Sandy Sponhauer

Kriegerin der gekreuzten Schwerter


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getötet hätte, lässt Sie weiter an ihre Denkweise festhalten?”

      „Ja, denn sie hat ihr nichts getan.”

      „Wieso eigentlich nicht? Gab es da nicht ein Gespräch?”, fragt der Sprecher grinsend.

      „Ist das hier ein Verhör?”, wird Mark langsam sauer. „So, jetzt passen Sie mal auf mein Junge. Ich gebe Ihnen jetzt mal einen guten Rat. Wenn Sie das nächste Mal einen Saal betreten, dann lesen Sie erst einmal das Türschild. Soweit ich mich erinnere, befindet sich an dieser Tür kein Schild mit der Aufschrift Gerichtssaal.” Das Gelächter, das nun durch den Saal fährt, soll dem Sprecher gewidmet sein und gibt Mark doch eine positive Rückendeckung. Er hat zwar viele Gegner und Skeptiker, aber das, was hier gerade geschieht, tut ihm doch sehr gut. Beschämt verlässt der Sprecher den Saal, sehr zügigen Schrittes.

      Nach dem Abendessen hat sich Mark ins Zimmer seines Hotels verzogen. Ein entspannendes Telefonat mit Dina bringt die nötige Ruhe. Mit hochgelegten schuhlosen Füssen genießt Mark die Stimme seiner Frau, die begeistert von ihren neusten Funden spricht: „Sowas habe ich vorher noch nie gesehen. Da liegen so viele Helme und Waffen, dass man sie gar nicht zählen kann.“

      „Das klingt doch schön.“

      „Wie war eigentlich dein Vortrag, Schatz.“

      „Gut soweit, aber ich hatte wieder einen dieser Spinner im Publikum sitzen. Er wollte einfach nicht einsehen, dass du über die Sache in Nürnberg nicht reden willst.”

      „Rege dich nicht auf. Die wirst du immer wieder treffen. Schließlich sagst du immer wieder deine Meinung und das gefällt einigen Leuten eben nicht. Die wollen dich bloß ärgern, wenn sie Nürnberg ansprechen“, sagt Dina mit doch sehr liebevollen Ton.

      „Es ist mir irgendwie auch egal. Hat sich Leon schon bei dir gemeldet?”

      „Ja, er ist begeistert von Buraschus. Wann fährst du wieder hin?“

      „Morgen früh, direkt nach dem Frühstück. Ich denke, dass ich gegen elf dort ankommen werde.”

      „Na dann hast du aber noch etwas Schlaf verdient. Mach nicht mehr so lange, hörst du Schatz?“

      „Ja, wir sehen uns am Wochenende. Ich liebe dich mein Engel.”

      „Ich dich mehr! Bey.“

      Bis spät in die Nacht zeichnete Mark an den Skizzen von Buraschus und fertigte weitere Bilder und Zeichnungen an.

      Am Morgen des darauf folgenden Tages bricht Mark sehr früh auf um seinen Sohn nicht allzu lange warten zu lassen. Nun liegen drei Stunden Autofahrt vor ihm. Nach einer stressigen Fahrt erreicht Mark um elf Uhr zweiundvierzig endlich die Ruinen von Buraschus, die etwa fünfundvierzig Kilometer westlich der deutsch-polnischen Grenze liegen. Sofort macht er sich einen Überblick über die bereits geschehenden Arbeiten und begrüßt eifrig seinen Sohn. Das Gebiet um die Stadtruine wird täglich größer, denn außerhalb der Stadtmauern gab es ebenfalls einige Gebäude, so wie die letzten Funde zeigen. Möglich, dass die Stadt im Wachstum stand. Auch diese Gebäude wurden zerstört und niedergebrannt. Die Grundmauern umfassten eine Fläche von 2.250 Metern Länge und 1.350 Metern Breite. Zur damaligen Zeit eine gewaltige Festung. Doch die Freilegungsarbeiten erweisen sich nicht gerade als einfach. Bäume und Sträucher haben die Ruinen überzogen und sind im Laufe der Jahrhunderte in jede Spalte und Steinritze eingedrungen. Hinter dem Osttor ist bereits seit Wochen ein Feld freigelegt. Hier liegen an die 4.000 Leichen, die mit unzähligen Pfeilen niedergeschossen wurden. Die Schlussfolgerung liegt nahe: Hier waren Scharfschützinnen von Majena am Werk. Einige Studenten arbeiten an dem Nordtor, denen sich Mark nun auch anschließt. Ein mächtiger Eingang, über einundzwanzig Meter breit. An beiden Seiten des Tores wurden Fundamente freigelegt, mit einer Seitenlänge von fünfzehn Metern, auf denen damals die enormen Türme standen. Wie hoch die Türme letztlich waren, lässt sich nicht mehr feststellen. Diese Tore gab es an allen vier Seiten der Stadt, so wie Wachtürme auf den Ecken der Stadt. Immer noch finden die Studenten Waffen Ausrüstungsgegenstände und Überreste von Menschen.

