Dietrich Sternberg

Sommer auf El Hierro


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offenen Zimmertür ihrer Mutter einquartierte. Und das auf Dauer. Das Gestell fürs Gästebett hatte ich aus Teilen einer alten Möbelwand selbst eingebaut. Die Matratze war nur 80 cm breit, so dass es für meine Frau nicht so viel Platz gab wie in ihrem 1 m breiten Ehebett. Es war ja auch nur als Gästebett gedacht!

       Ich dagegen hatte nun viel Platz, aber eben keine Ehepartnerin mehr in der Nacht. Wir gewöhnten uns allmählich an die Veränderungen und merkten gar nicht so sehr, wie unsere Partnerschaft belastet war und stellten erst auf den wenigen Reisen fest, wie unser Liebesleben unter der häuslichen Situation gelitten hatte. Verreisen konnten wir nur, wenn unsere Verwandten oder Freunde Zeit hatten, unsere Mutter/Schwiegermutter für meist zwei Wochen zu sich zu nehmen oder im Haus zu betreuen.

       Der Umzug entwickelte sich jedes Mal zu einer Prozedur: Zwei Wochen Vorbereitung, dann Sessel, Bettzeug, Taschen und Plastebeutel in unser großes Auto laden. Der Koffer mit der Kleidung nahm noch den geringsten Platz weg. Aber das Waschen, Bügeln und Ausbessern nahm immer bis zuletzt viel Zeit in Anspruch. Nach unserer Reise dauerte es nochmals mehrere Wochen, bis wir wieder in den „Alltagstrott“ zurück gefunden hatten.

       Als meine Schwiegermutter 104 Jahre alt geworden war, haben wir den schweren Schritt vollzogen, sie in einem Heim in unserer Nähe unterzubringen. Es ging nicht mehr zu dritt in unserem Haus. Das Pflegeheim liegt fernab von der Straße in einem Waldstück schön im Grünen. Ihr Zimmer befand sich im Erdgeschoss und sie konnte somit relativ selbstständig mit dem Rollator in den Park gehen. Wir fanden es sehr schön für sie, aber sie wollte nicht dahin und hat uns ständig Vorwürfe gemacht, dass wir sie abgeschoben hätten. Für meine Frau war die Belastung nun zwar kleiner, aber wenn sie ein, zwei Tage nicht im Heim war, plagte sie schon das schlechte Gewissen, dass sie sich nicht genug um ihre Mutter kümmerte. Die Umstellung war für alle groß und anfänglich gab es auch eine Menge Probleme, denn meiner Schwiegermutter fiel es schwer, sich an den Heimalltag zu gewöhnen, was ja auch verständlich ist.

       Zu Zweit änderte sich unser Leben im Haus mit 5 Zimmern. Die getrennten Schlafzimmer blieben aber. Wir hatten uns so daran gewöhnt und auch die Vorteile erkannt. Meine Frau liebte es, vor dem Einschlafen noch zu lesen und auch nachts, wenn sie nicht gleich wieder einschlafen konnte, half ihr das Lesen oder Musikhören, wieder müde zu werden. Im gemeinsamen Schlafzimmer war das schon schwieriger. So konnte jeder nach seinem Befinden die Nacht verbringen, nur ein Liebesleben gab es nicht mehr!

       Auf Reisen sah das anders aus. Da hatten wir ja ein Doppelzimmer. Nur bis wir uns daran gewöhnten, war der Reiseurlaub schon fast um. Wir mussten immer wieder neu lernen, zärtlich zueinander zu sein. Tagsüber waren wir natürlich viel unterwegs. Wir wollten ja etwas sehen und erleben. Abends waren wir dann meist schon müde, so dass es nicht immer gelang, zueinander zu finden!

      Zurück zum Anfang der Geschichte: Wie sich nun die Vorbereitung und das eigentliche „Reiseabenteuer“ von unserem „Inselurlaub“ gestaltete, will ich in den folgenden Kapiteln erzählen. Auch ein altes Ehepaar kann noch eine „Romanze“ erleben!

      Reiseplanung mit Hindernissen

      Vor ein paar Wochen entdeckte ich auf einem Reiseportal im Internet eine „Wikinger Reise“ genau zu dem Hotel „Balneario Pozo de la Salud“ im westlichsten Winkel von El Hierro, das ich schon ein Jahr zuvor im Visier hatte, als wir uns dann aber doch für eine Pauschalreise nach „Val Gran Rey“ auf La Gomera entschieden. Pauschalreise deshalb, weil An- und Abreise zu Kanareninseln ohne internationalen Flughafen langwierig und umständlich zu organisieren sind. Damals waren wir trotzdem 18 Stunden unterwegs und erreichten unser Hotel erst gegen Mitternacht.

      Die oben genannte „Wikinger Reise“ inspirierte mich, es genauso mit einer Zwischenübernachtung auf Teneriffa oder Cran Canaria zu planen, denn bei einem Flug von Deutschland aus, erreicht man kaum noch am gleichen Tag den letzten Inlandflug nach El Hierro.

