Yuriko Yushimata

Virus Mutant


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Krieg. Wenn Sie das richtige tun, machen Sie sich damit nicht unbedingt beliebt. Die Demokratie verhindert heute, dass das Notwendige getan wird. Wir tun es."

      Nina zitterte: "Was haben Sie vor?"

       "Wir werden weltweit drei bis vier Virusepidemien auslösen. Danach wird die Welt anders aussehen. Vielleicht überleben 10 Prozent, vielleicht 20 Prozent, aber die Menschen werden wieder gelernt haben, die Natur zu respektieren."

      Der Mann kam auf sie zu: "Sie werden uns dabei helfen."

      Sie spuckte ihm ins Gesicht. Er wischte die Spucke ab, er blieb ruhig: "Sie haben keine Wahl."

      Ihr wurde untersagt, den Raum, in dem sie sich befand, zu verlassen. Aber wo sollte sie auch hin?

      Einige Tage vergingen eintönig, sie waren hier offensichtlich isoliert vom Rest der Welt. Am Samstag, es musste Samstag sein, wenn sie sich nicht verzählt hatte, hörte sie Türen schlagen und Streit.

       "Wir müssen das Virus testen vor der massenhaften Fr eisetzung."

      Das war die Stimme der Frau, die angeschossen worden war. Sie schien sich erholt zu haben. Die anderen Stimmen konnte sie nicht verstehen. Sie hörte nur noch die Worte "... die Geiseln ..."

      Dann nach einer Weile hörte sie das Schreien der anderen Geisel.

      Dann war es wieder ruhig.

      Vier Tage später hörte sie Schüsse. Dann sah sie die andere Geisel durch den Schnee kriechen, und sie sah die blaue aufgesprungene Haut, das Blut aus den Mundwinkeln, A/H1N5, die Deutsche Pest.

      In ihr kamen alle Erinnerungen hoch, die Leichen überall, ihre tote Mutter zusammengekrümmt auf dem Küchenboden, die Maden in älteren Leichen. Sie konzentrierte sich ganz auf das Bild ihres Springseils, ihr Springseil, und atmete langsam ein und aus.

      Draußen schienen die beiden Männer, die sie zuerst als Polizisten verkleidet gesehen hatte, Spaß an der Jagd zu finden. Sie hörte weitere Schüsse und Lachen.

      Später brannte es etwas abseits des Hauses, was brannte, konnte sie nicht sehen.

      Die Frau und der Mann, die als Ärzte verkleidet gewesen waren, schienen zufrieden.

      In der Nacht schneite es. Am nächsten Tag lag der Schnee so hoch, dass an ein Verlassen des Hauses für die nächsten Tage nicht zu denken war. Nina wusste jetzt, was zu tun war.

      Sie wartete auf die Nacht. Zwar schlossen die Entführer sie an ein Heizungsrohr, doch sie waren nicht mehr achtsam, es gelang ihr, ihre Hand aus der Handfessel zu lösen. Leise schlich sie durch das Haus. Sie musste nicht lange suchen. Die Kühlbox mit den Viren war nicht einmal versteckt. Sie nahm die Ampulle heraus, A/H1N5, und strich sich damit ein, dann die Türklinken und die Handtücher im Bad.

      Ihr liefen Tränen über das Gesicht.

      Dann legte sie sich wieder hin.

      Als am nächsten Morgen ihre Hand nicht gefesselt war, schrie der Mann, der als Arzt verkleidet gewesen war, rum, aber sonst passierte nichts.

      Am nächsten Tag, es war der zweite Samstag, den sie nun hier war, bekamen sie alle Fieber. Zuerst wollten die Entführer es nicht wahrhaben. Dann, nach einem weiteren Tag, fingen die Halluzinationen an und nach weiteren 14 Stunden gab es den ersten Toten.

      Dienstag waren alle tot.

      Nina betrachtete die Toten: "Seid doch froh, jetzt habt Ihr Euren Lieblingen zur Speise gedient."

      Sie schaffte die Toten in einen abseits gelegenen Schuppen, sie deponierte dort auch die Kühlbox und zündete dann den Schuppen an.

      Dann desinfizierte sie das Haus gründlich. Die Entführer hatten große Kanister mit Desinfektionsmittel im Anbau gelagert. Sie badete fast darin. Sie durfte niemanden gefährden.

