Eike Ruckenbrod

Pauls Antiweichei-Plan


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      Eike Ruckenbrod

      Pauls Antiweichei-Plan

      Gib niemals auf!

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Pauls Traum

       Die Probleme fangen an

       Die Flucht

       Alles läuft schief

       Unerhoffte Hilfe

       Ein übler Angriff

       Versöhnung auf Umwegen

       Eine Band?!

       Ein heißer Probeauftritt

       Weitere Werke der Autorin

       Impressum neobooks

      Pauls Traum

      Die Angst war dem schmächtigen Viertklässler deutlich ins Gesicht geschrieben. Totenblass stand der Junge zwischen den drei Jugendlichen. Sein Kinn zitterte, während er aufgeregt die Finger knetete. Paul blickte zu Boden. Er schämte sich dafür, Moritz und Jannik ihr böses Spiel spielen zu lassen und nicht einzugreifen. Moritz rempelte den rotblonden Viertklässler an. „Los, du Noob, rück die Kohle raus, sonst müssen wir nachhelfen!“ Sein Lachen klang tief und drohend. Jannik ließ eine grobe Kette um seine Finger wirbeln. Die Glieder rasselten in einem fort.

      Der Kleine suchte verzweifelt seine Hosentaschen ab und hielt ihm zögerlich ein 50-Cent-Stück entgegen. Moritz zog einen Mundwinkel nach oben. „Willst du uns verarschen?“ Der Junge schüttelte mit angstgeweiteten Augen den Kopf. „Ich … ich hab nicht mehr, ehrlich.“ Sein hilfesuchender Blick streifte Paul. Dieser presste die Kiefer aufeinander und sah zur Seite. Jannik spuckte dem wesentlich Kleineren vor die Füße. „Morgen bringst du fünf Euro hierher, sonst setzt‘s was!“ Der Junge nickte heftig. Moritz schubste ihn weg. „Los geh heim, du Vollpfosten und wehe du verpetzt uns, dann gibt‘s paar aufs Maul!“ Der Angegriffene strauchelte und rannte blitzschnell davon. Jannik und Moritz machten sich lautstark über ihn lustig. Sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern und lästerten über die Angst des Jungens. In Paul stieg Übelkeit auf.

      Am darauffolgenden Tag, nach der Schule, lag Paul auf seinem ungemachten Bett und starrte tief in Gedanken versunken vor sich hin. Seinem entrückten Blick entgingen die am Boden liegenden Kleidungsstücke, Chipstüten und die verklebten Raviolidosen. Er dachte an den armen Viertklässler und daran, dass er sich vorhin bei der Geldübergabe wieder mal feige verdrückt hatte, anstatt ihm gegen Moritz und Jannik zu helfen.

      Nach einer Weile flogen seine aufgewühlten Gedanken zu Elisa, dem Mädchen, das vor zwei Wochen neu in seine Klasse gekommen war. Auf ihrer Nase tummelten sich ein paar Sommersprossen. Ihre feste Spange sah man nur selten, da sie wenig lachte. Sie war mittelgroß und weder dünn noch dick. Sogar ihre schulterlangen Haare waren normalbraun und gerade. Einfach nichts, das man bombe finden konnte, und doch strahlte sie eine Anziehungskraft auf ihn aus, wie er es noch bei keinem Mädchen erlebt hatte. Wenn sie in seine Nähe kam, wurde er übelst nervös und litt unter Achselterror. Aber das Peinlichste war, dass er knallrot anlief. Wenn sich ihre Blicke auch nur für eine Sekunde trafen, war er komplett von der Rolle.

      Wie sollte man da im Unterricht aufpassen können? Seine Versetzung befand sich auch so schon im roten Bereich.

