Hans-Jürgen Setzer

Braunes Eck


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Marlene lässt die Katze aus dem Sack, oder doch nur ein Kätzchen?

       Vanessa lässt sich nicht länger vertrösten

       Ohne Moos nix los

       Armageddon in Koblenz

       Epilog

       Danksagung

       Impressum neobooks

      Braunes Eck

       Mittelrhein - Krimi

      Hans-Jürgen Setzer

       Impressum

      Texte: © Copyright by Hans-Jürgen Setzer

      Umschlag: © Copyright by Hans-Jürgen Setzer

      Verlag: Hans-Jürgen Setzer

      Kirchweg 13

      56244 Maxsain

      [email protected]

      Druck: epubli, ein Service der

      neopubli GmbH, Berlin

      Printed in Germany

      Prolog

      Sporthallen sind von Natur aus Orte, an denen Freude und Leid sehr nahe beieinander liegen. Während der eine gewinnt, verliert der andere bereits. Solange beide Varianten in ausgeglichenem Maße vorkommen, lässt sich ein Verlust für Sportler und Zuschauer sicher verkraften. Jedoch sind gelegentlich bereits die kleinsten Verluste gekoppelt mit Wut und Ärger. Kein Sportler, sei er auch noch so gut, wird lebenslang immer nur vom Glück verwöhnt werden können. Sollte Sport nicht eine spielerische Freizeitbeschäftigung sein? Wie gelingt es überhaupt in einem Spiel solches Leid und derart extreme Gefühle von Unglück hervorzurufen? Warum entsteht solche Wut, solcher Hass, nur weil der eine gewinnt, der andere nicht und der Verlierer sich oft ungerechterweise auf der falschen Seite gelandet sieht? Sei es ein vermeintlich falsch entscheidender Schiedsrichter, einfach Schicksal, schlechte Form oder was auch immer gewesen. Diese Eigenart Dinge nicht zu akzeptieren scheint zutiefst menschlich.

      Hat jedoch wie heute, an diesem Ort ein junges Leben sein Ende gefunden, so muss eindeutig festgestellt werden, dass Gefühle eines oder mehrerer Menschen fehlgeleitet worden sind. Selbstmord oder ein Verbrechen, diese Frage stellt sich.

      Der neue Leon

      Leon stand vor dem Spiegel und betrachtete die neue Version von sich selbst. Seit einigen Wochen experimentierte er mit seinem Bart herum. Bisher war er immer glattrasiert durchs Leben gelaufen. Versuche im Urlaub, sich einen Bart wachsen zu lassen scheiterten regelmäßig nach wenigen Tagen, genau dann, wenn die Haare anfingen kratzig zu werden. „Unvorstellbar, wie das manche Männer aushalten können“, dachte er immer häufiger.

      Seit der Trennung von Sophie entwickelte sich ein ganz starkes Bedürfnis, etwas an seinem Äußeren zu verändern. Frauen machten das in Krisenzeiten für gewöhnlich auch. Sie gingen zum Friseur, wechselten Frisur und Haarfarbe, besuchten mehrfach in der Woche das Fitnessstudio, um mit harter Arbeit die Traumfigur zurückzuerobern. Dafür kasteiten sie sich dann obendrein mit Nulldiäten. Endlich passten neue Kleider wieder in den Größen, die nicht mehr förderlich auf eine Depression wirkten. Eine perfekte Ablenkung vom eigentlichen Problem und zudem ein Versuch, den eigenen Marktwert zu verbessern. Wunderbar, die Haare abzuschneiden, wenn der Ex lange Haare so sehr liebte oder wieder schlank oder etwas pummeliger zu sein, wenn der Ex die Pölsterchen liebte oder kritisch beäugte. Dem Alten damit im Nachhinein noch eins auswischen – ja!

