kupferrotes, naturgewelltes Haar, das sie kurz trug. In ihren grünen
Augen glomm ein unbändiger Stolz und auch wenn sie schlank und zierlich
wirkte, so besaß sie zweifellos die Entschlossenheit und Kaltblütigkeit, um
keiner Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen.
Skjold würde ihr keine Antwort auf die Frage geben, was mit ihr geschehen
würde. Wahrscheinlich wusste sie es selbst nicht.
Nun trat Skold an sie heran und tippte kräftig mit ihrem Zeigefinger auf
Sabinas Stirn: „ Was geht da drinnen vor ? Sag es mir !“
Sabina reagierte auf diese Provokation, indem sie Skjolds Handgelenk ergriff
und aus ihrem Gesicht führte. Was hatte sie schon zu verlieren ?
„Was glaubst du, dass in mir vorgeht ? Ich fürchte mich !“
Skjold schaute auf ihr Handgelenk und Sabina löste ihren Griff und ließ es
los.
„Bei den Göttern, du hast Kraft. Warum bist du wie ein Schaf auf mich zu
getrabt und hast nicht den ehrenvollen Tod im Kampf gesucht ? Hat dein
Mann dir die Hausarbeit überlassen, um selbst in der Schenke von seinen
Siegen zu prahlen ?“
„Es gibt keinen Mann und kein Kind, um das ich trauern muss. Ich war nicht
vermählt.“
„Dann warst du eine Priesterin eurer schwachen Götter oder die Gespielin
eines der Höflinge eures Königs.“
„Ich war niemandes Gespielin.
„Was dann, eine Schankmagd ?“
„Nein !“
Sabina mühte sich, ihre Haltung zu bewahren. Während der ganzen
Überfahrt hatte Skjold sich kaum darum gekümmert, ob sie überhaupt noch
am Leben war. Sie hatte die quälend langen Tage angekettet unter Deck
verbracht, hatte unter Seekrankheit gelitten und wie alle anderen Sklaven den
Kopf gesenkt, wenn die Vingar Eimer voller Seewasser über ihnen
ausschütteten, um alles, was ihre Körper verlassen hatte, weg zu spülen.
Zweimal hatte man sie von den Ketten befreit, damit sie gemeinsam mit
anderen Sklaven diese Ausscheidungen zusammenschob und in Eimern an
Deck brachte, um sie über Bord zu entleeren.
Ja, es hatte Momente gegeben, in denen sie es bereut hatte, nicht einen
Speer von einem der gefallenen Krieger zu ergreifen und sich in einen
hoffnungslosen Kampf zu stürzen, als Tjale fiel. Aber der Anblick der kläglich
verbrennenden Menschen hatte sie in eine Art verzweifelter Dunkelheit
gestoßen, aus der sie auf irgendeinem Weg lebend entrinnen wollte. Doch sie
war nun hier und sie würde ihr Schicksal nicht länger in den eigenen Händen
halten.
„Warum fragt ihr mich, Herrin ? Ist es nicht gleich, was ich war ?“
Skjold streckte die Hand aus und strich durch Sabinas rotblondes Haar.
„Vielleicht sollte es mir gleich sein.“
„Etwas bedrückt euch, Herrin.“
„Ich bin niemandes Herrin“, sagte Skjold leise.
Schweigend standen sie nebeneinander am Bug des Schiffes, während
dieses sich unaufhaltsam auf die Siedlung zu bewegte.
Als die Steege in Sicht kamen, an denen die Schiffe festmachen würden,
blickte Skjold sie an und sagte: „Ich bin niemandes Herrin und du wirst
niemandes Sklavin sein. Du wirst mir folgen, wohin ich auch gehe. Aber wenn
du versuchst, mich zu hintergehen, töte ich dich.“
Sabina ahnte, dass Skjold ihr damit ein unwürdiges Leben, wenn nicht gar
den Tod auf dem Opferaltar ersparte. Sie fragte sich nicht, was sie bewogen
hatte, diese Entscheidung zu treffen. Aber sie dankte den Göttern dafür, das
sie dieser jungen, unerschrockenen Frau begegnet war, die wie ein Bote im
Inferno des Todes und der Zerstörung erschienen war, um einen Teil des
Ruhmes zu beanspruchen. Ja, sie würde ihr Schicksal in Skjolds Hände
legen und ihr dienen - so wie sie einst dem König von Tjale gedient hatte.
Auf der linken Seite des Palisadenwalls, etwa fünf Schiffslängen von den
Landungssteegen entfernt, befand sich ein Tor. Dieses gab den Weg ins
Innere der Siedlung frei. Eine schmale, mit grauem Stein gepflasterte Straße
führte in die Siedlung hinein. Zur Rechten lag ein langgezogener Hügel aus
aufgehäuftem Seesand. Dieser stützte den Palisadenwall nach hinten ab und
mochte so dafür sorgen, dass der Palisadenwall im unteren Bereich selbst
dem Beschuss mit Katapulten standhielt. Auf diesem Hügel ragten die
Wachtürme in den Himmel, von denen aus die Bogenschützen ein sehr gutes
Schussfeld hatten, wenn die Siedlung von der Seeseite her angegriffen
werden sollte.
Zur Linken die Häuser der Vingar die Straße. Sie waren in
Fachwerkbauweise gebaut und die Dächer waren mit Holzschindeln
gedeckt.Die Vingar waren als einfallsreiche Handwerker weithin bekannt. Als
Sabina an den Häusern vorbeiging, bewunderte sie die kunstvollen
Schnitzereien in den Fensterläden. Ihr Blick schweifte nun über die Dachfirste
hinweg hinüber zu dem Berg, der an den Palisadenwall grenzte und steil in
die Höhe ragte.
Und als sie nun über den Marktplatz gingen, in dessen Mitte ein seltsamer
Brunnen stand, bemerkte sie, dass links vom Marktplatz ein unbefestigter
Weg in den Berg hinein führte. Eine mannshohe Öffnung im Gestein schien
einen Höhleneingang darzustellen und.... Sabina schaute zweimal hin, als sie
im Gestein des Berges über dem Höhleneingang die Gesichter sah. Wie zwe
dämonische Fratzen waren die Gesteinsschichten oberhalb des
Höhleneinganges geformt. War dies das Werk der Vingar, oder hatte etwa die
Natur dieses schaurige Werk vollbracht ?
Aber es war nun nicht an der Zeit, darüber nachzudenken. Der Zug der
Sklaven und Krieger hatte den Marktplatz erreicht und der Anführer dieses
Zuges brüllte seine Kommandos. Er war ein hochgewachsener, brutal
aussehender Kerl, dessen Vollbart bereits grau war. Seine Lederrüstung wies
die Spuren von zahlreichen Kämpfen auf, die er offensichtlich überlebt hatte.
Als er den Spangenhelm vom Kopf nahm, gab dieser das harte Gesicht