Ursula Göhr

Wie das Leben so spielt


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wäre dazu nicht in der Lage gewesen.

      Die folgenden Monate waren für Gabriele die Hölle gewesen. Der Kummer nagte Tag und Nacht an ihr und ließ sie nicht zur Ruhe kommen, ihr Selbstvertrauen war zerstört, und ihr Lebenswille erlahmte zusehends. Nur die Arbeit und die liebevolle Fürsorge der Kollegin gaben ihr noch Halt. Dann, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, erreichte sie die Nachricht eines Notars, dass ihre Patentante Hetti gestorben war und ihr das Häuschen vermacht hatte. Zum ersten Mal vergaß sie eine Zeit lang ihr Elend und beschäftigte sich in Gedanken mit dieser wunderbaren Überraschung.

      „Carola, echt, ich frage mich, wann sie dieses Testament verfasst hat. Sie hat mir nie etwas davon erzählt. Das muss lange vor ihrer Demenz gewesen sein – sie hat mich ja zum Schluss im Heim gar nicht mehr erkannt!“ Carola überlegte. „Du hast mir doch mal erzählt, dass Deine Hetti-Tante Klaus nie wirklich mochte. Sie hatte ja immer einen sechsten Sinn. Vielleicht ahnte sie, dass eure Beziehung eines Tages in die Brüche gehen würde“. Gabriele nickte. Ja, das war durchaus möglich. Die Menschenkenntnis ihrer Tante war in der Tat nicht berühmt, sondern berüchtigt gewesen. „Dann werde ich mich mal um den Busfahrplan kümmern und rausfahren“. Sie lächelte zum ersten Mal nach langer Zeit ihre Kollegin fröhlich an. „Nein, du nimmst mein Auto und ich die Tram“, bestimmte Carola. Es sind nur 20 Minuten und die Busse auf’s Land verkehren ja nur dreimal am Tag. So bist du unabhängig.“

      Ja – und nun stand sie hier und konnte es nicht fassen, wie leicht und froh ihr Leben auf einmal war. Sie hatte bisher keine bezahlbare Wohnung in der Stadt gefunden, und plötzlich hatte sie ein Haus! Sie würde sich einen kleinen Gebrauchtwagen leisten und hier in Frieden leben können. Da bewegte sich doch etwas hinten am Fliederstrauch? Sie beugte sich vor. Das war doch …. Nein, das konnte nicht sein. Hummer! Sie riss die Terrassentür auf und rannte ungeachtet der Kälte und der Wasserpfützen auf die Katze zu. Aber nein, das war nicht Hummer. Dieses Kätzchen hatte zwar die gleiche rötliche Farbe, war aber doch noch viel zu jung und schlank. Hummer hatte schon vor ein paar Jahren ein stattliches Gewicht gehabt. Trotzdem, es lief auf sie zu, als würde es sie erkennen und strich schnurrend um ihre Beine. Sie streichelte das Kätzchen ausgiebig und sprudelte all die Koseworte heraus, die sie damals ihrem lieben Hummer gegeben hatte.

      Sie war so vertieft, dass sie ihren Beobachter gar nicht bemerkte. „Hallo Gabi! Das ist eine von Hummers Töchtern!“ hörte sie eine Männerstimme rufen und fuhr erschreckt herum. Dicht am Zaun zum Nachbargrundstück stand ein großer, schlanker Mann mitten in voll erblühten Schneeglöckchen und lachte sie an. „Du bist es doch, Gabi, oder?“ „Ja, schon“, erwiderte sie, und überlegte fieberhaft, während sie auf ihn zuging, wer um Himmels Willen er sein könnte. Dann lachte sie befreit auf. „Mensch, Manfred, dich hätte ich fast nicht erkannt! Wie lange ist das jetzt her?" Sie reichte ihm die Hand, die er herzlich drückte. „Das müssen mindestens 10 Jahre sein“, mutmaßte er. „Ich hab in England studiert und gearbeitet und bin letzten Monat hergekommen, um mich um Opa zu kümmern. Er sieht nicht mehr gut. Ich hab echt Glück, dass meine Firma Niederlassungen in Deutschland aufbauen will. So kann ich immer mal herkommen und nach ihm sehen.“

      Sie strahlten sich an. „Weißt du noch, wie ich den Apfelbaum deiner Tante geplündert habe? Du hast mich nie verpfiffen! Seitdem hast du bei mir einen ganz großen Stein im Brett!“ Sie lachte. „Und du bist mein Held, seit du mich gegen diesen fiesen Ulrich verteidigt hast. Du hattest Kratzer und blaue Flecken wegen mir und hast sie so stolz getragen, als hättest du eine Schlacht gewonnen!“ Er grinste. „Es war mir eine Ehre. Du warst das hübscheste und netteste Mädchen hier im Dorf und ich habe mich jedes Mal wie Bolle auf die Sommerferien gefreut, weil ich wusste, du würdest da sein. Ich war total verknallt in dich, wusstest du das?“ „Echt“? Gabriele wurde verlegen und schaute kurz zu Boden. „Nein, das wusste ich nicht. Hätte ich auch nie gedacht. Du warst doch der Schwarm der gesamten Weiblichkeit hier im Dorf. Was hätte ich dir schon bedeuten können?“ „Jetzt mach aber mal nen Punkt!“ lachte Manfred. „Hast du wirklich nicht gemerkt, dass dich alle Jungs hier im Dorf angehimmelt haben? So blond, so blauäugig, so grazil – du warst unsere Prinzessin! Ich war mächtig stolz, dass du gern mit mir zusammen warst. Mensch, haben die anderen Jungs mich beneidet!“ Man sah ihm an, dass ihm die Erinnerung daran sehr gefiel. „Was hast du?“ fragte er besorgt, als ihre fröhliche Miene von einer Sekunde zur anderen einem traurigen Ausdruck wich. „Hab ich etwas Falsches gesagt?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich dachte nur eben daran, dass mein Lebensgefährte das wohl anders gesehen hat. Der hat mich nämlich Knall auf Fall sitzen lassen.“

      Manfred schaute sie mitfühlend an. „Hey, das muss ein echter Idiot sein. Sei froh, dass du den los bist. Weißt du was? Unser Wiedersehen müssen wir feiern. Wollen wir nicht in die „Eiche“ gehen, so wie früher? Aber diesmal genehmigen wir uns etwas Stärkeres als Apfelsaft. Was ist, hast du Lust?“

      Gabriele wusste nicht, wie ihr geschah. Sie hatte Manfred immer sehr gemocht und sich manchmal gefragt, was wohl aus ihrem Gefährten aus Kindertagen geworden war. Jetzt stand er leibhaftig vor ihr – irgendwie größer als früher, aber mit dem gleichen verwegenen Grinsen und demselben warmen Leuchten in seinen dunklen Augen. Ja, warum nicht? Sie fühlte, wie eine neue Leichtigkeit in ihr erwachte und ein Hauch ihrer kindlichen Unbeschwertheit zurückkehrte. Sie lächelte ihn an. „Klar, lass uns gehen!“ Er sprang behände über den Zaun, legte ritterlich den Arm um sie, und gefolgt von Hummers Töchterchen liefen sie einträchtig auf das Häuschen zu.

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