Achim Hammelmann

Ich bin jetzt Soldat


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den Empfang Deines lieben Briefes Nr. 5, den ich am 13. erhielt, habe ich Dir noch nicht bestätigt. Ich danke Dir jedenfalls recht recht herzlich dafür. Wie ich schon mitteilte, hab' ich auch die ersten 9 Päckchen erhalten, die anderen sind noch unterwegs. Du bist wirklich zu lieb, daß Du mir so viel schickst, ich freu’ mich ja schon so darauf, besonders auf die Großen Pakete, die ja für meinen Geburtstag bestimmt sind. Hoffentlich kommen sie gerade zur rechten Zeit. Die herrlichen Sachen, Du opferst aber auch die schönsten Sachen für mich. Vorgestern schon erhielt ich Papis liebes Geburtstagspaket, ich hab' mich riesig gefreut.

      Leider hat sich das, was neulich noch Parole war, bewahrheitet. Wir glaubten ja alle nun, wenigstens hier Weihnachten feiern zu können, in unserem schönen Bunker. Doch als Soldat wird man natürlich von hinten und vorn angesch…. Wir werden nun doch abgelöst, und zwar schon morgen. Du kannst Dir denken, daß wir jetzt feste beim Packen und Arbeiten sind. Es ist ein dolles hin und her. Wo wir nun hinkommen, weiß keiner, nicht im Entferntesten. Man hat nur seine 1000 Vermutungen. Es ist ja nur zu wünschen, daß wir es nicht allzu schlecht treffen und wenigstens Weihnachten wieder Ruhe haben. Mein Geburtstag wird dann wohl flach fallen, aber das macht nichts. Der wird nachgeholt, wenn die Pakete kommen. Übrigens geht die Post mit der gleichen Nummer weiter, ich werde Euch auch, wenn es irgend möglich ist, laufend benachrichtigen. Ja, hoffentlich kommen Deine Pakete erst, wenn wir in der neuen Stellung sind, sonst hab' ich gar nicht die Freude daran. Aber es wird schon alles klappen, da hab' ich keine Angst, und der alte Humor wird beibehalten, jetzt erst recht. Drückt nur feste den Daumen!!

      Ja, Ihr müßt schon entschuldigen, es geht alles in Eile, sobald es geht, schreibe ich Euch ausführlicher. Wir können nur von Glück reden, daß, nachdem der einige Tage herrschende starke Frost mit einem tollen Schneetreiben endete, wieder völliges Tauwetter eingetreten ist. Der Schnee ist wieder weg und der Matsch ist wieder da, doch besser als die tolle Kälte. Übrigens werden wir wohl nun auch vollständige Winterkleidung bekommen.

      Ja, so ist der Kommiss, jetzt, wo die Versetzung raus ist, kriegen wir Wein, Schnaps, nebenbei prima Verpflegung, Spiele, Bücher und noch einen großen Sack Kartoffeln. Nun müssen wir alles hierlassen.

      Es ist doch immer dasselbe. Ich bin ja mal gespannt, wie für uns Weihnachten aussieht und wo wir dann sitzen, ganz zu schweigen von meinem Geburtstag; dann werden wir wohl gerade auf dem Transport sein.

      Nun macht Euch um Gotteswillen keine Sorgen um mich, wir wissen ja noch gar nicht, was mit uns geschieht. Die Hauptsache ist erst mal, daß die alten Amerikaner wieder aus Afrika rausgeschmissen werden, die kriegen feste was auf die Hose.

      Hat Opi meinen Geburtstagsbrief rechtzeitig bekommen und hat er fein gefeiert? Ist Rosi bei Euch? Wie geht es Euch denn, lassen Euch die Engländer in Ruhe?

      So, bald werdet Ihr mehr hören, jedenfalls hoffentlich Näheres. Gleich muß ich auf Wache, das letzte mal hier und morgen geht’s ab nach ???

      Laßt Euch alle recht herzlich grüßen von

      Eurem Werner

      Rußland, d. 21.XI.42

      Meine liebe Mutti!

      Ich weiß tatsächlich gar nicht, wie ich anfangen soll, ich bin noch immer ganz benommen von der vielen, vielen Post, die ich in den letzten Tagen empfangen habe. Ja, und es ist alles so wundervoll prompt angekommen. Ich war einfach selig und bin es selbstverständlich auch jetzt noch. Dein lieber Geburtstagsbrief kam genau am 20. an. Alle haben sie so lieb an mich gedacht: der liebe Papi, Opi, Walti!! Tante Else und Rosi. Also, liebe Mutti, ich danke Dir noch einmal recht recht herzlich für die gelungene Überraschung. Ich bin ja so glücklich. Und nun möchtest Du natürlich erfahren, wie ich meinen Geburtstag verlebt habe. Das werde ich Dir genau berichten, jedoch will ich um Euch zu beruhigen schnell einmal erzählen, was wir alles so erlebt haben.

