Christina Geiselhart

Die Bluthunde von Paris


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Lea lachte hämisch.

      „Einfach wird das nicht sein. Ich habe deine Frieda einmal gesehen und nichts Aufreizendes an ihr gefunden. Sie ist eher abstoßend!“

      „Du wagst es?“ Lea richtete sich ein wenig auf und drohte ihm mit der Faust. Merlen packte das Handgelenk der Frau, sah sie entschuldigend an und flüsterte:

      „Wer ein Weib wie dich gekannt hat, wird wählerisch!“ Er zwinkerte. Leas Arm sank aufs Bett zurück. „Dennoch muss ich dich warnen. Das Mädchen hat ein dämliches Gesicht und dieses grässliche Muttermal auf der Wange. Wie willst du mit dieser Kreatur deine Kassen füllen? An ihr werden nur Hungerleider Geschmack finden. Arme Schweine, die nichts Besseres bekommen können. Das ist nicht unser Ziel.“ Verwegen blickte er sie an. Durch Lea ging ein Ruck. Sie stand auf, stellte sich in ihrer ganzen Nacktheit vor ihm auf und stemmte die Hände in die Hüften.

      „Ich habe dich für klüger gehalten. Aber du scheinst ein Schwachkopf zu sein, nicht halb so klug wie das Eisen, das du schmiedest.“ Verächtlich spuckte sie vor ihm aus. „Was geht dich ihr dämliches Gesicht an? Was geht euch Mannsbilder überhaupt das Gesicht an, wenn ihr nichts weiter wollt als einen guten Ritt. Glotzt du einem Pferd ins Gesicht? Einer Kuh in die Augen oder einer Ziege auf ihre geschwungenen Lippen? Frieda hat prächtige Schenkel, feste Brüste und einen jungfräulichen, hungrigen Schoß, der darauf wartet, gemästet zu werden. Und zwar von dir, du Gimpel, weil du – so dumm du auch sonst sein magst – auf dem Gebiet deine Sache gut machst. Jeder andere würde sich auf mein Angebot stürzen, aber ich will dich. Statt ihren Schoß zu Schanden zu reiten wirst du ihn gierig machen! Genau das brauchen wir. Stimme du ihren Körper ein, während ich ihr Hirn einstimme und höre auf zu Jammern. Ich habe Frieda erklärt, dies sei ein Gewerbe wie jedes andere. Leider stellt sie sich verdammt moralisch an. Glaubt an Liebe, glaubt an einen sanften Mann, der sie befruchtet und sie dann mit auf sein Schloss nimmt. Ha, dass ich nicht lache. Alles Firlefanz! Die Menschen sind verdorben. Sie kennen nur ihren eigenen Nutzen und trampeln über dich hinweg, wenn du ihnen im Weg bist. Du musst es ihnen gleich tun, sonst überlebst du nicht. Ich weiß, wovon ich rede.“

      Sie richtete sich auf und sah ihn böse an. Eingeschüchtert durch ihren Blick und den strengen Ausdruck ihres Gesichtes gab er nach.

      „Gut! Ich tue was du verlangst. Aber ich bestehe auf deine Anwesenheit. Ich bestehe darauf, deinen nackten Körper anstarren zu dürfen. So wie jetzt. Das bringt mich auf Touren.“

      „Oh, das klingt aufregend. Sehr aufregend.“

      *

      Am Abend saßen sie vereint beim Essen um den Tisch. Lea, Philippine, Frieda und Karl. Es ging ihm besser, aber das Essen wollte ihm noch nicht so recht schmecken. Nachdem er eine Weile lustlos und mit gesenktem Kopf vor sich hingekaut hatte, sah er irritiert vom Teller auf, ließ seinen trüben Blick schweifen und fragte gelangweilt, wo denn Alberta sei. Philippine antwortete, sie habe einen Spaziergang zum Weiher gemacht und wundere sich, dass sie um diese Zeit noch nicht zurück sei.

      Während sie es sagte, beobachtete sie aufmerksam die ältere Schwester. Diese wagte sich kaum zu rühren, schob apathisch das Essen in den Mund und sah dabei ängstlich um sich. Philippine blickte zur Mutter. Die hingegen zeigte keine Sorge, sie war die Ruhe selbst. Gelassen schöpfte sie vom Bohneneintopf und servierte es ihrer Lieblingstochter.

