Hannah Liesmot

OHNE MILCH UND ZUCKER


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Martin und prustete los. “Hä, hä!”, lachte ich ironisch. Natürlich konnte ich kochen, aber griff eben für Gratins, Pfannen und Suppen gerne auf Kochhilfen in Tüten zurück, die ich mit frischen Zutaten kombinierte. Maxim kochte ihre Brühe mit Suppengrün und ich hatte sie gefragt, welches Pulver sie nahm, weil es gut schmeckte. Sie lachte mich aus und erzählte überall herum, dass ich nicht kochen könne. Marco rief nur noch selten an. Ende Mai konnte ich endlich umziehen, weil die ausgesuchte Wohnung in der nächstgelegenen Kleinstadt erst jetzt frei geworden war, denn der Kumpel meines Schwagers, der bislang darin hauste, zog bei seiner Freundin ein. Zwei größere und ein kleineres Zimmer, Balkon, Küche und Wannenbad hatte ich nun für mich allein. Die neue Wohnung befand sich in einem Altbau gleich um die Ecke des Hauses der Eltern meines Schwagers, in dem meine Schwester mit ihrer Familie in der untersten Etage wohnte. Nach vier Monaten Einengung im elterlichen Keller, die ich erstaunlicherweise äußerst gelassen hingenommen hatte, freute ich mich auf meine eigenen Wände, wie eine Jugendliche, die sturmfrei hatte. Zwischendurch war ich ein Wochenende nach Leipzig gefahren, um schon Kisten zu packen und Wände zu weißen. Marco hatte immer noch die Zweitschlüssel zu meiner Wohnung. Als ich in Leipzig ankam und aufschließen wollte, musste ich feststellen, dass die Schlüssel nicht am Bund waren. Sie lagen im Kellerzimmer bei meinen Eltern über dreihundert Kilometer entfernt. Ich hatte sie abgemacht, damit ich sie nicht verliere. Mir blieb am späten Freitagnachmittag nichts anderes übrig, als bei Marco zuhause anzurufen, denn am Institut erreichte ich ihn nicht mehr. Eine Frauenstimme meldete sich. Entweder war es seine Partnerin oder eine Tochter. Ich fragte förmlich nach Dr. Priester. Er war nicht da. Ich bat die mädchenhafte Stimme, ihm auszurichten, dass er dringend bei Frau Klasen anrufen möchte. Sie schrieb meine Handynummer auf. Ich wusste, wo er wohnte und fuhr mit meinem Auto dorthin und stellte mich auf den Parkplatz des gegenüberliegenden Supermarktes. Ich ging für das Wochenende zu Essen einkaufen. Das Handy in meiner Jackentasche machte Zen-Töne. Marco war dran und motzte mich an, was mir einfiel, bei ihm privat anzurufen. Ich erklärte ihm, was passiert war und bat ihn, kurz runterzukommen und mir die zweiten Exemplare an Schlüsseln für meine Wohnung zu geben. “In zehn Minuten”, sagte er. Ich stand im Ausgangsbereich des Marktes und verstaute den Einkauf in Beutel. Da kam Marco herein. “Komm mir nicht hinterher!”, brummte er mir im vorbeigehen zu. Er ging zum Fleischer und kaufte Aufschnitt und Hack. Beim Hinausgehen streckte er mir mit grimmigem Gesicht den Schlüssel entgegen. Mir standen die Tränen in den Augen. Auf dem Rückweg verwandelte sich meine Traurigkeit in Wut über sein missbilligendes Verhalten. Wir sahen uns an dem Wochenende nicht. Er fuhr Samstag früh mit seiner Familie weg. Das wusste ich aus dem letzten Telefonat mit Marco. Ich fragte mich, warum er keine Ausreden erfand. Er war doch sonst so schlau und redegewandt, wenn es um die Wissenschaft ging. Er hätte sagen können, ich wäre eine Studentin, die etwas für ihre Abschlussarbeit wissen will oder so etwas Ähnliches. Er konnte nicht einmal für mich lügen. Warum zog er dann keinen Schlussstrich?

