Heike Möller

Vampire in den Highlands


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Eltern schicken sollte.

      >Ich muss mich beeilen und diesen Vampir finden! < Rowena seufzte innerlich.

      „Ist Deutschland denn ein schönes Land?“, wollte Claire wissen.

      „Oh ja. Deutschland ist ein sehr vielfältiges und vielgesichtiges Land. Keine Großstadt gleicht der anderen, und die einzelnen Regionen und Landschaften sind sehr reizvoll. Einige Landschaften sind beinahe so schön wie unsere Highlands. Aber eben nur beinahe.“

      „Hast du nicht dann öfter Heimweh?“, fragte Scott.

      „Manchmal. Aber ich kann ja herkommen, wann immer ich will. Ich bin inzwischen überall irgendwie zu Hause, Scott. Aber hier sind meine Wurzeln. Und das vergesse ich nicht.“

      Scott lächelte die kleine Frau an. „Das sind die Worte einer wahren Schottin.“

      Rowena grinste die beiden an, verabschiedete sich und ging weiter. Inzwischen hatten Musiker angefangen, ihre Instrumente zu spielen und Gesänge erklangen. Lieder wie „Maids when you´re young“, „Loch Lomond“ und „Dumbarton´s Drum“ hallten durch die Nacht. Als dann die Weise „Auld Lang Syne“ gesungen wurde, stimmten auch viele Gäste und Touristen ein, denn dieses Lied ist auf der ganzen Welt bekannt. Kaum einer weiß, dass es ein schottisches Volkslied ist.

      Auch Rowena sang mit. Sie fühlte sich leicht, befreit. Ihre Lebensfreude kehrte zurück, etwas, dass in den letzten Wochen abhanden gekommen zu sein schien. Seit zwei Tagen hatte sie kaum noch an Tristan gedacht, ihn kaum vermisst. Und in diesem Moment traten all ihre Probleme in den Hintergrund.

      Ihr Unterbewusstsein reagierte und Rowena begann rhythmisch im Takt mitzu­klatschen, ihr Fuß wippte.

      Erik Schubert unterhielt sich schon längst nicht mehr mit den Einheimischen, sondern beobachtete Rowena mit brennenden Augen. Sein Körper lieferte sich ein Duell mit seinem Verstand. Der Körper fühlte sich zu Rowena hingezogen, wollte sie in die Arme nehmen, sie besitzen. Aber sein Verstand ging auf Abwehrposition.

      Er schwitzte, atmete heftig. >Ich brauche ´ne kalte Dusche! < Er beschloss, so schnell wie möglich in sein Zimmer in der Pension zurückzukehren und den Abend mit Fernsehen ausklingen zu lassen.

      „Sie ist schon eine Augenweide, nicht wahr?“

      Erik sah den Mann, der sich neben ihn in das karge Gras gesetzt hatte, träge an. „Wie bitte?“

      „Rowena Mc Dougall. Jedenfalls nennt sie sich heute so.“ Blassblaue Augen sahen den Deutschen merkwürdig an.

      Erik runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“

      Der Mann lächelte leicht. Dunkelbraunes Haar hing ihm halblang und in leichten Wellen auf den Schultern. Sein Gesicht war sehr schmal, die Wangenknochen ungewöhnlich hoch.

      „Manches ist nicht so, wie es scheint, Herr Schubert.“

      Erik sog zischend die Luft ein. Der Mann kannte nicht nur seinen Namen, er redete auch Deutsch mit ihm. „Hören Sie, Mister. Ich weiß nicht, was Sie …“

      „Was ich von Ihnen will?“, unterbrach der Fremde Erik. „Eigentlich nichts. Jedenfalls nicht im Moment. Ich bin nur neugierig, auf was für Männer Rowena heutzutage steht. So sagt man doch, nicht wahr?“

      Erik schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, worauf Sie hinaus wollen. Aber ich denke, dass Sie das nichts angeht.“

      Der Fremde lachte heiser auf, legte seine Hand auf Eriks Schulter. „Doch. Es geht mich was an. Sie wollen sie, habe ich Recht?“

      Die vertrauliche Geste war zu viel für Erik. Er schüttelte die Hand mit einem Knurren ab, fletschte sogar ein wenig die Zähne.

      Der fremde Mann sah Erik erst verblüfft, dann erfreut an. „Das kann interessant werden, Schubert.“

      Erik sprang auf. „Das reicht jetzt. Lassen Sie mich in Ruhe, Freak!“, zischte er.

