David Perteck

Die Zauberer von Atlantis


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im Thronsaal, der mein Ziel war, und schwebte auf mein Opfer zu. Eine magi­sche Formel gewispert und es lag danieder. Seine Über­reste zerstäubte ich zu Nichts, da­mit keine Kunst eines Zauberers es wiederbeleben konnte.

      Sekunden später war ich wieder in der Festung des Meisters und berichtete von meinem Erfolg. Es verlief alles wie geplant, um die Vorherrschaft an uns zu reißen.

       * * *

      Drei Tage nachdem mein Onkel Karodan während seiner Krönungszeremonie von einem unbekannten Attentäter der Feinde ermordet worden war, wurde ich zur Königin von Atlan­tis gekrönt. Offensichtlich wollte kein anderer eine Position einnehmen, in der die Lebens­erwartung derartig gering war. Gegen die Mächte der neuen Feinde aus den Untiefen des Wüsten Landes hatten wir bisher kein aussichtsreiches Mittel. Und so wollte man eine Ma­rionette auf dem Obsidianthron installieren, bis die Gefahren gebannt sein mochten. Warum sonst hätte man ein vierzehnjähriges Mädchen allen näheren Verwandten und hochrangigen Militärführern des letzten Königs vorziehen sollen? So lebte ich als Königin Sydyana vollkommen in der Gefangen­schaft des Protokolls, wie sie fürchterlicher für nie­manden bei Hofe sein konnte.

       4. Kapitel: Ein Wanderer

      Eines Abends wanderte eine einsame graue Gestalt auf der Landstraße zum Hof von Ade­bars Familie. Der alte Mann hatte lange weiße Haare und einen langen weißen Bart und war in einen weiten grauen Kapuzenumhang gehüllt. Er ging auf einen langen Wanderstab aus dunklem Holz gestützt, in den ur­alte geheimnisvolle Runen geschnitzt waren. Ade­bar erblickte den Wanderer bereits aus der Ferne und er wusste, obwohl der Ankömmling langsam und gebrechlich wirkte, dass er den Stab nicht nur zum Wandern gebrauchen konnte.

      Der alte Zauberer Tyrbalt wurde als Gast will­kommen geheißen und saß abends mit dem jungen Mann am Kamin, den er einst mit anderen Studen­ten in Atlantium unterwiesen hat­te.

      „Fast drei Jahre sind vergangen“, sagte der Zauberer. „Mir scheint nicht, dass du deine Studien hier gewissenhaft fortgesetzt hast.“

      „Wir hatten wahrlich andere Sorgen“, erwiderte Adebar. „Außer wenigen Utensilien und ein paar Büchern steht mir hier auch nicht viel zur Verfü­gung, um Zauberkunst oder Alchemie zu praktizie­ren.“

      „An der Akademie sieht es auch nicht gut aus“, berichtete Tyrbalt. „Unter der jungen Köni­gin kann ich zwar weiter arbeiten und magische Studien be­treiben, aber bei Hofe herr­schen Intrigen und Las­ter wie nie zuvor und die Bevölkerung im ganzen Reich und auch in der Hauptstadt ist völlig verarmt und verroht. Viele fähige Zauberer gibt es nicht mehr.“

      „Ist das der Grund deiner Reise?“, fragte Ade­bar. Er war zwar ein begeisterter und sehr er­folgreicher Student der Zauberkünste gewesen, hatte jedoch nicht geplant, an der Akade­mie oder bei Hofe zu dienen, weil die Verhältnisse dort schon seit langem unliebsam wa­ren und in diesen Zeiten alle Kräfte zur Weiterführung des elterlichen Land­sitzes ge­braucht wurden.

      „Es ist ein Grund“, sagte der alte Zauberer. „Ich befinde mich tatsächlich auf Wander­schaft, um fähige Gefährten zu finden, mit denen ich den Gefahren dieser Tage etwas ent­gegensetzen kann. In deinem Fall ist es jedoch etwas besonderes.“

      „Worum geht es?“, fragte Adebar.

      „Es gibt Anzeichen von deinem verschollenen Bruder“, sagte Tyrbalt. „Darüber sollten wir jedoch vorerst nicht mit deinen anderen Verwandten spre­chen.“

      „Er ist vor Jahren verschwunden“, sagte Ade­bar erstaunt. „Was hat es mit diesen Neuig­keiten auf sich?“

      Tyrbalt lehnte sich schwermütig zurück und nahm einen großen Schluck aus seinem Bier­krug. Er schwieg eine Zeit lang und blickte in eine unbe­stimmte Ferne, bevor er weiter sprach.

