nicht mehr aufgebaut. Auch die Stadt Arnsberg wurde von den Kanonen schwer getroffen und Feuer und Flammen ließen die Stadt brennen. Die alte Kurfürstenresidenz fiel 1803 an Hessen-Darmstadt und im Jahre 1816 fing die Preußische Zeit an. Ab 1817 wird Arnsberg Kreisstadt und Regierungsbezirk in der preußischen Provinz Westfalen. Noch heute lassen sich Spuren dieser doch einzigartigen großen Geschichte, für eine Kleinstadt doch eher selten, an vielen Punkten und Sehenswürdigkeiten nachvollziehen.
Nachdem ich bei meinem Rundgang auf dem Schlossplateau die herrliche Aussicht genossen hatte, setzte ich meine Arnsberger Besichtigungstour fort. Unterhalb der Ringmauer und Festungsmauer führt ein kleiner Weg zum historischen Weinberg, der sich an der Schlossstraße befindet. Geht man diesen Weg weiter, kommt man hinunter zu einer alten Zollstation, hier verlief damals ein alter Handelsweg, der nach Soest führte. Eine kleine Wegkapelle, das „Tollpöstken“ (Zollpöstchen), befindet sich an gleicher Stelle.
Am Westhang des Schlossberges geht es zurück zum Marktplatz. Durch ein kleines Gässchen, ein paar Meter hinab und etwas unscheinbar in einem Baumgarten in einer Mulde gelegen, erreichte ich den Oberfreistuhl, das ehemalige Femegericht von Arnsberg. Ein mittelalterlicher Richtplatz mit einer rekonstruierten kreisförmigen Sitzgruppe aus Sandsteinblöcken. Hier am originalen Schauplatz wurde im frühen 15. Jahrhundert unter freiem Himmel Recht gesprochen und sogleich auch verurteilt. Der Eigentümer des Gerichts war der Stuhlherr (Gerichtsherr), ein Vertreter des Königs. Die Freigrafen (Richter) waren die Vorsitzenden, sie wurden vom Stuhlherrn gewählt. Weiter waren anwesend 7 Freischöffen und ein Femehelfer, sie waren alle Mitglieder des westfälischen Femegerichts. Die Verurteilten kamen aus allen Schichten der mittelalterlichen Gesellschaft. Darunter befanden sich Mörder, Diebe, Kirchenschänder, Straßenräuber und Brandstifter, um nur einige zu nennen.
Oft verliefen die Prozesse im Geheimen, alle anwesenden Freischöffen erkannten sich untereinander durch verschiedene geheime Grußformen, wie z.B. das Notwort „Reinir dor Feweri"(Reiner durch Feuer). Oder die Losungsformel lautete: Strick, Stein, Gras und Grein (S:S:G:G).
Das Ritual der Anfangsbegrüßung lief folgendermaßen ab, der ankommende Schöffe legt seine rechte Hand auf die linke Schulter des zuerst da Gewesenen und spricht die Worte: Eck grüt ju, lewe man; Wat fange ji hi an? – daraufhin legt der zuerst gekommene Schöffe seine rechte Hand auf die linke Schulter des anderen und erwidert mit folgenden Worten: Allet Glucke kehre in, Wo de Frienscheppen sin! Auch der Schwur der Verschwiegenheit verlief nach strengen Regeln, die auserwählten Mitglieder legten ihre linke Hand auf zwei gekreuzte Schwerter, die auf einem steinernen Tisch lagen, legten sich jeweils den Strick des Freigrafen um den Hals und beendeten den Schwur mit den Worten: ich schwöre „vor Weib und Kind, Sand und Wind“. Der Freigraf spricht am Ende des Prozesses das Urteil, war es eine Verfemung, folgte unmittelbar die Hinrichtung. Weitere Informationen zur Stadtgeschichte unter http://www.arnsberg-info.de.
So war das wohl damals, mir wird’s etwas schaurig und ich verlasse den Ort, der mir nicht so behagt. Es geht weiter durch eine geschichtsträchtige Ortschaft, die ihres gleichen sucht. Auf Schritt und Tritt stößt man auf historische Ereignisse, die sich hier zugetragen haben. Ich bin überwältigt von der Hülle und Fülle der Arnsberger Geschichte. Sie, liebe Leser, könnten sich nun fragen, was hat das alles mit dem hl. Jakobus zu tun? Berechtigte Frage, ich versuche sie mal zu beantworten. Als Jakobspilger, der sich wie ich auf Spurensuche begibt, der stößt immer wieder auf geschichtliche Hintergründe, und ich muss zugeben, mir persönlich gefällt das. Für mich bedeutet das Pilgern, nicht nur durch eine fantastische Natur zu laufen, um sich möglichst selbst zu finden, auch die Geschichte der Ortschaften, die man durchquert und besichtigt, ist für mich interessant. Auch wie die Menschen im Mittelalter gelebt haben, ist für mich wichtig. Es ist ein Stück Heimatkunde und Forschung zugleich, wie passend ist doch da das Mittelalter mit seinem Fundus an Informationen und Wissen. Es sind so einfache Fragen, wie z.B. wann wurde die Kirche erbaut? oder wie heißt der Kirchenpatron? - gibt es einen Hinweis auf eine Jakobusverehrung? - und welche Wege nutzten die Pilger?
