ist dem in unserer Vorstellung vom älteren Menschen existierenden Bild gewichen. Runder Rücken, eingefallene Brust, dicker Bauch, dünne Beine. Die Kraft- und Ausdauerfähigkeit hat stark nachgelassen. Geschwundene Muskelmasse wurde durch Fett oder nicht ersetzt. Fehlende Muskelmasse ist andererseits auch Ursache dafür, dass man sich auf seinen Beinen nicht mehr sicher fühlt. In diesem Zustand ist es schwer zu glauben, dass man noch etwas ändern könnte. Glaube, nicht der an Gott, und eine gehörige Portion Motivation versetzen bekanntlich Berge und hätte ich es nicht in meiner Tätigkeit erlebt, hielt ich es auch nicht für möglich, dass Menschen selbst in hohem Alter ihre Leistungsfähigkeit steigern können und sich über neu gewonnene Beweglichkeit, erhöhten Muskeltonus und größere Körperkraft freuen können. Die Rede ist von Menschen, die mit 70 oder 80 Jahren zum ersten Mal ein Fitness-Studio betreten haben und danach viele Jahre trai-nierten und es teilweise heute noch tun. Auch wir, meine Frau und ich, haben nach der Schließung unseres Fitness-Studios ohne größere Unterbrechung unsere sportlichen Aktivitäten wiederaufgenommen und dabei eine große Anzahl begeisterter Leute in unserem Alter kennengelernt. Natürlich kann ein Mensch, der jahrzehntelang sportabstinent gelebt hat, nicht erwarten, dass er die Leistungsfähigkeit seiner besten Jahre wiedererlangt, aber er wird sich gegenüber dem Ausgangszustand signifikant verbessern. Und keine andere sportliche Betätigung ist dazu besser geeignet, als das Widerstands- oder Krafttraining, kombiniert mit Ausdauertraining, in einem Fitness-Studio. Der besondere Vorteil des Widerstandstrainings an speziellen Geräten besteht darin, dass man jeden Muskel und jede Muskelgruppe ihrer Funktion entsprechend durch genau definierte Bewegungsabläufe, mit veränderbaren Belastungen trainieren und im Bedarfsfall die Bewegung abbrechen kann. Das Verletzungsrisiko ist im Kraftsport, vor allem beim Training an Maschinen, statistisch gesehen nahe Null, vorausgesetzt, man lässt sich nicht von übertriebenem Ehrgeiz leiten. Auf einen ausgewogenen Anteil an Ausdaueraktivitäten sei noch einmal deshalb hingewiesen, weil dadurch die Herztätigkeit aktiviert und der Trainierende gezwungen wird, tiefer zu atmen, was im täglichen Leben, und je älter man wird, umso seltener, nicht mehr stattfindet.
Es sei hier nochmals betont, dass dieses Büchlein jede Altersgruppe, ob sehr junge oder ältere Jugendliche, Männer oder Frauen aller Altersgruppen ansprechen will. Zu spät ist es zwar nie mit einem gezielten Körpertraining oder generell mit körperlichen Aktivitäten zu beginnen, aber je eher man es in seine Lebensplanung aufnimmt, umso wirkungsvoller, nachhaltiger und ergebnisträchtiger ist es. Maßvolles, dennoch erschöpfendes Körpertraining garantiert kein längeres Leben, auch unter Umständen das Ausbleiben von Erkrankungen nicht, aber es beschert einem ein besseres Lebensgefühl und eine größere Lebensqualität. Die Gebrechlichkeit, die wir bei älteren Menschen feststellen, ist fast ausschließlich auf das Versagen einer im-mer mehr verkümmernden Muskulatur und hier vor allem der die Beine bewegenden zurückzuführen. Jeder hat mit Sicherheit in seinem Umfeld erlebt, wie ältere Menschen sich immer unsicherer und schlürfend bewegen, dann irgendwann zum Stock und schließlich zum Rollator greifen, bevor sie im Rollstuhl gefahren werden müssen.
Eine kleine Episode am Ende dieser Empfehlung, die zeigt, wie weit Freude an Leben und Sport gehen kann: Der deutsche Seniorenleichtathlet Friedrich-Ernst Mahlo, vielfacher Welt-, Europa- und Deutscher Meister im 100m- und 200m-Lauf, zuletzt der Altersklassen 90 und 95 Jahre, antwortete, als er ca. 92 Jahre alt war, auf die Bemerkung seines auch schon älteren Bruders, wie lange er noch dreimal wöchentlich trainieren und zu Wettkämpfen fahren wolle, er solle sich doch lieber ausruhen: „Dazu habe ich im Alter noch Zeit“. Er musste mit 95 Jahren verletzungsbedingt vom Wettkampfsport zurücktreten. Im 102. Lebensjahr ist er 2013 verstorben. Ein erfülltes Leben, das natürlich nicht jedem Sporttreibenden beschieden ist, ging damit zu Ende.
