchenkrieger immer schlapper und sackte schließlich mit den Rücken an der Wand zu Boden. Er schaute Amber mit seinen glasigen Augen an, aber kein Laut drang über seine Lippen. Erst als Amber sich ganz sicher war, dass ihr Gegner Tod war, löste sie ihren kalten Blick von der grausigen Szene und verließ den Raum, um sich weiter im Haus umzusehen.

      ***

      Die blauen, leeren Augen aus dem fast rechtwinkelig abgeknickten Kopf des kleinen Mädchens waren gen Himmel gerichtet. Der Sturz aus dem Fenster hatte ihr einen schnellen Tod beschieden. Amber beugte sich über den kleinen Körper und hob das tote Mädchen vorsichtig auf. Der fast schon unterernährte Körper war so leicht, dass Amber das Gewicht kaum spürte. Traurig machte sie sich auf den Weg ins Bauernhaus und legte sie neben ihrer toten Mutter aufs Bett.

      Noch lange stand Amber davor und starrte auf die Leichen. Es sah aus, als ob die Beiden friedlich schliefen, nur taten sie es eben nicht und dieser Tatsache war sich Amber nur zu bewusst. Noch nicht einmal die Namen der Beiden kannte sie. Trotzdem Amber schon lange ihren Glauben verloren hatte, sprach sie ein Gebet für sie und fügte in Gedanken noch ein Versprechen hinzu, die Verantwortlichen dafür zu bestrafen. Die beiden Gardisten, die im oberen Stock mit ihrem Blut den Boden rot gefärbt hatten, haben zwar die Taten begangen und mussten schon dafür bezahlen, aber das reichte Amber nicht. Sie hatte den unwiderstehlichen Wunsch, dass auch die Auftraggeber büßen sollen.

      Doch bevor Amber sich darauf konzentrieren konnte, musste sie erst mal Kerwin finden und vor allem musste sie überleben. Die beiden Gardisten würden bald vermisst werden und wenn ihre Widersacher die Leichen mit den aufgeschlitzten Leibern finden, würden sie sich denken können, was hier passiert war.

      Erstes Zwischenspiel

      Er hasste dieses Wetter. Schon immer hatte Kilian eine Aversion gegen Kälte und dies war ein Tag der wahrlich kalt war. In dicke Umhänge gehüllt saß er auf dem offenen Schlitten, fror und hoffte, dass die Reise bald zu Ende war. Am Horizont waren die Türme von Steterburg zu sehen, aber der Weg war noch weit und es wird wohl noch bis zum Abend dauern, bis sie endlich ankommen. Der Kutscher kannte Kilian gut und so trieb er die Zugtiere auch bis zum Äußersten an. Aber Ratten hatten mit dem Schnee so ihre Probleme und auch wenn der Kutscher sein Bestes probierte, würden sie dennoch nicht viel früher ankommen.

      In der Zwischenzeit grübelte Kilian über die Situation nach. Die Nachricht vom Tod Gideons hatte ihn in Neu Braunschweig erreicht und er als ranghöchster Vertreter der EINZIG WAHREN KIRCHE in dieser Gegend hatte er nun die Aufgabe zu ermitteln, wie es dazu kommen konnte. Es war schon ein paar Monate her, dass er Gideon persönlich getroffen hatte. Zwar gehörten beide zum inneren Kreis der Kirche. Allerdings war Gideon ein Eigenbrötler gewesen, der immer versucht hatte, sich von den anderen fern zu halten. Im Grunde wusste Kilian nicht allzu viel von Gideon, nur die Besessenheit wegen dem legendären „Dunklen Schatten“ ist ihm in Erinnerung geblieben. Immer wenn mal ein Priester der einzig wahren Kirche umkam oder sonst ein Problem auftauchte, wurde es dieser ominösen Gestalt zugeschrieben. Nach der Meinung von Kilian existierte so ein Jungmensch nicht. Das sollte nicht heißen, dass keiner der Kirche feindlich gesinnt war. Aber eine Person, die über Jahrzehnte der Kirche nachstellte und dabei niemals gefasst werden konnte, passte einfach nicht in seine Vorstellungswelt.