Nachdem ich den Grünen Turm und den Limps- oder Mäuseturm, Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung, passiert habe, ging es durch die Gassen noch einmal zum Marktplatz zurück. Hier beginnt auch der Ehmsenweg, einer von vielen Wanderwegen, die durch Arnsberg führen. Ich habe mir bewusst diesen Weg ausgesucht, da er nach Sundern führt und zum anderen, weil er zu Ehren des Gründers des Sauerländischen Gebirgsvereins (SGV), ausgeschildert wurde. So konnte ich etwas mehr über den Forstmeister Ernst Ehmsen und seinen Mitstreiter Karl Féaux de Lacroix erfahren, beide waren ausgezeichnete Kenner und Heimatforscher des Sauerlandes, sie gründeten 1891 den Verein.
Mittlerweile sind zwei Stunden vergangen und meine Besichtigungstour in Arnsberg ist noch nicht beendet. Der Ehmsenweg (X8), ist ein Hauptwanderweg des Sauerländischen Gebirgsvereins, er führt auf seinen 74 km von Arnsberg bis nach Olpe. Ich folgte dem Ehmsenweg hinunter zum neuen Markt. Vorbei am ehemaligen Landsberger Hof, heute befindet sich in den alten Gebäuden das Sauerlandmuseum. Damals zur Zeit des Kurfürsten Ernst von Bayern (1605), der das Stadtpalais für seine Mätresse Gertrud von Plettenberg bauen ließ, soll es hier einen geheimen Verbindungsgang gegeben haben, der das Stadtpalais mit dem Schloss Arnsberg verband. Lange diente es auch den Kölner Erzbischöfen als Residenz. Das Sauerlandmuseum zeigt neben den Sonderausstellungen die umfangreiche Geschichte des kurkölnischen Sauerlandes. Weitere Informationen unter http://www.sauerland-museum.de.
Nach wenigen Metern erreichte ich das ehemalige preußische Regierungsviertel am Neumarkt, es wird auch Klassizismusviertel genannt. Mit seinen schönen schlichten Gebäuden, erbaut 1817 unter Aufsicht des Berliner Baumeisters Karl Friedrich Schinkel, ein Glanzstück preußischer Kultur. Hier befinden sich die evangelische Auferstehungskirche, die ehemaligen Gebäuden der Post, das Casino und das Hotel „ Zum König von Preußen“.
Ganz in der Nähe steht die Propsteikirche St. Laurentius, die ehemalige Klosterkirche des Klosters Wedinghausen. Die Kirche, die im Inneren wahre Kunstschätze verbirgt, zeigt mit dem Hauptaltar aus Alabaster das ursprüngliche Grabmal des Caspar von Fürstenberg. Auch andere Angehörige aus dem Hause Fürstenberg wurden hier beigesetzt. 1124 wurde Graf Friedrich der Streitbare von Arnsberg hier bestattet. Sehenswert die Glasmalereien der Kirchenfenster im Chorbereich, sie stammen aus der Mitte des 13. Jahrhundert.
Der mit Holzreliefs verzierte Marienaltar, ein Geschenk des Kölner Domkapitels, erinnert daran, dass in den Wirren der napoleonischen Zeiten die heiligen Reliquien des Dreikönigsschreins hier im Kloster aufbewahrt wurden. Stiftsgründer des Klosters war der in Ungnade gefallene Graf Heinrich I. von Arnsberg (1128-1200), der als Brudermörder in die Arnsberger Geschichte einging. Er ließ seinen gleichnamigen Bruder, der Erbansprüche stellte, 1165 einkerkern. Im Jahre 1170 gründete er zur Sühne das Kloster Wedinghausen. Das von den Prämonstratenser-Chorherren (Norbertiner) geführte Kloster lebt nach der Ordenslehre des hl. Norbert von Xanten. Er selbst ging im hohen Alter als Laienbruder in sein gestiftetes Kloster und verstarb dort am 4. Juni 1200. Weitere Informationen über die umfangreiche Geschichte des Klosters finden Sie unter http://www.kloster-wedinghausen.de.
Nach der Besichtigung der Propsteikirche und des Klosters ging es weiter zum Ehmsen-Denkmal, das auch als „Flüsterhäuschen“ bekannt ist. Dieser schöne pavillonähnliche Kuppelbau, erbaut 1897 zu Ehren des Gründers Ernst Ehmsen (1833-1893), der zusammen mit Karl Féaux de Lacroix, den Sauerländischen Gebirgsverein gründete, befindet sich im angrenzenden „Eichholz“, ehemals Wedinghauser-Klosterwald. Auf einem Felsvorsprung des „Witten Stein“ gelegen bietet das offene Flüsterhäuschen eine fantastische Sicht auf Alt-Arnsberg und das idyllische Ruhrtal.
Hier mache ich ein wenig Rast, lauschte ein wenig dem Rauschen des Waldes und genoss die Aussicht. Weiter geht’s durch den Hochwald Richtung Nackenkopf, Buchen- und Eichenbestände säumen die Waldpfade. Der Hauptwanderweg X8 markiert den Ehmsenweg. Viele Altstraßen verliefen im Sauerland über Höhen