Ronald M Hahn

HARDCORE-WESTERN, BAND 2 - FÜNF ROMANE IN EINEM BAND


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die ’ne Rundreise macht... Soll für ’n paar Zeitungen über sie berichten...« Er kniff die Augen zusammen. Roger sah ihm an der Nasenspitze an, dass er drauf und dran war, an den Spieltisch zu gehen und in sein Unglück zu rennen.

      »Hör zu, Mann«, sagte er hastig, »bevor du völlig den Verstand verlierst.« Er räusperte sich. »Ich hab kein Dach über dem Kopf, und...«

      »Ich wohn im Grand Hotel, gleich gegenüber.« Homer setzte sich in Richtung Spieltisch in Bewegung. »Zimmer fünfzehn. Da ist Platz für zwei. Ich lad dich ein. Geh schon mal rüber. Ich komm dann irgendwann nach...«

      Rogers Blick folgte ihm zum Spieltisch hin. Homer nahm neben Ken dem Kartenhai Platz und rieb sich die Hände, wie jemand, der schon im Voraus weiß, dass er gleich einen Haufen Geld gewinnen wird.

      Na schön, dachte Roger. Man kann nicht alles haben. Er trank sein erstes Bier aus und wollte gerade zum zweiten greifen, als sein Blick auf eine Dame fiel, die nur wenige Schritte entfernt allein an einem Tisch saß.

      Ihr Blick war auf ihn gerichtet, und das Glitzern in ihren Augen sagte ihm, dass sie daran interessiert war, ihn kennen zu lernen. Die Dame war schwarzhaarig, gertenschlank und hatte braune Augen. Roger schätzte sie auf Ende zwanzig. Jedenfalls war sie mindestens zwei Jahre jünger als er. Neben ihr stand eine karierte Reisetasche, an deren Griff ein kartonierter Zettel hing. Er stammte der unverkennbar aus dem Fundus der Union Pacific-Eisenbahngesellschaft. Man brauchte nicht für die Pinkerton-Detektei zu arbeiten, um zu erkennen, dass die junge Frau auf Reisen war und auf den Zug wartete.

      Roger schenkte ihr das charmante Lächeln, das er in der Regel immer dann aufsetzte, wenn er vorhatte, jemandem Aktien nicht existierender Silberminen zu verkaufen. Dann trat an den Tisch heran und frage: »Verzeihung, Lady, ist dieser Platz noch frei?«

      Die junge Dame schaute sich kurz um. Nur am Tresen war Betrieb. Vom Spieltisch abgesehen war der Saloon leer. Ein Lächeln umspielte ihren roten Mund. Roger wusste sofort, dass er gewonnen hatte.

      »Sehr witzig«, sagte sie. »Wirklich sehr witzig.« Sie zwinkerte ihm zu. Roger nahm das Bier, das Homer ihm spendiert hatte, und nahm ihr gegenüber Platz.

      »Mein Name ist Roger... ähm... McGuinn.«

      »Freut mich, Roger. Ich bin Fifi La Plume.«

      Roger glaubte ihr kein Wort. Keine Frau auf de Welt hieß Fifi La Plume. Nicht mal in Frankreich. Es sei denn, sie war auf der Bühne tätig. Oder in dunklen Gassen.

      »Ich wette, du bist auf der Bühne tätig«, sagte Roger. »Ich seh’s an deinen hübschen Beinen.«

      Fifi grinste und zupfte an dem Kleid, das ihre Beine bis zu den Unterschenkeln bedeckte. Sie trug schwarze Lederstiefel mit hohen Absätzen und einen ausgestellten braunen Wildlederrock. Unter ihrer roten Bluse wölbten sich zwei ansehnliche Hügel, die Rogers Blick magisch anzogen.

      Sie schien nichts zu tragen, was ihm den Blick auf ihre Brustwarzen verwehrte. Welch ein Glück für Fifi, dass sie beschlossen hatte, in diesem Saloon auf den Zug zu warten. Die in den anderen Kaschemmen Omahas tätigen Frauen hätten sie mit Sicherheit als unliebsame Konkurrenz empfunden. Roger zweifelte keine Sekunde daran, dass sie eine Hure war. Aber sie war auch sehr schön, und ihre Zutraulichkeit gefiel ihm so sehr, dass er spontan eine körperliche Reaktion zeigte.

      Er hatte ein Dach über dem Kopf. Er hatte fünf Dollar in der Tasche, und vor ihm stand ein volles Bierglas. Ihm gegenüber saß ein Wesen, dessen Äußeres seine Phantasie beschäftigte. Was wollte er mehr?

      »Ich bin nicht mehr künstlerisch tätig«, sagte Fifi. »Ich habe beschlossen, der Halbwelt Adieu zu sagen und mich zu verheiraten.« Ihre Augen glitzerten auf eigentümliche Weise. Roger hatte den Eindruck, dass sie es mit der Treue nicht sonderlich genau nahm.