      *

      Ich hasste Umzüge wie die Pest, ging dieses Mal aber alles sehr organisiert und sortiert an und ließ es über mich ergehen. Dieses Kaputtmachen, Ausräumen und Verändern, machte mich regelrecht krank. Meine Schwester, ihr Mann, der damals ihr fester Partner war, und ich bereiteten zur Silberhochzeit unserer Ellies das Renovieren ihrer Stube vor. Das fünfundzwanzig Jahre lang verheiratete Paar machte eine Kreuzschifffahrt. Wir kratzten die alten Tapeten von den Wänden, damit der Vater meines Schwagers, der Maler war, anschließend tapezieren und streichen konnte. Am frühen Nachmittag unseres ersten Einsatztages bekam ich hohes Fieber. Die ganze Zeit lang, in der renoviert wurde, lag ich inmitten des Chaos` und schlürfte heißen Holunderbeersaft, den meine Schwester gemacht hatte. Am Tag nach meinem Umzug hielt Marco ein Referat auf einer Tagung in einem kleinen Nest an der Müritz, etwa eine Stunde Fahrzeit von meinem neuen Zuhause entfernt. Ich ließ mich überreden, dass wir uns sahen und er bei mir übernachten konnte. Ein Rückfall, wenn man so will. Ich wollte versuchen, mit ihm befreundet zu bleiben, obwohl Freunde bleiben, bei mir noch nie geklappt hat. Er kam, ich zeigte ihm meine neue Wohnung. Sie gefiel ihm, trotz des Chaos` aus Kisten und Möbeln, die noch nicht ausgeräumt und aufgestellt worden waren, sondern sich stapelten und im Weg herum standen. Wir gingen essen. Er pöbelte die Kellnerin voll, stellte Fragen zu den Gerichten in einem unhöflichen, arroganten Ton, dass es mir peinlich wurde. Ich nahm das teuerste Gericht mit drei Sorten Fleisch und den besten Wein. Er zahlte. Wir gingen zu mir und waren beide todmüde von Umzug und Fahrt. Er erwiderte meinen Kuss nicht. Morgens machte ich ihm einen Kaffee, dann musste er los zu der Veranstaltung. In mir drin waren auch die restlichen Gefühle für ihn abgetötet. Seitdem rief er mich etwa einmal im Monat an, um mir zu sagen, dass ich ihm fehlen würde. Der räumliche Abstand half mir. Mir wurde klar, dass mir diese Dreiecksgeschichte stärker zugesetzt hatte, als ich wahr haben wollte. Ich kam in sehr schlechter seelischer und emotionaler Verfassung bei meiner Familie an. Die neue Stelle, meine Familie und die Wohnungssuche lenkten mich ab und brachten mich auf andere Gedanken. Ich relativierte meine Beziehung zu Marco. Mir waren drei Partner auf Dauer einer zu viel. Ganze vier Jahre hatte ich gebraucht, um zu begreifen, dass er sich niemals entscheiden würde. Meine Liebe zu ihm war erkaltet. Ich zog für meinen Teil einen endgültigen Schlussstrich unter die Sache. Darüber mit ihm zu reden, erschien mir zu müßig. Seine Anrufe würgte ich mit Ausreden, wie keine Zeit oder es wäre gerade ungelegen ab. Nach anderthalb Monaten rief Marco an. Er hätte eine Anfrage für einen Vortrag in Bützow zwischen der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin und Güstrow, berichtete er mir und fragte mich allen Ernstes, ob ich den Tag vorher dorthin kommen wolle. Der Veranstalter des Symposiums hatte ein Hotelzimmer für ihn reserviert. “Dann könnte ich dich wieder sehen. Ich vermisse dich so.”, schmeichelte mir Marco. Meine Sirenen sprangen an. Untypisch für mich, heckte mein in Stress geratener Geist eine Gemeinheit aus. “Oh, wie schön”, antwortete ich, “ja, ich kann mir Urlaub nehmen. Schickst Du mir die Adresse von dem Hotel durch. Wann wollen wir uns treffen, gegen achtzehn Uhr?”. “Ach nein, wenn du schon zum Mittag kommen kannst, dann würde ich schon richtig früh in Leipzig losfahren. Dann haben wir mehr Zeit.”, gab Marco zurück. “Ja, du hast recht. Lass uns schon um die Mittagszeit dort sein.”, antwortete ich hinterlistig. An besagtem Vortag der Tagung, auf der Marco referieren wollte, fuhr ich vorsätzlich nicht zu der Verabredung und versetzte Marco. Der hielt es nicht einmal für nötig anzurufen. Ich hätte einen Unfall haben und am Verrecken sein können. Marco blieb sorglos. Ich hoffte, dass er sich wenigstens ordentlich ärgerte, sich langweilte und mich verfluchte, weil ich ihn eiskalt berechnet abserviert hatte. Seitdem hörte ich nichts mehr von Marco.

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