Evi Huter

The magic of Love


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sagen. Von dem Tage an, als sie ihre Eltern und ihren kleinen Bruder verlor, stand sie ganz alleine da. Ihre Familie starb bei einem schweren Autounfall. Ein betrunkener Autofahrer rammte die Familie frontal. Rosie war die einzige Überlebende. Ihre Eltern, und ihr Bruder waren sofort tot. Damals war sie gerade 12 Jahre alt. Da sie sonst keine weiteren Verwandten mehr hatte, wurde sie in ein staatliches Waisenhaus gebracht, wo sie bis zu ihrem 18. Geburtstag lebte. Diese Zeit war die dunkelste in ihrem Leben. Niemand war da, der sie beschützte, wenn die Oberschwester des Waisenhauses sie mit einem Lederriemen verprügelte. Dieses Waisenhaus wurde von katholischen Nonnen geführt. Da Rosie aber evangelisch erzogen wurde, war sie immer das schwarze Schaf. Für alles wurde sie verantwortlich gemacht. Da war kein Gott, der sie vor den Schlägen der Nonnen beschützte. Und Gott war auch nicht anwesend, als ihre Familie starb. Sie fühlte sich verlassen, also kehrte sie Gott ebenfalls den Rücken. Nein, damit wollte sie nie wieder etwas zu tun haben.

      Lena bemerkte die ablehnende Haltung von Rosie. Sie sprach:" Es tut mir leid, aber bei uns zuhause beten wir immer zum Herrn, bevor wir essen. Wir danken ihm dabei für seine Güte, und seine Barmherzigkeit." Rosie schüttelte den Kopf, und antwortete darauf: " Es tut mir leid, aber mit deinem Herrn kann ich nichts mehr anfangen. Wenn du mich fragst, du betest zu einem Gespenst. Denn es gibt keinen Gott. Ein Gott würde schlimme Dinge nicht geschehen lassen. Aber sie geschehen doch. Wenn es einen Gott geben würde, wäre meine Familie noch am Leben. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Ihr betet zu etwas, was nicht existiert. Aber das ist mir eigentlich egal. Du kannst machen was du willst, aber lass mich bitte da heraus. Ok?" Rosie wirkte sehr traurig und wütend zugleich, als sie dies sagte. Lena war erschüttert, über das was Rosie sagte, aber sie bemerkte auch, dass dieses Thema sehr heikel war. Deshalb zog sie es vor, Rosie nicht zu verurteilen, sondern sie versuchte sie nur zu verstehen. Sie entschuldigte sich bei Rosie für das Tischgebet. Sie sagte:" Rosie, es tut mir leid, wenn ich dir damit zu nahe getreten bin. Das wollte ich nicht. Ich werde in deiner Gegenwart nicht mehr beten." " Ach, „ seufzte Rosie, " du kannst beten sooft und so viel du willst, auch in meiner Gegenwart. Aber bitte erwarte nicht von mir, dass ich da mitmache. Das gehört nicht mehr zu meinem Leben." Damit konnte Lena leben, aber sie war auch etwas traurig darüber, dass es Rosie dabei nicht gut ging. Nach dem Frühstück machte Rosie sich fertig für die Arbeit. Sie kellnerte in einem Cafe welches sich in der Innenstadt befand. Diesen Job hatte sie schon Wochen vor ihrer Ankunft in Philadelphia klar gemacht. Lena hingegen hatte noch keine Arbeit. Aber ihre Eltern haben für ihre Zeit außerhalb gespart, und mit diesem ersparten konnte sie eine ganze Weile auskommen. Doch herum sitzen und nichts tun, war für Lena keine Option. Während Rosie bei der Arbeit war, räumte Lena das ganze Haus auf, und kümmerte sich auch um den umliegenden Garten. Irgendwann im Laufe des Tages, überlegte Lena, ob sie nicht auch irgendwo einen Job annehmen sollte. Das Geld würde zwar für eine Weile ausreichen, aber irgendwann neigt es sich bestimmt dem Ende zu. So fasste sie ihren ganzen Mut zusammen, und ging zu dem Supermarkt, bei dem sie am Vortag einkaufen waren. Sie fragte eine Mitarbeiterin, ob es in diesem Laden eventuell einen Job für sie geben würde. Und Lena hatte tatsächlich Glück. Sie suchten dringend eine Regalbetreuung. Die Mitarbeiterin war so nett, und arrangierte sofort ein Vorstellungsgespräch beim Geschäftsleiter. Da die Dringlichkeit sehr hoch war, bekam Lena den Job sofort. Die nette Mitarbeiterin hörte auf den Namen Lora. Nachdem sich Lora vorstellte, zeigte sie Lena ihren neuen Arbeitsplatz. Lena´s Aufgabe war, die Waren in das Regal zu räumen, und dafür zu sorgen, dass die Regale immer gefüllt waren. Das schaff ich bestimmt, dachte sich Lena. Sehr schnell verstand Lena wie dieses System funktionierte, und es machte ihr sogar Spaß.