      »Wer ist der Glückspilz?«

      »Ein Unternehmer in einer kleinen Stadt im Westen. Sie heißt Hard Times. Ich habe ihn über eine Zeitungsannonce kennen gelernt.« Fifi deutete auf ihre Reisetasche. »Ich nehme den Abendzug.« Sie warf einen raschen Blick auf die Kuckucksuhr hinter dem Tresen. »Bis der Zug abfährt, muss ich noch ein paar Stunden totschlagen...« Ihr Blick wanderte über Rogers Gesicht, als überlege sie, ob er ein Mann sei, mit dem es sich lohnte, die Zeit totzuschlagen.

      Roger nutzte die Gelegenheit. »Ein paar Stunden?« Er räusperte sich. »Ich kenn da eine Räumlichkeit, die viel bequemer ist als die hier.« Er deutete hinter sich. »Was hältst du davon, wenn wir sie... ähm... aufsuchen? Sie liegt gleich gegenüber.«

      Er deutete zur Main Street hinaus. Dort ragte das Grand Hotel auf, in dem Homer eingemietet war. Sein Freund saß am Spieltisch und begutachtete konzentriert sein Blatt. Wenn der Spielteufel ihn in den Krallen hatte, war er für einige Stunden schachmatt gesetzt. Auch wenn er verlor, würde es ihn nicht schwer treffen. Im Gegensatz zu Roger hatte Homer noch nie am frühen Morgen in der Unterhose eine Spielhölle verlassen.

      Fifi grinste verdorben. »Was wollen wir da machen? Halma spielen?«

      »Ich würde dir gern meine Briefmarkensammlung zeigen«, erwiderte Roger.

      »Ach, wirklich?« Fifis Augen blitzten auf. Dann leerte sie ihr Glas mit einem Zug und deutete mit dem Kinn auf die Reisetasche.

      Roger ließ sein Bier stehen. Er nahm die Tasche an die Hand und sie verließen den Saloon. Draußen stürmte und krachte es. Regen fiel vom Himmel, so dass sie eilenden Fußes über die Straße rennen mussten.

      Der Hotelportier war ein Einäugiger mit einer schwarzen Augenbinde. Als er Fifi sah, kniff er sein gesundes Auge zu, und seine Miene zeigte, dass er wusste, wer sie war.

      Ein Dollar wechselte den Besitzer. Roger fragte nach Homers Schlüssel, der ihm problemlos ausgehändigt wurde. Wie er sah, war das Hotel voll belegt. Am Empfang standen eine Menge Koffer herum. Also schienen noch andere Gäste auf den Abendzug nach Oshkosh zu warten. Als er hinter Fifi die steile Holztreppe hinaufstieg, riskierte er einen Blick auf ihre schwarz bestrumpften Unterschenkel. Das, was er zu sehen bekam, gefiel ihm.

      2.

      Homers Zimmer schaute zur Main Street hinaus, die allmählich im Schlamm versank. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Das Wasser prasselte in die Tiefe. Trotz der nachmittäglichen Stunde war es inzwischen so finster wie am Abend.

      Auf dem Nachtschränkchen neben dem Messingbett brannte eine Kerze. Roger lag mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und einem schwarzen Zigarillo zwischen den Zähnen auf der gesteppten Tagesdecke und schaute Fifi La Plume zu. Sie stand am Fußende und schälte sich aus den Kleidern. Ihre straffen Schenkel steckten in Strümpfen, die von gerüschten roten Bändern gehalten wurden. Die Korsage, unter der sich ihr üppiger Busen wölbte, wirkte wie ein Pariser Modell. Fifis Haut war sonnenbraun, so dass sie eher spanisch als französisch wirkte. Dass sie keine Französin war, bewies schon ihre Aussprache. Doch aus welchem Kreis der Welt sie stammte, war Roger unklar.

      »Weiß dein Glückspilz eigentlich, was du bis jetzt getrieben hast?«, fragte er als Fifi wie eine Schlange neben ihn glitt und anfing, ihn aus seinen Kleidern zu schälen.

      »Um Gottes willen...« Sie zog ihm die Hosen herunter, betrachtete seinen Unterleib und machte große Augen. »Was ist das denn?«

      Roger warf einen Blick auf seinen Junior. »In gebildeten Kreisen sagt man Pe...«

      Fifi grinste. »Ich weiß schon, wie man so was nennt, mein Lieber.« Sie leckte sich die Lippen. »Aber wieso ist er so... ähm... groß?«

      »Er freut sich, dich zu sehen«, sagte Roger achselzuckend. Er schaute interessiert zu, als Fifi den Kopf auf seinen Bauch legte. Sein Schwengel richtete sich auf und klatschte gegen ihre Wange. Seine Hand fuhr über ihren von einem engen schwarzen Schlüpfer bedeckten Hintern und griff in ihr Fleisch.

      »Mmm...« Fifi griff ebenfalls zu. Roger zuckte zusammen. Gleich darauf spürte er ihre Lippen an seiner Männlichkeit, und er sank auf das Kissen zurück und schloss die Augen. Pech im Spiel. Glück in der Liebe. Nun ja, als Liebe wollte er das, was Fifi gerade mit ihm machte, nun doch nicht bezeichnen.