      Es ist bereits zwölf Uhr siebenundzwanzig und es ist sehr warm. Dazu kommt noch die sehr staubige Luft, die sich überall in der Stadt befindet. Leon kommt zu Mark: „Paps, du solltest mal kommen, wir haben da was gefunden.” Mark begleitet Leon zu einer Stelle, die direkt Süd-östlich am Markplatz liegt. Eine große Fläche von achtzig Metern Breite und einhundertvierzig Metern Länge. Eingefasst in dicken Grundmauern, die ein großes Gewicht getragen haben dürften. Alles deutet daraufhin, dass hier einst eine große Halle stand. Schmalere Grundmauern im Innern zeigen, dass sich im hinteren Teil der Halle kleinere Zimmer befunden haben. Diese Halle können Mark und Leon noch keiner Bedeutung zuordnen und daher wird sie erst einmal die „Unbekannte Halle“ genannt. Inmitten der Reste dieser Halle haben Leon und einige Studenten eine grausame Entdeckung gemacht. Auf dem Boden der Halle fanden sie Überreste von Menschen. Alle gleich angeordnet und mit der gleichen Verletzung. Es sieht so aus, als wurde den Opfern der linke Unterarm gebrochen und der spitze Knochen in den Hals gerammt. Eine äußerst brutale, aber sehr effektive Tötungsmethode. Diese grausame Vorgehensweise könnte man schnell Lucila zuschreiben. Stunde um Stunde legen die Studenten eine Leiche nach der anderen frei. Um zwanzig Uhr dreißig sieht es nun so aus, als seien sie fertig. Leon und Mark stehen vor eine Reihe von achtundvierzig Skeletten mit der gleichen Verletzung. Mark schüttelt leicht den Kopf und sagt leise zu Leon: „Wir haben ja in den letzten Jahren so manche Grausamkeiten von Kaßandhra ans Tageslicht gebracht, aber das hier übersteigt alles Vorstellbare.”

      „Ja”, antwortet Leon. Ein Student kommt zu Mark: „Dr., sind Sie sicher, dass hier wirklich die Teufelsreiterinnen gewütet haben?”

      „Ja, so ziemlich. Lassen Sie uns morgen weitermachen. Es ist schon spät.”

      An diesen sehr schönen und sonnigen Abend sitzt die ganze Gruppe auf einer Wiese nahe ihrer Unterkunft. Sie haben sich nach den wohltuenden Duschen und dem Abendessen hier zusammengefunden, um noch einmal die Ereignisse des Tages zu reflektieren. Mark freut sich natürlich sehr, dass viele seiner Studenten sein Buch gekauft haben und nun als zusätzliches Nachschlagewerk nutzen. Nach reichlichen Gesprächen und Diskussionen meldet sich ein Student bei Mark: „Dr, ich finde Ihr Buch sehr gut und wirklich informativ, doch eine Sache steht nicht drin.”

      „Und was wäre das?”

      „Dr., ihre Verwandlung. Ich meine, wie sie von einer harmlosen Bauerntochter zur landesweit gefürchteten Massenmörderin wurde, das finde ich nicht.”

      „Nun, das steht nicht drin, weil uns auf die Frage nur die Vergangenheit eine Antwort geben kann.”

      „Ok Dr., die Antwort hat gesessen.”

      Ein herzliches Lachen lockert die Runde auf. Was für ein herrlicher Sommerabend, gefüllt mit leichtem Wind und zarten Wolken.

       Kapitel 1.3

       (In der Vorlesung)

      Trotz der Tatsache, dass die Harfe der Kaßandhra der Öffentlichkeit unzugänglich gehalten wird, kamen die Veranstalter und Verwalter des Museums in Alexandria kaum mit der Lieferung der Eintrittskarten nach. Der Andrang war einfach zu gewaltig geworden. Doch ganz plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, wurde das Museum vor wenigen Wochen geschlossen. Gründe hierfür werden strengstens geheim gehalten. Auch die ägyptische Polizei oder die Regierung halten etwaige Gründe zurück. Selbst Dina oder Mark wurden nicht informiert.

      26. Juni

      Seit einer Woche ist Dina aus Ägypten zurück. In ihrer heutigen Vorlesungen sind ihre aktuellsten Ausgrabungen ihr Thema. So wie es bei Mark auch immer wieder vorkommt, ist auch ihre Vorlesung wieder bis auf den letzten Platz gefühlt.

      Dina steht hinter einem Pult. Hinter ihr hängt eine große Leinwand an der Wand. Stolz berichtet sie über die letzten Funde und berichtet über eine große Schlacht mit mehreren Völkern, die vor den Toren Alexandrias stattgefunden haben muss. Welche Völker