Unser Ursprung und genetische Bestimmung
Vor ein paar Millionen Jahren, die Angaben dazu schwanken sehr, wozu auch ein neulich in Zentralafrika gefundener 4 Millionen Jahre alter weiblicher Schädel beiträgt, erhob sich aus dem Reich der Affen eine Art, die den Übergang zu einer neuen Spezies auf unserem Erdball schaffte. Zu diesem Zeitpunkt war die Erde be-reits Lebensraum von Millionen Arten aller Gat-tungen der Tier- und Pflanzenwelt, die teilweise hunderte oder zig Millionen Jahre existierten, dann auf Grund veränderter Lebensbedingun-gen vergingen, aber auch bis in unsere Zeit unverändert überlebten. Leider muss man heute feststellen, dass der Mensch seine intellek-tuellen Fähigkeiten nicht nur zu seinem und zum Nutzen des unglaublichen Artenreichtums auf unserem Planeten genutzt hat. Immer wieder erreichen uns Meldungen über bedrohte oder bereits ausgestorbene Arten. Mit ausufernden, teilweise fremdgesteuerten, Bedürfnissen und Bedarf, ob auf dem Gebiet der Ernährung oder in der Energiewirtschaft, ob beim Trinkwasser oder anderen Ressourcen, richten die hoch-entwickelten Industriestaaten nicht nur für sich selbst, sondern auch für die anderen Länder dieser Erde, deren Vorräte sie ausbeuten, nicht wieder gut zu machenden Schaden an. In jedem Jahr gibt es eine Meldung, dass bereits im Au-gust die uns zur Verfügung stehenden Jahres-ressourcen der Erde verbraucht sind. Obedrein wecken schwindende Rohstoffquellen und –vor-räte Begehrlichkeiten, die, wie die Vergangen-heit beweist, nicht selten in bewaffneten Aus-einandersetzungen enden.
Dass der Mensch seine Wiege in Afrika hatte, wird wohl kaum noch bezweifelt. Dass er, je nach Religion, von einem Gott oder einer anderen höheren Instanz geschaffen wurde, darf allerdings ebenso bezweifelt werden. Der Übergang aus dem Tierreich gelang durch die Fortbewegung auf nur noch zwei Beinen. Wa-rum es gerade eine Affenart war, der dieser Sprung gelang, lag wohl an den anatomischen Gegebenheiten des Vorhandenseins von Hän-den mit Fingern, was sich bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich bis heute nicht geän-dert hat. Eine Laune der Natur war es sicher-lich. Mit dem Freiwerden der vorderen Extremi-täten waren die Voraussetzungen für den zielgerichteten Einsatz der Hände und den allmählichen Gebrauch von Werkzeugen geschaffen.
Im Laufe von vielleicht 150.000 bis 200.000 Generationen hat sich in Anpassung an die Lebensverhältnisse und die Erfordernisse des aufrechten Ganges ein Bewegungsapparat herausgebildet, der genau das gewährleistete. Alle knöchernen, Gelenks-, Bindegewebs- und muskulären Strukturen veränderten sich ent-sprechend. Aus den einstmals fingerähnlichen Gebilden der Hinterbeine, die bei vielen Affen-arten immer noch eine wichtige Greiffunktion haben, wurden allmählich Füße mit Zehen. Die vordere oder obere Extremität hingegen ver-wandelte sich durch den ausschließlichen Einsatz als Greiforgan zu einem unübertrof-fenen Universalwerkzeug. Aber auch alle an-deren Teile des Bewegungsapparates mussten sich anpassen. Auf den Füßen ruhte nun das gesamte Körpergewicht. Über die Sprung-, die überaus komplizierten Knie- und die Hüft-gelenke wurde es übertragen. Das Kreuzbein wurde zur zentralen Stütze im Beckenring. Die Wirbelsäule bildete eine Doppel-S-Form aus, wodurch eine Dämpfung der Erschütterungen beim Gehen, Laufen und Springen gewähr-leistet wurde, was für den Kopf mit dem sich darin befindlichen Gehirn von besonderer Be-deutung war. Beim Gorilla z.B. hat man den Eindruck, dass seine Wirbelsäule gerade wie eine Stange ist, die vom Beckenring bis zum Hinterhaupt reicht. Der Brustkorb flachte sich gegenüber dem der Vierbeiner weiter ab. Entsprechende Veränderungen vollzogen sich in den Bandverbindungen an den Gelenken, von denen auf Grund ihrer Lage und Bela-stungsstruktur die Sprung- und Kniegelenke, aber auch die Hüft- und Kreuz-Darmbein-Ge-lenke zu erwähnen sind. Deren Anfälligkeit ist leider auch ein Erbe der Evolution. Auch die Schultergelenke, die die beweglichsten des menschlichen Bewegungsapparates sind, blie-ben trotz starker Band- und muskulärer Ab-sicherung gegenüber Verletzungen anfällig. Wobei, das muss ich hier einfügen, heute dem menschlichen Körper Dinge zugefügt werden, auf die ihn die Evolution nicht vorbereitet hat.
Schließlich musste sich die gesamte Ske-lettmuskulatur auf den aufrechten Gang ein-stellen. Insbesondere galt dies für die Musku-latur, die das länger anhaltende Stehen und Gehen ohne großen Energieverbrauch reali-sieren muss. Diese Muskulatur, die sich vom Kreuzbein bis zum Hinterhaupt spannt und aus etwa 200 Einzelmuskeln besteht, wird als autochthone (ursprüngliche) Rückenmuskulatur bezeichnet. Sie gewährleistet im Wachzustand das Aufrechthalten der Wirbelsäule im Sitzen, Stehen und Gehen, ist also ständig im Span-nungszustand. Dass der Energieaufwand für diese fast gleichbleibende Belastung relativ gering ist, ist der Konstruktion der Wirbelsäule und der effektiven Anbringung der Muskulatur, der Sehnen und Bänder an ihr zu verdanken. Und das, obwohl der Körperschwerpunkt vor der Wirbelsäule liegt. Hier will ich einfügen,