      Etwa eine Stunde später, kam Lora auf Lena zu, und sagte:" Hey Lena. Wir haben jetzt eine halbe Stunde Pause. Komm ich zeig dir unseren Aufenthaltsraum. Dann stell ich dir noch die anderen Kollegen und Kolleginnen vor." Ohne Worte folgte Lena ihr in die hinteren Räumlichkeiten. Der Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter war sehr groß, und hell. Inmitten des Raumes standen einige Tische zusammen, und rundherum jede Menge Stühle. An der langen Wand, war eine große Einbauküche, mit Mikrowelle und einem großen Kühlschrank vorhanden. Auf der gegenüberliegenden Seite war eine Reihe von Spinden aufgestellt. Dort konnten die Mitarbeiter ihre Sachen unterbringen. Auch Lena sollte in Zukunft einen Spind bekommen. Während Lora ihr alles zeigte, trudelten nach und nach die anderen Mitarbeiter zur Pause ein. Als erstes betrat eine sehr zierliche kleine Frau mittleren Alters ein. Als Lora die Frau sah, rief sie:" Sandy! Komm mal her. Das ist unsere neue Kollegin Lena. Lena, das ist der gute Geist des Hauses, Sandy. Sie ist wie eine Mutter zu uns." Tatsächlich erinnerte Sandy Lena an ihre Mutter. Sie hatte etwas Gütiges an sich. Sandy lächelte, und streckte Lena zur Begrüßung die Hand entgegen, und sprach:" Herzlich willkommen bei uns. Wenn du mal was brauchst, dann kannst du dich gern an mich wenden." " Vielen Dank“, sagte Lena etwas schüchtern. Kurze Zeit später kam ein junger Mann, mit einer grünen Schürze umgebunden herein. Er war höchstens 19 oder 20 Jahre alt, hatte braunes lockiges Haar. Er schien ein ulkiges Kerlchen zu sein, denn er hatte seine Kopfhörer auf, und bewegte sich im Takt zu der Musik die er gerade hörte. Lora stellte sich vor den jungen Mann hin, nahm ihm die Kopfhörer ab, und sagte: " Danny, ich möchte dir unseren Neuzuwachs vorstellen. Das ist Lena. Sie räumt ab heute die Regale ein." " Hey krass, ich bin Danny", sagte er und reichte Lena die Hand. Lora sagte darauf zu Lena:" Mach dir nichts draus. Danny ist unser Azubi, der sagt zu allem und jedem Krass. Das ist sein Lieblingswort. Aber er ist ein sehr lieber Kerl, du wirst noch viel Spaß mit ihm haben." Lena war beeindruckt von den Menschen die in diesem Supermarkt, der sich übrigens " Mc Dale´s Supermarket" nannte, arbeiteten. Lena hatte natürlich nichts zu essen dabei, deshalb teilte Lora ihren selbstgemachten Eiersalat mit ihr. Lena sah sich um. Alle saßen da, und aßen ihr mitgebrachtes Essen. Keiner von denen sprach vorher ein Tischgebet. Das war für Lena sehr ungewohnt. Sie wollte aber nicht gleich am ersten Tag als Sonderling gelten, also verzichtete sie das erste Mal auch auf ein Gebet. Das schlechte Gewissen deswegen plagte sie sehr. Sie hatte das Gefühl, eine Sünde zu begehen. Denn der Eiersalat von Lora schmeckte so lecker. Sie dankte Gott im Stillen für das tolle Essen. Allerdings glaubte sie nicht, dass dies ausreichend war. Nach der Pause gingen alle wieder an ihre Arbeitsplätze. Lena arbeitete gerade mal 10 Minuten, da kam der Geschäftsführer zu ihr, und bat sie in ihr Büro. Dort angekommen, kam er gleich zur Sache. Er sprach:" Miss Stoltzfuss, wir haben nun gesehen, dass sie sehr gut arbeiten können. Ich bin sehr zufrieden mit dem was sie in der kurzen Zeit geschafft haben. Wir brauchen dringend jemand, der die Regale betreut. Sie können morgen um 6 Uhr früh anfangen. Ihr Dienst dauert dann bis 2 Uhr nachmittags. Der Lohn beträgt 9 Dollar die Stunde. Sind sie damit einverstanden?" Lena war sehr erfreut über diese Nachricht, und sagte sofort zu. So früh aufzustehen war für sie nie ein Problem. Zuhause klingelte der Wecker schon um 4 Uhr 30. Überglücklich über diesen Erfolg ging sie wieder nach Hause.

