sich der Hoffnungslosigkeit und Not entgegen stellt! Denn, hätte sich der Urmensch vom Bären einschüchtern lassen, hätte der Mensch sich in seine Höhle verkrochen und wäre nie wieder heraus gekommen. Aber Menschen haben sich nicht verkrochen! Sie sind immer wieder, trotz großer Bedrohung, aus ihrem Schlupfwinkel heraus gekommen und nahmen den Kampf von einander lernend auf. Helden wurden in allen Zeiten gefeiert. Sie zeichneten sich durch großen Mut, Kraft, Zähigkeit, Intelligenz und Weisheit aus, je nach der Art und Weise der Lebensprüfung, die sich ihnen in den Weg stellte. Aber selbst der Mut hat sich im Laufe der Jahrhunderte in der Menschheitsentwicklung unter der Kultur gegen Menschen gewandt. Statt für ihre Lebensbedingungen und für ihr Menschsein zu kämpfen, zeigen sie großen und illusorischen Mut, den sie in alle Schattierungen von Hoffnung auf Besserung ihrer Lebenssituation investieren, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. Dafür, für Erhalt der Existenz und Durchsetzung ihrer Interessen, sind Politiker oder kurz, andere Menschen, zuständig. Menschliche Wesenszüge oder Wurzeln wenden Menschen in völlig neuer Weise gegen sich selbst. Wenn der Mensch der Steinzeit generell eine derartige Sichtweise entwickelt hätte, gäbe es uns Menschen heutzutage wohl kaum: Die Bären, andere Tiere oder Stämme hätten in die Höhlen hinein spazieren und vor Angst zusammengekauerte Urmenschen, unsere Vorfahren, in Ruhe auffressen können. Heutzutage passiert dies im übertragenen Sinne: es werden Gesetze ausgedacht, die Existenz in Schutt und Asche legen. Menschen passen sich diesen Vorstellungen von Leben, die in den Gesetzen und Regeln stecken, an und lassen das dabei entstehende kostbare Adrenalin in ihrem Körper in schädlichen biophysikalischen Prozessen, aus denen Krankheiten entstehen, versickern. Dann gibt es auch hier wieder Tabletten vom Arzt, um Ausgleich in Körper und Seele zu schaffen. So kann dann das Tagewerk der Anpassung im Alltag fortgesetzt werden. Unsere Vorfahren hätten den Kopf geschüttelt und es ist besser, dass sie (hoffentlich) nicht wissen, wie wir heutzutage kollektiv mit uns verfahren, wenn Existenz und Leben bedroht sind. Es reicht (hoffentlich noch), wenn wir es gemeinsam langsam aber sicher realisieren und korrigieren.
Ziele und menschliche Eigenschaften können sich miteinander ins Gegenteil und zum Schaden von Menschen verweben, je nachdem, wie die Regeln in einer Gemeinschaft aufgestellt sind. Denn Menschen ist es immer wichtig zu wissen, dass sie im Einverständnis mit anderen leben und handeln! Menschen sind reflexiv identitätsbildend: Bestätigung, Gleichklang, Lob, Anerkennung und Bewunderung sind ihnen existenziell wichtig. Menschen versichern sich gegenseitig, auf dem richtigen Weg zu sein. Der Trieb, die Existenz zu erhalten, wird heutzutage kollektiv umgelenkt.
Dass der Bürger als Retter des Kapitalismus, wie von Christoph Keese benannt und zu identifizieren ist, auf eigene Einkünfte freiwillig verzichtet, versteht sich, dem Gedanken der Verkehrung folgend, von selbst. Das finde ich beachtlich und mutig von Christoph Keese, erkenntnistheoretisch aber leider absolut inakzeptabel – mal ganz abgesehen von der Verdrehung und Umdeutung des Gedankengutes von Karl Marx. Mit diesem Vorgehen scheint die Hoffnung verbunden zu sein, dass niemand merkt, dass wir immer noch im Kapitalismus, wie er von Marx analysiert und durch Kapitalisten hinsichtlich Zukunftsaussichten (Sozialismus / Kommunismus) bekämpft wurde, leben.
Tatsache ist, dass nicht der Kapitalismus, sondern Menschen und ihre Werte, ihre Existenz und ihr Leben zu retten sind. Noch einmal: Die Ökonomie, egal welche, hat den Menschen zu dienen und nicht umgekehrt. Dieses Verhältnis, wer hier wen rettet oder nicht rettet, wäre somit gerade zu rücken.
Das Alte wird immer wieder in neue Kleider verpackt, weshalb wir Bürger immer den gleichen Käse in anderer Verpackung aufgetischt bekommen. Doch der kapitalistischen Ökonomie gehen allmählich Argumente wie Kreativität aus. Da werden dann gern Anleihen im humanistischen und geisteswissenschaftlichen Sektor getätigt – Gutmütigkeit und Gutgläubigkeit wird ausgenutzt. Es wird zu wenig Acht gegeben auf die Bewahrung spezifischer Werte. Man meint sogar, ein gutes Werk zu vollbringen, indem dieses Wissen (und Hab und Gut) an die kapitalistische Ökonomie weitergereicht wird. Die geisteswissenschaftlichen Denker partizipieren platonisch, selten materiell. Natürlich braucht die Welt gute Taten, aber man muss unterscheiden lernen und Formen finden, zum Wohle aller Menschen und dafür einzustehen. Das Ziel und die Motivation des Handelns, dem gute Ideen, Humanität und Geisteswissenschaft dienen, müssen absolut unzweifelhaft dem Wohl von Menschen dienen – ohne Nebenwirkung und versteckte Folgeschäden.