      Aber im Haus konnten die Viren ohne Wirt sowieso nur ein paar Tage überleben.

      Sie dachte zurück an ihre Kindheit, an die Schlagzeilen über den einzigen Menschen, der die Virusepidemie vor 20 Jahren trotz Infektion unbeschadet überlebt hatte, an das kleine Mädchen mit dem Springseil.

      Die Zeitungen hatten damals alle ihr Bild abgedruckt. Das Springseil hatte sie damals vor dem Verrücktwerden bewahrt zwischen all den Toten. Als die Seuchenkommandos in ihren Anzügen kamen und das kleine Mädchen mit dem Springseil trafen, mussten sie einen Moment an ihrem Verstand gezweifelt haben.

      Später wurde sie untersucht und wieder untersucht. Alle anderen waren tot. Sie hatte als einzige Infizierte überlebt.

      Das war jetzt 20 Jahre her.

      Sie war immun, zu essen war ausreichend da und der Schnee würde schmelzen.

       FIN

       Varus der Virus

      "Heute spielen wir Varus der Virus und Armin der Antikörper." Das schmale Lächeln der Betreuerin im Kinderhort traf Ayumi nicht mehr unvorbereitet. Inzwischen hatte sie gelernt, dass dieses Lächeln immer eine Kampfansage bedeutete. Wir werden Dich schon zurechtbiegen.

      "Die kleine Ayumi spielt Varus den Virus. Und außer unserer kleinen Chinesin spielt auch noch Michael Varus."

      Die Betreuerin schubste einen etwas unbeholfenen ängstlichen Jungen in die Ecke, in der Ayumi stand.

       "Ich bin keine Chinesin, ich bin Japanerin."

      Die Betreuerin lächelte Ayumi erneut an.

       "Aber Ayumi, das ist doch egal."

      Dann wandte sie sich an alle Kinder. "Varus war ein böser römischer Feldherr, der versucht hat, Deutschland zu erobern. Armin, ein germanischer Fürst, hat Deutschland verteidigt, Varus besiegt und die Römer vertrieben."

      Ein kleiner Junge meldete sich: "Was ist germanisch?"

       "Germanisch ist ein alter Ausdruck für deutsch. Genauso wie damals unsere Vorfahren sich dagegen gewehrt haben, dass die Römer, dass Fremde, in Deutschland eindringen und die Macht übernehmen, genauso wehrt sich unser Immunsystem mit Hilfe von Antikörpern gegen Viren. Über Viren haben wir ja schon geredet.

       Was macht man gegen Viren?"

      Die Kinder brüllten im Chor: "Hände waschen!"

      Nur Ayumi sagte nichts.

      Die Betreuerin lachte: "Das habt Ihr aber gut gelernt. Die anderen, außer Ayumi und Michael, spielen also alle Armin den Antikörper. Eure Aufgabe ist es, Varus den Virus, also Ayumi und Michael, zu vertreiben. Das Spiel ist zu Ende, wenn Ayumi und Michael draußen im Hof stehen. Viren müssen ausgeschlossen werden.

       Ich klatsche jetzt einmal in die Hände und dann geht es los."

      Michael fing an zu heulen und ließ sich von der Gruppe Kinder willenlos hinausschubsen. Ayumi nutzte den kurzen Moment, um sich auf der höher gelegenen Spielebene zu verschanzen.

      Doch auf einmal spürte sie den harten Griff der Betreuerin von hinten.

       "Ayumi, das ist unfair. Das giltet nicht."

      Sie hob Ayumi hoch und stellte sie direkt vor die Gruppe der anderen Kinder. Die Kinder stürmten johlend auf Ayumi zu und schubsten sie nach draußen.

      Die Betreuerin steckte kurz ihren Kopf durch die Tür.

       "Ihr bleibt erst mal hier draußen."

      Drinnen sangen die Kinder Spottgesänge auf Varus den Virus. Und krakeelten: "Armin, Armin!"

      Der Junge mit Namen Michael saß auf dem staubigen Steinboden und schlug verheult seinen Kopf gegen einen Baum. Ayumi tanzte über den Hof und achtete darauf, dass die Betreuerin sie