      Seit seine Mutter tot war, ziemlich genau ein Jahr, gestaltete sich Pauls Leben nicht mehr so easy und chillig, wie bis dahin. Es war hart und frustrierend geworden. Denn während sein Vater den ganzen Tag arbeitete und danach auch keine Zeit für ihn hatte, musste Paul sehen, wie er mit seinen zwölf Jahren sein chaotisches Leben auf die Reihe bekam. Er fühlte sich mit all der Last - Schule, Haushalt, Trauer und Einsamkeit – voll mies und überfordert. Und nun kam auch noch Elisa ins Spiel …

      Seufzend schloss er die Augen. Er sehnte sich nach den guten Gesprächen mit seiner Mutter.

       Ob Mama mich hier unten sitzen sieht?

      Plötzlich wurde ihm das Chaos seines Zimmers bewusst. „Entschuldige Mama, dass es hier so versifft aussieht, aber …“ du fehlst mir so unglaublich, wollte er noch hinzufügen, brachte die Worte aber nicht über die Lippen. In diesem Moment trat das Bild seiner Mutter vor sein inneres Auge und sofort überschwemmte ihn eine tonnenschwere Welle der Traurigkeit, die ihm den Hals zuschnürte, sein Kinn zittern ließ und ihm Tränen in die Augenwinkel trieb. Er hasste das! Warum war er nur so ein „Mädchen“? Warum nahm ihn immer alles so extrem mit und warum litt er so schrecklich? Wegen jeder Kleinigkeit stiegen ihm Tränen in die Augen und das Blut in den Kopf, sodass jeder mitbekam, wie er sich fühlte und über ihn lästern konnte. Aus tiefster Seele wünschte er sich, stark, cool und schlau zu sein, ohne Ängste und Sorgen.

      Paul nickte vor sich hin. Ja, das wäre echt geflasht. Bestimmt wäre Dad dann megastolz auf mich, Elisa würde mich bombe finden und ich könnte Jannik und Moritz zur Vernunft bringen.

      Aber wie und wo konnte er das erreichen? Vor allem, wenn man so ein Weichei und Loser war wie er.

      In der Schule? Auf der Straße? Im Verein oder im Fitnessstudio? Paul lachte bitter über seine verpeilten Ideen, denn viel Kohle besaßen sie nicht.

      Dann wurde er wieder ernst und grübelte weiter. Was konnte er denn überhaupt, außer eine knallrote Rübe zu bekommen und herumzustottern? Mehr fiel ihm dazu nicht ein, außer, dass er richtig gut Gitarre spielen konnte.

      Früher hatte er hin und wieder seine Großmutter im Altenheim besucht und ihr auf der Gitarre vorgespielt. Er erinnerte sich an das chillige Gefühl, das er dabei hatte. Paul schmunzelte. Das fanden die alten Leute wirklich cool. Oma Heidi, von der er die Gitarre bekommen hatte, war der Meinung, jeder sollte eine gute Tat am Tag vollbringen, das würde der Seele gut tun. Er grinste liebevoll. Vielleicht sollte ich das mal versuchen. Wahrscheinlich würde mich das schon selbstbewusster und glücklicher machen, so, dass Elisa voll geflasht wäre. Denn so ein „Mädchen“ und Loser wie mich nimmt sie sicher nicht einmal wahr …

      Aber wie sollte er das anfangen, viel Mut besaß er nämlich auch nicht? Und einfach so Leute ansprechen, ob er zum Beispiel die Einkaufstaschen tragen durfte, das getraute er sich nicht. Geplagt von Komplexen blickte Paul aus dem Fenster, dabei kaute er auf dem Nagel seines Mittelfingers.

      Nach einer Weile kam er trotzdem zu dem Entschluss, dass es ein krasses Ziel war. Es wurde höchste Zeit seinem frustrierten Leben einen guten Sinn zu geben. Superman wusste ja vorher auch nicht, dass er ein Held wurde.

      Er nahm sich fest vor, seinen ganzen Mut zusammenzunehmen. Besser, als nur daheim oder mit Moritz und Jannik auf dem Spieli abzuhängen und zuzuschauen, wie diese aus purer Langeweile Schwächere quälten, vermutete er schon viel überzeugter, denn das ging ihm voll auf den Sender.

      Paul erwachte aus seiner Erstarrung, setzte sich auf und griff nach der Gitarre, die