      Auch Leon spürte das Bedürfnis nach einem neuen Körper- und Lebensgefühl, und sei es nur um den Eindruck von sich zu verbessern, wenn er an einem Spiegel vorbeikam. Begonnen hatte er sein Experiment mit einem Vollbart. Die Rückmeldungen seiner Umgebung kamen prompt: „Oh, Sie sehen ja völlig verändert aus! Haben wir uns so lange nicht gesehen? Ein Bart steht Ihnen aber wirklich gut! Er macht Sie irgendwie männlicher.“ Leon fühlte sich dennoch nicht wirklich wohl in dieser kratzigen Haut und er mochte es auch nicht besonders im Mittelpunkt zu stehen und von allen Seiten ganz genau betrachtet zu werden. Ein eigens dafür beschafftes Bartöl half auch nicht wirklich lange gegen diese Borstigkeit. Immer wieder griff er prüfend zu seinen Barthaaren. In der aktuellsten Version versuchte er es mit einem Bart rund um den Mund, ohne die Backenpartien wachsen zu lassen. Die gepflegte Bartversion schien offenbar bei vielen gut anzukommen und bestätigte ihn somit grundsätzlich in seiner Idee.

      Jedes Mal, wenn er vor dem Spiegel stand, musste er über und mit sich selbst lachen. „Schon besser. Ist es das vielleicht schon? Es wirkt ein wenig verschmitzt. Mal sehen. Auf geht es Leon, das schönste Leben wartet auf dich! Du musst nur lernen, es zu sehen und es zuzulassen.“

      Schrecksekunde

      Die Pausenglocke klingelte schrill in der Schulsporthalle des Stadtteils Koblenz-Lützel und ließ erkennen, dass zu anderen Tageszeiten Schulkinder hier in Bewegung und zum Schwitzen gebracht werden sollten. Die Schüler waren zu dieser Zeit bereits lange bei ihren Familien.

      Milena Hofmann stellte ihr Fahrrad vorsichtshalber in den Fahrradständer vor dem Gebäude und schloss es mit einem extra stabilen Fahrradschloss fest. Schließlich konnte man nie wissen, jedenfalls nicht in Lützel. Die Kriminalitätsrate schien in diesem Stadtteil, gefühlt jedenfalls, deutlich höher, als anderswo in Koblenz. Im Freundes- und Verwandtenkreis erzählten einige von Beulen am Auto, ohne die Bereitschaft eines Verursachers, am Ende auch für die Reparatur aufzukommen, von gestohlenen Fahrrädern, Körperverletzung auf offener Straße und so weiter. Gut, Lützel hatte sich die letzten Jahre ein wenig gemausert, seit zunehmend mehr Studenten dorthin zogen, weil es sich dort günstiger wohnen ließ als im restlichen Koblenz. Die heile Welt war dennoch eher woanders zu suchen, in Oberwerth vielleicht, jedenfalls oberflächlich betrachtet.

      Milena hatte vor einigen Wochen mit Tobi Schluss gemacht. Sie waren fast die gesamte Oberstufe über ein Paar gewesen. Es fiel ihr heute ganz und gar nicht leicht hierher zu kommen. Die letzten Wochen grenzten schon fast an Stalking. Ständig war Tobi immer wieder genau dort aufgetaucht, wo Milena unterwegs gewesen war. Er beobachtete sie nur aus der Ferne, sprach nicht mit ihr, verhielt sich wie ein Schatten. Geklärt wurde auf diese Weise natürlich nichts zwischen ihnen, ganz im Gegenteil. Langsam wurde ihr dieses Verhalten unheimlich, wenn er beispielsweise abends zu Fuß, mit dem Rad oder auch seinem Cabrio ganz langsam an Milenas Wohnhaus vorbeikam und einfach nur schaute. Vermutlich wollte er nur nachsehen, ob es einen anderen Mann in ihrem Leben gab, vielleicht auch ob sie zu Hause war und was sie gerade machte. Das Telefon hatte häufiger geklingelt, ohne Anzeige einer Rufnummer und am anderen Ende der Leitung war kein erkennbares Lebenszeichen zu hören, höchstens ein leises Atemgeräusch war hin und wieder zu erahnen.

      Sie hatte sich daraufhin ein Herz gefasst und wollte ihn entweder bei einem kleinen Spaziergang oder einem Getränk zur Rede stellen. Sie wusste, dass er vermutlich heute zum Training gehen würde, denn das war ihm in all den gemeinsamen Jahren immer sehr wichtig gewesen. Körper und Aussehen hatten absoluten Vorrang gehabt.

      Das Training war offensichtlich früher beendet worden oder eventuell sogar ganz ausgefallen, denn es standen weder Fahrräder noch sonstige Fahrzeuge vor der Halle geparkt. Nur