Andreas Loos Hermann

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Verstand oder waren diese selbstherrlichen Milliardäre in West End, die das ganze UK verludert hatten, bereits vollkommen durchgeknallt. So ein Einsatz im Osten würde über den Daumen gerechnet an die zwanzig Tote kosten, die toten Aufständischen waren da noch gar nicht mitgerechnet. Das war einfach nicht drin, so viele Leute würde er niemals wegen so einer verzogenen Göre opfern, da konnte der Vater sein, wer er wollte. Niemand konnte die Polizei einfach nach East London schicken. Er war empört und rief den Colonel an und schilderte ihm den Sachverhalt. Dieser war verlegen und meinte, bei Peterson könne man nicht einfach nichts machen. Peterson sei nicht irgendwer, sondern habe Beziehungen bis ganz nach oben, er sei einer dieser geheimnisvollen Berater der Regierung.

      „Dann habe ich mindestens zwanzig tote Polizisten und die Chance, dass wir diese Göre lebend wiederfinden ist trotzdem gleiche Null“, argumentiere er gegen seinen Chef.

      „Das ist mir klar, aber haben Sie eine bessere Idee?“, fragte der Colonel.

      „Wenn wir reingehen, dann spielen wir wieder eine Runde Bürgerkrieg. Wenn wir noch ein paar Ruinen zusammenschießen, weil sich die Irren darin verschanzen, spielt das zwar keine Rolle, aber die Irren sind schwer bewaffnet und meine Männer nicht unverwundbar. Und wenn wir nur aus der Ferne zuschlagen, finden wir die Göre nie. Die ist dann längst tot, wenn die erste Brigade das Feuer eröffnet.“

      „Ich kann nur eine verdeckte Dreiergruppe zu den in Frage kommenden U-Bahnhöfen schicken und hoffen, dass die etwas herausfinden können.“

      „In Teufels Namen, dann tun sie es, denn ich kann mir nicht leisten, dass nichts getan wird“, seufzte der Colonel. „Ich werde für Ihre Leute beten.“

      Perry checkte seinen Personalstand und musste feststellen, dass er wohl selbst mit zwei Leuten reingehen musste, ihm blieb nichts anderes übrig, da das Revier zur Zeit sehr schwach besetzt war. Er beorderte George Cluny und Frederik Marlow, zwei seiner besten Leute, zum Treffpunkt im Hangar. Abflugzeit ab jetzt in zwanzig Minuten.

      Kapitel 15

      Die Maschine war bereits im Sinkflug. Durch die Luken konnte man das nächtliche London sehen. Düster breitete sich das Häusermeer unter ihnen aus. Kaum ein Licht war zu sehen. Der schwache Lichtschein in der Ferne, das musste die City of London sein, der klägliche Rest, der vom einstigen Empire noch übrig war.

      Swallows sprach noch immer, „und wegen diesen Europäern mit ihrem Resteuropa, wo im Übrigen die Kommission die Macht übernommen zu haben scheint, nichts Genaueres weiß man nicht, ist London und ganz Europa für uns so gefährlich, dass wir nur einen ganz kurzen Tankstopp einlegen werden, denn seit sich UK von Europa und Europa von den USA losgesagt haben, ist es mit allen nur mehr bergab gegangen, und hier herrschen außerhalb der A und B Sicherheitszonen Zustände, wie im Bürgerkrieg.“

      „Wir aber fliegen nach Moskau und werden dort mit einem der Mächtigen verhandeln. Wen sie uns schicken, das ist noch unklar. Die Russen wollen uns nämlich plötzlich in Südamerika Probleme machen, obwohl Südamerika eindeutig unsere Einflusszone ist.“

      „Und wenn die Verhandlungen stocken sollten, werden wir den russischen Chefdelegierten freundlich einladen, unser Gast zu sein, und uns nach USA zu begleiten, wo wir uns sicher bald einigen werden. Und Ihr Job ist, mit ihren Leuten dafür zu sorgen, dass es so aussieht, wie wenn er spontan und freiwillig mitkäme. Und mit einer Geisel läßt sich gleich viel besser verhandeln, wenn wir dann wieder in USA sind“ meinte Tom Swallows.

      Den kurzen Einwand von Swietowsky, dass er dafür die Ausrüstung nicht an Bord habe, da er ja erst jetzt von der geplanten Entführung erfahren habe, wischte Swallows vom Tisch, indem er erklärte, ein persönliches Treffen auf höchster Ebene sei das Einfachste für eine solche Aktion, da die Russen, wenn Sie mit ihren Leuten geschickt vorgehen, wirklich glauben, der Minister sei freiwillig mitgekommen.“

      „Wenn Sie es nicht schaffen und die russische Sicherheit uns verfolgt, dann sind wir wahrscheinlich alle tot.“

      „Zumindest Swietowsky und sein Team“, dachte Swallowss bei sich, denn ihn, Tom Swallows, würden seine Beziehungen retten, Swietowsky würde er im Falle eines Fehlschlags opfern müssen, ihn würde es nur einige Millionen kosten, dann wäre er wieder frei.“

      Swietowskys Gedanken rasten, er hatte keine Ahnung wie er es anstellen könnte, die Gegenseite hatte doch sicher Leibwächter, die aufpassen würden, außer es gab etwas so Interessantes, das es nur an Bord dieser Maschine zu sehen gäbe, und das dem Minister einen solchen Vorteil vor den anderen Oligarchen böte, so dass der Minister freiwillig an Bord käme. Dann hätte er eine reale Chance.