      „Die Anschläge der letzten Jahre auf das Kö­nigshaus“, erklärte er, „scheinen auf eine un­bekannte Macht aus dem Wüsten Land zurückzuge­hen. Ich haben Untersuchungen dar­über angestellt und tatsächlich eine Quelle von unglaublicher und unheimlicher Macht auf­gespürt. Ein mächtiger Schwarzmagier namens Alazar treibt von dort aus sein böses Spiel und seine dunkle Macht scheint von Tag zu Tag weiter zu wachsen. Im Zuge seiner finste­ren Bestrebungen hat er die alten Unwesen und große Teile des Wilden Volkes für seine Ma­chenschaften eingespannt. Auch die Füchse und die Hirsche und andere Hybridwesen stehen unter seinem Einfluss. So kam es zu den vielen Untaten und auch Entführungen durch sie in den letzten Jahren.“

      „Dann ist Andron also wirklich von den Füch­sen verschleppt worden“, sagte Adebar. „Und er ist am Leben? Es gibt plötzlich Zeichen von ihm?“

      „So ist es“, sagte Tyrbalt. „Die Füchse haben ihn jedoch nicht bloß, wie frühere Vermutun­gen über derartige Geschehnisse besagen, als Sklaven gefangen, um ihn auszubeuten und sich an ihm zu belustigen oder ähnliches. Genaueres weiß ich noch nicht. Aber letzt­lich dürfte er nach Osten in das Wüste Land zu Alazar gelangt sein, der ihn als Werkzeug für seine dunklen Ziele benutzt.“

      „In diesem Fall hast du einen Gefährten für deine Wanderschaft gefunden“, sagte Adebar ent­schlossen.

      Am nächsten Morgen verließen Tyrbalt und Adebar den Landsitz. Sie verabschiedeten sich herzlich von den Eltern Ascolan und Adele, von den Ge­schwistern Adama und Alena und vom Hofperso­nal. Von den geheimen Vermutungen und Plänen Tyrbalts durften sie der Familie nichts sagen, um sie nicht in größere Gefahr zu bringen und damit die Nach­richten nicht über Dritte an die Falschen und womöglich an den größten Feind geraten konnten. Den überstürzt wirkenden Aufbruch und den Abschied von Adebar auf unbe­stimmte Zeit konnte man nur schwer verstehen und verkraften. Der junge Zauberer sagte jedoch, dass er einfach Abenteuerlust verspüre sowie den Drang, in diesen schweren Zei­ten an der Seite von Tyrbalt mehr für das Reich und die Menschen zu bewirken, als zu Hause möglich war. Mit Proviant und den besten Wünschen der Familie ausgestattet be­gaben die beiden sich auf die Landstraße, die sie zunächst wieder in die Hauptstadt Atlan­tium führen sollte, bevor sie weiteres über die bedrohliche Lage und das Wirken des Fein­des aus dem Wüsten Land her­ausfinden mochten.

       5. Kapitel: Bei den Füchsen

      Zwei Füchse hatten wir bereits erlegt, als sie plötz­lich von Überall wie aus dem Nichts auf­tauchten. Meine Jagdgefährten waren nirgends mehr zu se­hen, als die Wilden von allen Seiten auf mich zu schnellten und zu sprangen. Ich sah ihre schlanken, muskulösen Kör­per und ihre wilden, roten Gesich­ter um mich herum wirbeln und dann spürte ich einen harten und schmerzhaften Schlag auf dem Hinterkopf und verlor das Bewusstsein.

      Als ich wieder erwachte, war es um mich her­um stockdunkel. Zuerst fühlte ich die Schmer­zen von dem Schlag im Nacken. Dann bemerkte ich, dass ich an Armen und Beinen ge­fesselt und an ei­nem Baumstamm oder Pfahl oder etwas ähnlichem angebunden war. Nachdem ich wohl erneut einge­schlafen war, näherte sich mir irgendwann eine grelle, hei­ße Flamme. Etwas stieß mir in die Rip­pen und ich erkannte, dass ein Wilder mit einer Fa­ckel und einem Holzstab vor mir stand.

      Der Fuchs gab unverständliche kehlige und zi­schende Laute von sich und schien mich von oben bis unten zu begutachten, wobei er mich mit dem blendenden Licht der Fackel be­leuchtete und mich immer wieder grob mit seinem Stab anstieß, als nehme er eine genaue Untersuchung vor. Dann ver­schwand er wieder und ich schlief erneut vor Er­schöpfung ein.

      Später fiel von irgendwo ein leichter, flackern­der Lichtschein auf den Ort meiner Gefan­genschaft und ich erkannte, dass ich mich in einem kleinen, niedrigen Höhlenraum befand, dessen Wände aus dunklem Gestein und fester, schwarzer Erde be­standen. Bald kamen mehrere Füchse, um ihre Beute zu betrachten, und stießen mich ebenfalls mit Stöcken und Lanzen an. Zum Teil fügten sie mir damit Stiche und kleinere Fleischwunden zu, was die Wilden weiter anstachelte und zu einem widerlichen Kichern und Glucksen anregte.

      An Flucht war wohl kaum zu denken, doch zu meiner Überraschung banden die Füchse mich ir­gendwann