      Eine Schneeflocke landete auf seiner Nase und begann dort langsam zu schmelzen. Es sollte nicht die Einzige bleiben, denn unmittelbar danach fing es heftig an zu schneien. Fluchend zog Kilian seinen Mantel noch enger und rutschte unwillkürlich im Sitz etwas tiefer. Missmutig schaute er zur Seite und fing an rhythmische Verse aufzusagen, um sich in den Zustand der Meditation zu versetzten. So merkte er die Kälte weit weniger.

      ***

      Es war schon dunkel als der Schlitten mit dem Großinspektor des inneren Kreises endlich die Stadt Steterburg erreichte. Selbst für so einen hohen Besuch wurden bei Dunkelheit die schweren Tore nicht wieder geöffnet. Steifgefroren stieg Kilian vom Schlitten und musste sich durch eine kleine Öffnung zwängen, die für solche Fälle vorgesehen war. Empfangen wurde er von einer Person in einer traditionellen braunen Kutte, die auf einen einfachen Priester oder auch niederen Diener der Kirche schließen ließ.

      „Gepriesen sei Gott, dass er sie so schnell in dieser schweren Stunde zu uns geführt hat!“

      Die unterwürfige Begrüßung wurde noch untermalt durch den Kniefall des Kuttenträgers. Gelangweilt hielt Kilian seinem Gegenüber die Hand hin, auf dass dieser seinen Ring küssen konnte.

      „Bitte folgt mir, Sie werden schon erwartet.“, und mit diesen Worten machte der Diener sich daran Kilian durch die Gassen zu den Unterkünften von Gideon zu führen.

      Die Gassen waren zu dieser Stunde menschenleer und Kilian beschlich ein ungutes Gefühl bei den Gedanken, was oder wer in den dunklen Ecken hocken konnte. Die kleine Gruppe aus dem Kirchendiener, Kilian und zwei Leibwachen schritt zügig durch die verlassenen Straßen. Das wenige Licht wurde durch die einzige Fackel erzeugt, die der Diener bei sich trug. Der Schnee ließ die nähere Umgebung trotzdem hell erscheinen. Nur außerhalb des begrenzten Lichtkreises der Fackel war es tiefschwarz und ließ Raum für die wilden Fantasien von Kilian.

      Nach kurzer Zeit hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie standen vor einer großen roten Tür und der Kuttenträger klopfte kräftig dagegen. Es dauerte nicht lange, bis sich die Tür öffnete und ein weiterer Kirchendiener in brauner Kutte ihn willkommen hieß. Es war offensichtlich, dass Kilian hier schon sehnsüchtig erwartet wurde. Im Inneren angekommen, genoss Kilian erstmal die Wärme, bevor er sich daran macht seinen Mantel abzulegen, um ihn einem Diener zu geben. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit dem Kirchenmenschen zu, der ihn hergeführt hatte.

      „Wer kann mir über die Geschehnisse Auskunft geben?“

      „Der ehrwürdige Priester Jaap. Er erwartet sie schon im ehemaligen Arbeitszimmer vom Großinspektor Gideon.“

      Der Kirchendiener deutete an, dass er ihm folgen sollte und ging auch gleich vorweg.

      So schnell geht das. Es ist schon das ehemalige Arbeitszimmer von Gideon und in einer Woche wird es nur noch das Arbeitszimmer sein, dachte Kilian missmutig.

      Er fand es wirklich unangenehm daran erinnert zu werden, dass auch sie sterblich waren. Und zum x-ten Mal nahm er sich vor vorsichtig zu sein. Bisher hatte es auch gut geklappt, schließlich war er einer der ältesten Mitglieder des inneren Zirkels und dieser bestand nur aus Jungmenschen. Viele Mitglieder hatte er schon überlebt und dieser letzte Fall zeigte ihm erneut, dass die ewige Jugend nicht unbedingt das ewige Leben hieß.

      Der Raum, in den Kilian geführt wurde, war für seine Ansprüche ziemlich kärglich eingerichtet. Immerhin hatten die wenigen Möbelstücke Stil. Neben dem verzierten Stuhl stand der Priester in seiner traditionellen Tracht und wirkte sichtlich nervös. Nach der formellen Begrüßung fing er auch gleich an Kilian von dem Vorgefallenen zu berichten, wie eine Frau zu Gideon geführt wurde und diese dann allein im Zimmer mit ihm den Mord begangen hatte. Kilian selber hörte nur am Rande zu und schaute sich gründlich im Zimmer um. Auf dem Boden