      Als Rosie am Abend von ihrer Arbeit nach Hause kam, erzählte Lena euphorisch über ihren Tag. Auch Rosie fand es klasse, dass auch Lena jetzt einen Job hatte. Doch während des Abendessens war Rosie sehr still, und die sonst so fröhliche junge Frau wirkte eher traurig und frustriert. Lena bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte, und fragte: " Was ist los mit dir, Rosie? Stimmt etwas nicht?" Rosie ließ ihren Kopf hängen, und antwortete:" Ach, es ist immer dasselbe. Ich werde ständig von Männern angemacht. Ich dachte, dass es in diesem Cafe anders sein würde. Immerhin ist es nur ein kleines Cafe, und keine Nachtbar. Doch auch heute wurde ich von Typen angebaggert. Ich fühle mich dann immer auf ein Stück Fleisch reduziert. Ich hasse es, wenn das passiert. Verdammt nochmal, ich bin ein Mensch. Und kein Gegenstand, den man betatschen kann, wie man will." Lena konnte die Verzweiflung in Rosie´s Stimme deutlich hören. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf Rosie´s, und versuchte sie zu trösten. Doch ihr fielen einfach keine Worte ein. Sie war selbst entsetzt, über das Verhalten dieser Männer. Eine Träne rann Rosie über die Wangen. Sie wischte sie mit der anderen Hand weg, erhob ihren Kopf, und sah mit ihrem verzweifelten Blick Lena an. Sie fragte mit weinender Stimme:" Steht auf meiner Stirn. Behandelt mich wie Vieh?" Lena streichelte zärtlich ihre Hand, und fragte:" Hast du das heute gemeldet? Hast du deinem Chef Bescheid gegeben?" Rosie schüttelte den Kopf, und weinte wieder. Dabei sprach sie:" Warum sollte ich das tun? Der glaubt mir doch eh nicht. Er glotzt mich ja selbst so unverschämt an." Lena erkannte, dass Rosie keine gut gemeinte Ratschläge brauchte, sondern nur eine starke Schulter, an der sie sich ausweinen konnte. Lena umarmte sie, und hielt sie ganz fest.