      Anknüpfend an die ganz oben geschilderte November-Situation, wo ich lange in meinem „Schlaf-/Arbeitszimmer“ am Computer gesessen hatte, musste ich nun mit meinen Reisegedanken schnell aufhören, da sonst wieder mahnende Rufe aus dem Wohnzimmer gekommen wären, wo der Abendbrottisch schon lange gedeckt war.

      Die detaillierte Reiseplanung hatte ja auch noch Zeit und entwickelte sich an den Folgetagen zum Sport, denn die billigsten Flüge bei „easyjet“ und „Binter“ (Inlandfluggesellschaft auf den Kanaren) sollten die Reisetermine im März des nächsten Jahres bestimmen. Und wie es der Zufall wollte, waren es genau solche An- und Abreisetermine, dass wir etwa parallel zu der „Wikinger Reise“ in demselben Hotel sein konnten. Über „booking.com“ buchte ich das Hotel und die Zwischenübernachtungen dazu, so dass uns die Gesamtreise sogar ca. 500 € weniger als bei den „Wikingern“ kosten würde. Den Namen des Hotels „Balneario Pozo de la Salud“ hatte ich damals noch nicht ins Deutsche übersetzt, was dann auf der Reise zu einer lustigen Begegnung führte. Aber dazu später.

      Als ich alle Reisetermine, also auch die für die Hotels zur Zwischenübernachtung auf Teneriffa „unter Dach und Fach“ hatte, sagte meine Frau: „Hast du auch daran gedacht, dass unsere Schwiegertochter eine Kur beantragt hat und die eventuell auf März fallen könnte?“.

      Und es kam, wie es eben kommen musste: Der Kurtermin fiel auf März/April und unsere Reise erstmal „ins Wasser“, denn wir hatten zugesagt, uns während der Kur um unseren Enkelsohn zu kümmern. Also musste ich die Flüge auf Mai/Juni verschieben und aus der „Frühlingsreise“ wurde mehr eine „Sommerreise“. Da ich keine Flextarife gewählt hatte, kostete die Umbuchung gleich 250 € zusätzlich. Die Hotels konnte ich, dank „booking.com“, kostenlos umbuchen und Mietautos hatte ich glücklicherweise noch nicht bestellt.

      Der Winter nahm nun seinen normalen Verlauf. Es wurde kalt und kälter, Eis und Schnee gab es in Mengen und an Frühling oder Sommer war nicht mehr zu denken. Da wir im März nun nicht verreisen konnten, nahmen wir im Februar schon mal eine kurze „Auszeit“. Auf Usedom gibt es eine schönes Hotel direkt am Strand, es heißt dementsprechend auch Strandhotel „Seerose“. Ein kleiner „Binnensee“ hatte sich schon vor langer Zeit hinter Dünen gebildet. Also in der warmen Zeit wunderschön, aber auch im Winter gut. Man kann stundenlang am Strand entlang wandern, und wenn es kalt genug ist, friert auch der See zu. Am Ostseeufer gefrieren dann die Wellen. Also kurzum, diese Kombination gefiel uns sehr.

      Wir waren schon vor einigen Jahren im Winter dort und fuhren jetzt kurzentschlossen mit dem Zug hin. Freitag früh gings los. Es gab nur noch ein sogenanntes „Wellness-Zimmer“, da gehört statt einer Dusche eine Badewanne dazu. Diese steht direkt hinter dem Doppelbett. Wenn man will, kann dort ein „Massagebrett“ aufgelegt werden. Ins Zimmer kommt dann ein Masseur oder eine Masseuse usw., ein Luxus den wir nicht brauchten. Es gab eben nur dieses Zimmer, denn im Hotel fand am Samstagabend ein Jazzkonzert mit der „Blue Wonder Dixiland Band“ statt. Mich reizte daran, dass ich den Jazz-Moderator aus meiner Jugendzeit kannte. Jetzt war er schon 84 Jahre alt, eigentlich lange in Rente, nur zu besonderen Anlässen trat er auf. Dazu später.

      Freitagmittag stiegen wir aus der „Ostsee-Bäderbahn“ und wollten gerade mit einem kleinen Rollkoffer zum Hotel laufen, da hielt der „Shuttle-Bus“ vom Hotel neben uns und brachte uns direkt bis zum Hoteleingang. Ich hatte bei meiner Buchung im Internet auch gleich die Eintrittskarten für das Jazzkonzert bestellt und angegeben, dass wir gegen 12 Uhr mit dem Zug ankommen würden. Insgeheim hoffte ich auf eine Abholung, tat aber ganz überrascht. So nahm alles einen guten Anfang!

      Nach der langen Zugfahrt hatten wir große Lust, am Strand zu laufen. Der Wind blies von Westen und trieb uns gen Osten. Auf Usedom hatte ich immer gar nicht das Gefühl, auf einer Insel zu sein. Nur der Verstand sagte es mir und unsere kleine „Insel-Romanze“ begann. Wir liefen einige Kilometer, bis wir an das Strandrestaurant „Utkiek“ kamen. Zeit zum Aufwärmen. Wir kannten das Restaurant schon von früher, sehr gemütlich! Gutes und reichliches Essen.

      Auf dem Rückweg wollten wir nicht mühselig mit Gegenwind den Strand entlang laufen, sondern wir nahmen geschützt einen Weg durch den Wald hinter den Dünen. Nach einiger