      Der fremde Mann stand ebenfalls auf, langsam. Als er vor Erik stand überragte er den Deutschen um einen ganzen Kopf. „Merkwürdig. Rowena hatte bisher nur große Männer. Was ist an Ihnen so Besonders?“

      Erik hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, dem Mann vor ihm die Faust ins Gesicht zu rammen. Er ballte die Hand, nahm die Schulter ein wenig zurück. Dann blinzelte er.

      >Was …? <

      Erik stand da, einfach nur da und sah, wie Männer und Frauen in einem uralten Reigen um den großen Scheiterhaufen herum tanzten. Rowena Mc Dougall war unter ihnen.

      Brian Conelly, der mit einigen Damen aus Invergarry ausgelassen getanzt hatte, ging jetzt lachend auf Rowena zu, griff ihre Hand und zog sie mit. Rowena lachte albern auf.

      Die Geige wurde jetzt schnell gespielt und der Sänger mit der Gitarre heizte sein Publikum immer mehr an. Das große Feuer in der Mitte wurde von den Tänzern in zwei Kreisen umrundet. Die Männer tanzten rechts herum, die Frauen linksherum. Man reichte sich lachend und johlend die Hände, reichte den Partner im Reigen tanzend an den nächsten weiter. So ging es Runde um Runde und Rowena fühlte sich so wohl wie schon seit Jahren nicht mehr.

      Vergessen war ihr Kummer wegen Tristan, ihre Sorgen wegen dem wilden Vampir.

      Erik starrte Rowena mit offenem Mund an. Die blonden langen Haare flogen und wippten aufreizend um ihren Kopf und die Schultern. Die Augen, ohnehin mit dem ungewöhnlichen violetten Farbton gesegnet, leuchteten jetzt wie heller Flieder im Frühjahr bei der Blüte, kurz nach einem milden Regenschauer. Die roten Lippen, für die sie keinen Lippenstift benötigte, waren leicht geöffnet, die Wangen gerötet.

      Ihre Beine wurden plötzlich buchstäblich weggezogen. Mit einem erschrockenen Aufschrei verlor sie die Balance, geriet ins Straucheln und kippte nach außen weg. Sie ruderte mit den Armen, um wieder ihr Gleichgewicht zu finden, aber sie bekam einen heftigen Stoß in den Rücken.

      Erik sah, wie Rowena stolperte, aus dem Gleichgewicht kam und verzweifelt versuchte nicht hinzufallen. Sie stolperte genau in seine Richtung. Er überlegte nicht, handelte nur. Mit einem Satz war er bei ihr, fing sie auf. Durch die Wucht wurde er jedoch nach hinten gerissen, fiel auf seinen Rücken. Dabei hatte er seine Arme schützend um den Körper der kleinen Frau gelegt, sodass sie nicht nur mit ihm fiel, sondern auch weich und sicher auf seiner Brust lag.

      „Uff!“, entfuhr es Erik, als er auf dem Rücken landete. Die Frau in seinem Armen war nicht schwer, trotzdem hatte er das Gefühl, das ihm die Luft abgequetscht wurde, als sein Rücken den Boden unsanft berührte.

      „Ach herrje! Sind Sie verletzt?“ Rowena merkte nur, dass sie jemand in den Armen hielt, ihren Sturz abgefangen hatte. Sie stützte sich vorsichtig auf der Brust des unbekannten Retters ab und hob den Kopf. Zwei hellblaue Augen blinzelten sie an. Eriks relativ kurze, aber starke Arme hielten sie fest, eine Hand auf dem Rücken, die andere auf ihrem Po. Ihre Hände ertasteten Muskeln unter fester Haut unter dem weißen T-Shirt, dass der Deutsche trug.

      „Hoppla“, sagte er leise und starrte sie an. Von seinen Schläfen aus bildeten sich rote Flecken, die an seinen Ohren entlang abwärts bis über den Hals liefen.

      Rowena vergaß einen Moment lang zu atmen, zu denken.

      >Fühlt sich irgendwie gut an! <, schoss es ihr durch den Kopf. Dann riss sie sich zusammen. „Danke. Aber ich glaube, Sie können mich wieder loslassen.“

      Zu ihrer Verwunderung schüttelte Erik den Kopf, nur ein wenig. „Geht nicht.“

      Rowena schnappte nach Luft, dann zogen sich Ihre Augenbrauen zusammen. „Sind Sie verletzt?“

      „Nein.“ Seine Stimme war rau.

      Rowena schluckte. Der Blick, mit dem Erik sie ansah, ließ sie hektischer Atmen. >Verdammt, Rona! Du bist doch kein Backfisch mehr! <

      „Ich möchte aber, dass Sie mich loslassen“, beharrte sie.

      Wieder schüttelte er den Kopf. „Geht nicht.“

      Rowena