Edgar Wallace

Der Teufel von Tidal Basin


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      LUNATA

Der Teufel von Tidal Basin

      Der Teufel von Tidal Basin

      Kriminalroman

      © 1930 by Edgar Wallace

      Originaltitel White Face

      Aus dem Englischen von Ravi Ravendro

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

      1

      Zu den Bekannten des Reporters Michael Quigley gehörten Einbrecher, Diebe, Schwindler, Bankräuber, Taschendiebe und viele andere Leute, die nicht gern mit der Polizei in Berührung kamen. Auch mit fast allen Beamten von Scotland Yard stand Mike auf gutem Fuß, und mehrmals hatte er schon, das Wochenende mit dem Henker Dumont verbracht. In seinem Zimmer hingen Fotografien von früheren Königlichen Hoheiten, Schwergewichtsmeistern und berühmten Schauspielerinnen. Er wußte genau, wie sich normale und anomale Menschen in jeder Lebenslage benehmen, nur bei Janice Harman versagten seine Kenntnisse und Erfahrungen.

      Er konnte allerdings verstehen, daß eine alleinstehende junge Dame, die keine Verpflichtungen hatte und ein jährliches Einkommen von dreitausend Pfund bezog, sich irgendwie nützlich machen wollte und Befriedigung darin fand, als Krankenschwester in einer Klinik im Osten Londons tätig zu sein. Andere Mädchen hatten ähnliches getan, und sie unterschied sich von der Mehrzahl nur dadurch, daß sie ihrer menschenfreundlichen Tätigkeit nicht müde wurde.

      Janice war liebenswürdig und sah sehr gut aus. Michael war sich allerdings nicht klar darüber, was ihn so stark an ihr fesselte: ihre Augen, ihr Mund oder ihre gute Figur. Er hatte nur den Wunsch, sie stundenlang, ja für immer anzuschauen.

      Niemals freilich konnte er die Kluft überbrücken, die sie von ihm und seinen siebenundzwanzig Jahren trennte. Sie war dreiundzwanzig und hatte ihm schon oft auseinandergesetzt, daß eine Frau in diesem Alter mindestens um zwanzig Jahre erfahrener sei als ein Mann.

      Er hatte gerade sein Monatsgehalt bekommen und sie zum Abendessen in den Howdah-Klub eingeladen. Seine Stimmung war vergnügt und froh, aber plötzlich erzählte sie ihm eine Neuigkeit, die ihm sein weiteres Leben grau in grau erscheinen ließ.

      Von ihrem romantischen Briefwechsel hatte er allerdings schon gewußt. Er hatte über den Mann gespottet, hatte ihr Vorwürfe gemacht und versucht, sie durch Ironie und Sarkasmus davon abzubringen. Die Sache hatte harmlos begonnen. Eines Tages fand Janice einen Brief in ihrer Wohnung vor. Ein Unbekannter bat sie darin um die Freundlichkeit, ihn mit seiner alten Krankenschwester in Verbindung zu bringen, der es sehr schlecht ging. Diesen Brief erhielt sie, nachdem sie einige Monate in der Klinik von Dr. Marford tätig war und eine Zeitung in einem Artikel ihre Tätigkeit dort gewürdigt und gerühmt hatte. Er kam aus Südafrika und enthielt eine Fünfpfundnote. Diesen Betrag sollte Janice der Krankenschwester übergeben, wenn sie aufzufinden war. Andernfalls sollte sie das Geld einem Krankenhaus überweisen.

      Michael hatte sie gewarnt und ihr erzählt, daß Betrüger sich oft so an ihre Opfer heranmachen. Janice war böse geworden und hatte ihm vorgeworfen, daß er durch seinen Beruf in allen Menschen Verbrecher sehe.

      Heute erst erfuhr er, daß der Fremde schon seit ein paar Tagen in London weilte. Das war die Neuigkeit, die ihn so traurig machte.

      »Sie sind einer meiner ältesten Freunde, Michael«, begann Janice etwas atemlos, »und ich fühle mich verpflichtet, es Ihnen zu sagen.«

      Er hörte ihr bestürzt zu.

      Sie hätte auch sehen können, wie blaß er wurde, aber sie schaute ihn absichtlich nicht an. Ihre Blicke hefteten sich auf die tanzenden Paare, die sich auf dem Parkett bewegten.

      »Sie müssen ihn persönlich kennenlernen – Sie finden ihn vielleicht nicht so besonders, aber ich wußte schon immer ... ich meine aus seinen Briefen ... er hat ein fürchterliches Leben im wilden Afrika gehabt. Es tut mir natürlich sehr leid, daß ich den guten Dr. Marford im Stich lassen mußte, aber ...«

      Ihre Worte waren ein wenig zusammenhanglos.

      »Wir wollen doch klar sehen, Janice. Ich werde versuchen zu vergessen, daß ich Sie liebe und immer geliebt habe. Ich wartete nur auf eine Gehaltserhöhung, um Sie um Ihre Hand zu bitten.« Seine Stimme klang ruhig und fest. »Es ist ja nicht ungewöhnlich. Ich habe schon öfter von solchen Fällen gehört. Ein Mädchen beginnt einen Briefwechsel mit einem Mann, den sie noch nie gesehen hat. Die Briefe werden vertraulicher und freundschaftlicher. Sie webt einen ganzen Schleier von Romantik um den Schreiber. Sieht sie ihn dann später eines Tages in Wirklichkeit, so ist sie entweder furchtbar enttäuscht oder sie verliebt sich auf den ersten Blick in ihn. Man sagt, daß auf diese Weise schon glückliche Ehen zustande gekommen sind, aber es gibt auch Gegenbeispiele. Ich weiß tatsächlich nicht, was ich dazu sagen soll.«

      Er sah zufällig auf ihre linke Hand und vermißte den wundervollen Rubinring, den sie getragen hatte, solange sie sich kannten.

      Sie wußte sofort, was sein Blick zu bedeuten hatte, und legte die Hand in den Schoß, so daß er sie nicht mehr sehen konnte.

      »Wo ist Ihr Ring?« fragte er trotzdem.

      Sie errötete, und seine Frage beantwortete sich dadurch eigentlich von selbst.

      »Ich habe ihn – aber ich weiß gar nicht, was das mit Ihnen zu tun hat?«

      Er holte tief Atem.

      »Es hat nichts mit mir zu tun, ich bin nur neugierig. Ein Austausch von Liebeszeichen?«