      Trotz des Stresses musste er Swietowsky fragen, wieso London so verkommen aussah. Das war doch eine blühende Stadt, hatte er gelernt, und nun war dort unten alles finster und tot.

      „Wären sie damals den USA beigetreten, diese Dummköpfe“, schimpfte Swallows los, „dann gäbe es da unten noch Leben und Wohlstand. Aber nein, sie wollten weder mit uns, noch mit den Europäern. Das haben sie jetzt davon, ganz Südengland ein einziges Slumgebiet. In den Straßen Londons nur mehr Ruinen und Autowracks. Keiner mehr da, der diesen Dreck wegräumt. Die Moslemkriege haben ihnen den Rest gegeben. In der A Zone hält sich nur mehr eine versnobte Minderheit, schwer bewacht hinter hohen Mauern. Die C Zonen sind fast ganz zu E Zonen mutiert. Einige Bürgermilizen halten am Land draußen die Terrorgangs noch in Schach, aber der Staat existiert nur mehr auf wenigen tausend Quadratkilometern. Der Rest ist Anarchie. Aber sie sind selbst schuld.“

      So schlimm hatte es sich Swietowsky nicht vorgestellt. Unter ihnen gab es nur Ruinenlandschaften und Dunkelheit. Er wusste aber, dass es in Amerika Vorstädte gab, die nicht viel besser aussahen, seit sie von der Regierung aufgegeben worden waren, als sie unregierbar geworden waren.

      „Heathrow heißt der Flughafen“, glaubte er zu wissen. „Wo denken Sie hin, Heathrow ist seit Jahren aufgegeben. Dort kann niemand mehr landen“, korrigierte ihn Goldmann. „Der einzige funktionsfähige Flughafen von London liegt in den alten Docklands, ganz im Osten der Stadt. Dort können nur so kleine Maschinen, wie wir eine haben, landen. Und das sagt über den Zustand der Stadt ja schon alles aus. Und der Dockland Flughafen funktioniert auch nur, weil er auf einer künstlichen Insel liegt. Links und rechts sind alte Hafenbecken, die einen gewissen Schutz bieten. Denn der Flughafen liegt mitten im E Gebiet, dort wo es am schlimmsten ist.“

      „Da können wir uns ja auf einiges gefasst machen“, bemerkte Swietowsky, der nun plötzlich wieder an seinen Job dachte.

      „Alles halb so wild, es weiß ja niemand, dass wir kommen“, beruhigte ihn Goldmann. „Die Briten sind zwar verarmt und verkommen, aber sonderlich gefährlich sind sie nicht.

      Die Maschine setzte zur Landung an. Nur wenige Lichter waren am Pistenrand eingeschaltet. Swietowsky saß an seiner Konsole und registrierte die Radarmeldungen, die seine Systeme ermittelt hatten.

      Jede Menge Lenkwaffen und Luftabwehr war zu orten, aber das war in den USA genauso. Anscheinend gab es doch manchmal Angriffe aus der Luft. Alles im grünen Bereich, fand er, als die Maschine schließlich gelandet und ausgerollt war.

      Die Kabinentür klappte auf und die Gangway wurde ausgefahren. Die drei Security Leute stiegen zuerst aus. Dann der Sekretär, die Dolmetscherin und Tom Swallows. Den Schluss bildeten Swietowsky und der Chauffeur. Es war nur ein kurzer Aufenthalt geplant. Gerade solange, bis die Maschine aufgetankt war und die Piloten die routinemäßigen Checks erledigt hatten. Eine Limousine war vorgefahren, die die Gruppe inzwischen ins Flughafengebäude bringen sollte, das nur wenige hundert Meter entfernt war. Sie gingen gerade die zwanzig Meter bis zur Limousine, als Swietowsky hinter sich ein Geräusch hörte.

      Das Pfeifen war nur für drei Sekunden zu hören gewesen. Trotzdem hatte Swietowsky in der zweiten Sekunde reagiert und war auf Tom Swallows gehechtet, um ihn zu Boden zu reißen. In der dritten Sekunde hatte sich ihr Flugzeug in einen Feuerball verwandelt, dessen glühend heißen Gase über sie hinweg fauchten. Die Rakete war gut gezielt gewesen, zu ihrem Glück aber um eine Minute zu spät abgefeuert worden. Die Gegner konnten keinen Sichtkontakt gehabt haben, realisierte Swietowsky in den Sekunden, in denen sie