Kim Scheider

"Brender ermittelt"


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durch meine Schuld ein paar Morde anhängen wollte!“

      „Ja, wahrscheinlich hast du recht“, lenkte Breckerfeld ein. „Zumindest wäre es nett gewesen, wenn du mal ans Telefon gegangen wärst und mich vorgewarnt hättest, dass die Polizei hier aufmarschieren wird. Kitty haben sie übrigens auch schon in die Mangel genommen.“

      Haferkorn sackte wieder in sich zusammen.

      Kitty, die niemand bei ihrem richtigen Namen nannte, weil sie stets von Kopf bis Fuß in rosa Kleidung mit dem berühmten Katzengesicht herumlief, würde er so schnell auch nicht mehr in die Augen gucken können.

      Wie peinlich, zumal ihr Freund sicher auch noch da gewesen war.

      „Ach was“, meinte Breckerfeld lachend. „Mach dir deshalb mal keinen Kopf. Dieser Typ scheint mir eine ziemliche Pfeife zu sein.“ Dass er im Geiste noch ein „Der ist auch nur wegen seines Aussehens so beliebt, genau wie Frey!“ hinzufügte, konnte Haferkorn zum Glück nicht hören.

      Dieser entspannte sich, dank Breckerfelds Cognac zusehends und konnte zum ersten Mal seit Stunden wieder lächeln. Wie eine Intelligenzbestie hatte dieser Kerl auf ihn tatsächlich nicht unbedingt gewirkt. Aber das war Kitty, um ehrlich zu sein, manchmal auch nicht gerade, von daher passten die Beiden sicher ganz gut zusammen.

      Haferkorn musste an ihre Gesichter denken, als er in Begleitung der Polizei die Firma betreten hatte. Kitty, die ihnen mit vor Staunen offenem Mund hinterher gestarrt hatte und ihr Freund, dem die Panik ins Gesicht geschrieben stand, als wären die Beamten gekommen, um ihn persönlich abzuholen.

      So unangenehm die Szene für ihn gewesen war, es hatte schon lustig ausgesehen und er genehmigte sich ein weiteres Lächeln.

      Als er wieder zu Breckerfeld hinüber sah, gähnte dieser gerade herzhaft und auch Haferkorn merkte, dass er die Augen nicht mehr lange würde aufhalten können.

      „Wir sollten langsam mal zusehen, dass wir uns ein bisschen hinlegen“, meinte Breckerfeld immer noch gähnend. „Jetzt können wir sowieso nichts mehr unternehmen.“

      Er begleitete Haferkorn ins Gästezimmer und wünschte ihm eine angenehme Nacht. Keine fünf Minuten später schlief sein Gast tief und fest.

       Köln Deutz, Lagerhalle

      Am anderen Ende der Stadt kehrte Kop irgendwann im Laufe der Nacht in die Zentrale zurück. Was auch immer er in der Zwischenzeit getan hatte, schien ihm gute Laune zu bescheren. Noch nie hatten Fat oder Neo ihn fröhlich pfeifend gesehen. Offenbar liefen die Dinge momentan gut für ihn.

      Neo, der ihn eigentlich hatte zur Rede stellen wollen, warf Fat einen unmissverständlichen Blick zu, der sagen sollte: „Halt bloß die Klappe!“.

      Jeder Funken von Rebellion war mittlerweile in ihm erloschen und hatte der nackten Angst Platz gemacht.

      Wie konnte der Kerl hier so gute Laune verbreiten, nachdem er Neos Vater dazu gebracht hatte, sich selber umzubringen?

      „Was ist los, Kurzer?“, fragte Kop lachend, als er in Neos bleiches Gesicht sah.

      Was los war?

      Er wusste jawohl ganz genau was los war!

      „Du hast meinen Vater umgebracht, du Schwein!“, wollte Neo ihm eigentlich an den Kopf werfen. Statt dessen sagte er nur: „Nichts. Nichts ist los, Kop!“

      „Dann ist ja alles bestens!“ Das bösartige Glitzern in den Augen des Mannes entging Neo nicht und bestätigte seinen Verdacht nur.

      Er hatte es absichtlich getan.

      Hatte bewusst Karl Scharf ausgewählt für seine grausamen Spielchen. Und er wartete nur darauf, dass Neo sich irgendwie dazu äußerte.