Im Nachgang 2008 und gesteigert 2009 wurde die Aussage von Christoph Keese sowohl bestätigt wie durch die Realität in der globalen Wirtschaftsentwicklung widerlegt: Einerseits hat er Recht gehabt, Kapitalismus ist etwas (völlig) anderes als (amerikanischer) Capitalism, wenn man das Geschäftsverhalten amerikanischer Banken und Firmen unter „Capitalism“ versteht. Der Keese’sche Enthusiasmus ist andererseits nur im negativen Gegenpol zu verorten: Pleiten und Krisen so weit das Auge reicht. Die Weltwirtschaft gerät aus den Fugen. Die Wurzel des Kapitalismus dürfte selbst von Experten der Branche inzwischen als faul klassifiziert und bewertet werden. Der Kern des Kapitalismus wird jedoch weiterhin mittels Personifizierung einzelner Manager und Banken gedeckt und weiterhin weder reflektiert noch diskutiert. In Deutschland werden Steuergelder zur Stützung des Kapitals, aber nicht zur Unterstützung von Betroffenen in den Krisen verwandt. Das politische Argument ist so mutig wie das Keese’sche Buch zur Rettung des Kapitalismus: Stützt man das Kapital oben, stützt man die Betroffenen unten.
Unten verarmen Menschen – und Oben?
„Schuldigung“
Eine generelle Nebenwirkung des Kapitalismus ist das Misstrauen, das sich aus Konkurrenz und Profitgier ergibt. Sie, liebe Leserin und lieber Leser, erinnern sich an lapidar dahergesagte Entschuldigungen aus Wirtschaft und Politik wie „Es tut mir leid.“ Angesichts von nicht akzeptablen Grenzüberschreitungen von Verfassung, Wirtschaftsskandalen und Humanität sind sie völlig fehl am Platz. Ich beziehe mich dabei noch einmal auf das bereits mitgeteilte Beispiel der Entschuldigung des BND aufgrund der Bespitzelung von Journalisten in Beruf und Privatleben im Mai 2006.
Die Bürger bräuchten dringend einen „politischen Qualitätskontrollrat.“ Stattdessen werden sie von morgens bis abends und nachts staatlich kontrolliert – und durchleuchtet.
Der BND-Skandal 2006 mutet wie der personalisierte Austragungsort von Bespitzelungen an und wie ein neuerliches Bekenntnis für die Pressefreiheit, von deren Existenz man gar nichts wusste. Vor vierzig Jahren definierte das Bundesverfassungsgericht:
„Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates“, woraus Martin Klingst den Schluss zieht: „Pressefreiheit setzt also zweierlei voraus: dass der Staat nicht die Medien lenkt und sich niemand in den Medien vom Staat lenken lässt.“
Der BND-Skandal stellt die Pressefreiheit somit doppelt in Frage: von außen durch den skrupellosen Nachrichtendienst und von innen durch gewissenlose Journalisten, die ihre eigenen Ziele verfolgen: „Kurzum, wer zu Recht den BND ins Visier nimmt, darf verantwortungslose Medienleute nicht verschonen.“ (Martin Klingst, Mai 2006)
Das Stichwort Berufsehre verweist als nicht eingehaltenes Ethos einmal mehr auf menschliche Einfachheit, die in Anbetracht der Komplexität der politischen Wirklichkeit auch hier das einzige Mittel zur Besinnung des journalistischen Berufsvollzugs darzustellen scheint. Dieses Merkmal der Besinnung auf die Grundlagen, weniger auf die rechtlichen, als auf das existenziell im Menschen verankerte Recht- und Unrechtsbewusstsein in allen Berufsgruppen moralisch und ethisch herbeizurufen, ist generelle Aufgabe. Die Frage ist, wie viel ist den Journalisten ihre Pressefreiheit wert? Und für wie viel Euro wird sie verkauft?
In einem Bericht des NDR-Medienmagazins Zapp, Mitte Juni 2009, wurden Journalisten interviewt, die zugaben, Rabatte und Vergünstigungen von Unternehmen gern in Anspruch zu nehmen. Sie sind nicht selten mit erheblichen Einsparungen in allen möglichen Geschäftssparten, wie z.B. Fluglinien, Hotels, Automarken usw. verbunden. Das Magazin forderte zusätzlich die Offenlegung von Nebenjobs. Tom Buhrow bekam, Berichten zufolge, von Mitarbeitern des NDR die Aufforderung, „künftig auf hoch bezahlte Nebeneinkünfte ganz zu verzichten.“ (Ruhr Nachrichten, 22. Juni 2009)
Herr Gerhard Schäfer, ehemaliger Bundesrichter und beauftragter Gutachter des 180 Seiten starken