      Ich teilte Euch neulich ja schon mit, daß wir abgelöst worden sind, mitten in der Nacht zum 18. Das war natürlich Mist. Wir mussten noch nachts bei Schneegestöber und starkem Beschuss (der Russe hatte das natürlich spitz bekommen) die Leitungen abbauen. Es war ein tolles Durcheinander. Am nächsten Morgen ging es los. Marschieren, marschieren. Am Abend ging es ins Quartier, u. zwar dort, wo wir damals ausgebildet wurden, bevor wir nach vorn kamen. Am 19. ging es weiter und weiter (rückwärts natürlich, die Schüsse der Front wurden immer leiser) Als wir nun abends in diesem Dorf, in dem wir jetzt noch liegen, ankamen, wurde ich erst mal von einem gewaltigen Stoß Päckchen überrascht. Wir machten es uns gemütlich mit der ganzen Staffel und dann kam, wie gesagt, mein Geburtstag. Ja, was soll ich darüber sagen, wir hatten natürlich den ganzen Tag alle Hände voll zu tun, aber es war doch ein Geburtstag. Man denkt nur an zu Hause und an die vorangegangenen Jahre, wie war es doch immer schön, und wie ist es diesmal gewesen. Aber das macht nichts, ich war doch so unendlich glücklich, daß Ihr alle in der Heimat so lieb an mich gedacht habt.

      Nun sind wir doch aus unserer guten Stellung heraus, es ging wirklich sehr schnell, und kein Mensch weiß, was man so kurz vor Weihnachten mit uns vorhat. Eines steht fest: wir kommen aus dem Nordabschnitt, man redet vom Mittelabschnitt, von Norwegen, Frankreich, Deutschland, und Gott weiß was. Alles Parolen, angesch…. werden wir so und so. Na wir wollen uns überraschen lassen. Wir sind jedenfalls vollkommen entlaust worden, und das hat etwas zu bedeuten. Abwarten!! Wir werden es schon früh genug erfahren. Jetzt hausen wir erstmal mit 20 Mann in einer kleinen Bude, aber es schießt draußen nicht, wenn es auch kalt ist.

      Und meine Überraschung hat zu Deinem Geburtstag geklappt? Das freut mich unendlich, ich wollte mich ja so gern mal ein kleines bisschen revanchieren.

      Ihr hört bald wieder von mir. (Walti u. Opa schreibe ich extra) Indem ich Dir noch einmal recht herzlich für alles Liebe danke, grüße und küsse ich Dich innigst,

      Dein Werner.

      Im Osten, den 26.XI.42.

      Meine liebe Mutti, lieber Walter, u. lieber Opi.

      Ich stehe immer noch unter dem Eindruck Eurer lieben Geburtstagsüberraschungen. Es war wirklich herrlich, all die vielen schönen Pakete und Briefe. Ihr habt mir so eine gewaltige Freude damit gemacht, und ich möchte Euch noch einmal herzlich danken. Die vielen schönen Kuchen und Leckereien, ich werde noch lange daran zutun haben, und es ist jedes mal ein Fest für mich, wenn ich irgendeine Dose von Dir aufmache oder ein Stück Kuchen esse. Ich bin wirklich reichlich beschert worden.

      Und hinzu kommt nun noch Dein lieber Brief Nr. 7, den ich vor 3 Tagen erhielt, und für den ich Dir recht recht herzlich danke. Ihn ausführlich zu beantworten, hab' ich heute leider keine Zeit, denn im Augenblick sind wir schwer in Reisevorbereitungen und das viele Hin-und-her und Durcheinander lässt mich nicht zum Schreiben kommen. Jetzt ist es bereits 12 Uhr und morgen um 5 Uhr früh soll es fortgehen. Ich wollte Dir nur noch schreiben, damit Du nicht in Sorge um mich bist; hoffentlich werde ich bald Gelegenheit haben, ausführlicher schreiben zu können.

      Also, morgen soll’s losgehen, wahrscheinlich etwas weiter nach dem Süden, da dort der Russe etwas aktiver geworden ist. Winterkleidung haben wir bereits bekommen, und zwar ganz phantastische: eine Pelzjacke, eine wattierte Zwischenhose und eine dicke gefütterte Mütze. Du siehst also, wenn es auch draußen sehr kalt ist und stürmt und schneit, wir werden bestimmt nicht frieren. Nur heißt es, wir sollen außer den Fingerhandschuhen keine weiteren bekommen. Sag mal, hast Du vielleicht Gelegenheit, größere Fausthandschuhe zum überziehen zu bekommen? Es wäre wunderbar. Auch Deine Felleinlagesohlen leisten wunderbare Dienste, sie sind herrlich warm und wenn Du mir vielleicht noch 2 Paar davon schicken könntest, wäre ich Dir unendlich dankbar.

      Ja, wie gesagt, wir stecken augenblicklich schwer in der Arbeit, hoffentlich hat man nicht allzu dolles mit uns vor. Aber uns alte Landser kann ja nichts mehr erschüttern, auch nicht der Schnaps, den es reichlich gab. Er zauberte eine reichlich ausgelassene Stimmung hervor, konnte mir aber nichts anhaben. Na, hoffentlich haben wir wenigstens Gelegenheit, Weihnachten feiern zu können.

      So, nun muß ich aber schnell ins Bett, bald werde ich Dir ausführlicher schreiben, vielleicht während der Fahrt. Die Hauptsache ist, daß es Euch weiter recht gut geht, und Ihr nicht mehr so viel Angriffe habt. Hat der Tommy die letzten Male viel angerichtet? Es ist immer meine einzige Sorge.