       Köln Altstadt, früher Morgen

      Stöhnend bemühte Christoffer Frey sich, seine steifen Glieder wieder beweglich zu bekommen.

      Er fühlte sich grauenhaft.

      Der Schädel dröhnte wie nach einer ausufernden Party und der Geschmack im Mund zeugte von den viel zu vielen Zigaretten, die er am Abend noch geraucht hatte. Die unnatürliche Haltung auf der zu kurzen Couch war alles andere als gesund für seinen Rücken gewesen und jeder Knochen im Leib schien über Nacht seine Beweglichkeit eingebüßt zu haben.

      Er brauchte Kaffee!

      Schwarz und heiß und kräftig.

      Natürlich war keiner da.

      „Es scheint sich aber auch wirklich alles gegen mich verschworen zu haben!“, fluchte er wütend. „Noch nicht einmal mehr einen Kaffee gönnt der da oben mir.“

      Frey war zwar nicht religiös, aber in solchen Fällen fand er es ganz nützlich, die „Schuld“ jemand anderem zuschieben zu können.

      Lautes Poltern im Hausflur verstärkte seinen Zorn nur noch. Es war doch immer wieder erstaunlich, dass die kleinsten und leichtesten Personen, den größten Krach im Hause verursachten. Noch dazu an einem Feiertag Morgen gegen sieben Uhr. Wie ein Elefant stampfte die eigentlich recht zierliche Nachbarin gen Dachboden.

      „Unfassbar, dass so wenig Körper so viel Geräusch erzeugen kann.“

      Es würde wohl doch langsam mal Zeit, über eine andere Wohnung oder gar ein Haus nachzudenken. Bislang hatte er keinen Anlass dafür gesehen, weil er sich eigentlich sehr wohl fühlte in seiner kleinen Altbauwohnung am Eigelstein in der Nähe des Doms. Allmählich nervten ihn die Marotten seiner zahlreichen Nachbarn aber doch ein wenig.

      „Wenn die Einnahmen aus der dritten Staffel da sind, suche ich mir was Neues“, überlegte er sich schmollend.

      Die dritte Staffel!

      Mit einem Schlag waren die Erinnerungen wieder da.

      Die Polizei, die Videos, Walter...

      Der ganze gestrige Tag.

      Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es eigentlich noch zu früh war, um jemanden aus der Firma anzurufen, aber in Anbetracht der Umstände, war ihm das egal.

      Sie mussten die Ausstrahlung der fünften Folge, die für den heutigen Abend vorgesehen war, unter allen Umständen verhindern.

      Ja, sie mussten sogar die Premiere der dritten Staffel absagen, solange dieser kranke Irre noch nicht gefasst war!

      Er griff zum Telefon und wählte Breckerfelds Nummer. Der war zwar nicht unbedingt seine erste Wahl, aber mit Walter konnte er jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Sie würden sich erst richtig aussprechen müssen, bevor berufliche Dinge wieder eine Rolle zwischen ihnen spielen könnten.

      Ein für diese Uhrzeit erstaunlich fitter Breckerfeld meldete sich, kaum dass das Telefon zu Ende gewählt hatte.

      „Guten Morgen, Christoffer. Wie geht es dir?“

      Als ob ihn das wirklich interessieren würde. Höchstens, um sich an seinem Elend weiden zu können.

      „Den Umständen entsprechend“, antwortete er ausweichend. „Hör zu, Bernd! Ich nehme an, dass du weißt, was passiert ist?“

      Zustimmendes Gemurmel am anderen Ende.

      „Gut. Ich will gar nicht lange herum reden und dir deine kostbare Zeit stehlen...“

      „Du willst die Premiere absagen“, unterbrach Breckerfeld ihn. „Das habe ich mir schon fast gedacht.“

      Überrascht schwieg Frey einen Moment. So viel Mitdenken hatte er dem kleinen Ganoven gar nicht zugetraut.

      „Ja, das ist richtig“, fand er schließlich seine Sprache wieder. „Aber nicht nur die. Wir müssen auch die Ausstrahlungen von „Stille Wasser sind tief“ und von „Schlecht gezielt“ verhindern. Du musst sofort beim Sender anrufen und das klar machen!“

      „Wie stellst du dir das vor,