      „Alberta ist fünfzehn, Frieda fast siebzehn. Beide sind erwachsen. Ich war jünger, als ich heiratete. Wovor fürchtet ihr euch? Dass dem Mädchen ein Bursche aus der Gegend nachgestellt hat und sie vielleicht dort unten verführt.“

      „Könnte sein!“, brummte Karl. „Es ist spät und mir wäre es nicht recht, läge sie mit einem Kerl im Gras am Weiher.“

      „Es sollte dir besser recht sein, damit sie weiß, was die Stunde geschlagen hat, wenn sie mal heiratet.“

      Diesmal ließ sich Philippine vom Gerede der Mutter nicht beeindrucken. Sie misstraute ihr und machte sich ernsthaft Sorgen. In den Wäldern hausten Räuber, die nachts aus ihren Löchern krochen und ihr Unwesen trieben. Und im Moor konnte man verschwinden. Andererseits hatte Frieda gesagt, Alberta sei nicht alleine. Vielleicht war der schüchterne Nachbarsbursche mit ihr gegangen, der sie schon seit einiger Zeit aus der Ferne anhimmelte. Und doch!

      „Alberta ist nie so lange weggeblieben! Es ist beunruhigend. Wir sollten nach ihr suchen!“, sagte sie sehr ernst. Lächelnd ging Lea um den Tisch, neigte sich zu ihrer Lieblingstochter und beschwichtigte sie:

      „Mach dir bitte keine Sorgen, mein Kind! Du wirst sehen, morgen ist sie wieder bei uns.“

      Bei diesen Worten erstarrte Frieda. Erstaunt nahm Philippine den namenlosen Schrecken in Friedas Gesicht wahr, der sich dort gespenstisch abzeichnete. Philippine hatte den Eindruck, aus der älteren Schwester entweiche jegliche Wärme und breite sich eisige Kälte in ihr aus. Ein Schauder ergriff die Jüngere.

      *

      Lea hatte Friedas Furcht bemerkt. Die Mutter wusste, dass Frieda herum schnüffelte, dass sie gerne ihre Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen. Der beste Weg, das hirnlose Geschöpf davon abzuhalten, Dummheiten auszuplaudern oder Gerüchte zu verbreiten, die ihrer morbiden Phantasie entspringen, ist, sie gefügig zu machen, dachte Lea zornmütig. Und so füllte sie die kommenden Tage mit Erlebnissen, die Frieda aufwühlen und Albertas Verschwinden verdrängen sollten.

      Ihr erster Schritt war ein Besuch in der Dachkammer von Saint-Ouen. Während Philippine auf ihrer Stute durch die Wälder von Saint-Ouen streifte und nach Alberta rief, wurde Frieda dem Hufschmid vorgestellt. Gelangweilt taxierte Merlen das Mädchen und wiederholte, was er schon gesagt hatte.

      „Sie reizt mich nicht.“

      Lea schlug ihm ins Gesicht. Merlen zuckte und rieb sich die Wange.

      „Halt’s Maul und glotze, statt zu blöken! Sieh dir an, was sie zu bieten hat!“, herrschte Lea ihn an. Dann begann sie, die Tochter auszuziehen. Langsam und genüsslich. Sie nahm ihr die Haube ab, schnürte das Kleid auf, enthakte die Korsage und streifte sie bis zur Hüfte, sodass Frieda mit blankem Busen dastand. Merlens Augen blitzten:

      „Die Brüste sind appetitlich. Zum Anbeißen. Wenn nur das Gesicht nicht wäre!“

      „Gimpel!“ Lea schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. „Was habe ich dich gelehrt? Nun, was denn? Antworte!“ Sie stieß ihn nach hinten. Er wehrte sich nicht, sah sie nur flammend an. Ihr zorniges Auftreten schien ihm zu gefallen.

      „Ja, ja! Ist schon gut. Ich weiß es: Das Gesicht ist unwichtig.“

      „Richtig, guter Junge. Nur das hier zählt!“ Sie riss Frieda die restlichen Kleider vom Leib. Merlen fielen die Augen aus dem dummen Kopf.

      „Wahrlich, wahrlich, sie hat satte Schenkel!“, lallte er.

      „Ganz zu schweigen von dem Nest dazwischen.“

      Sie ergriff Merlens Hand und raunte: „Mach es satt und schlüpfrig mit deinen rauen Fingern.“

      Als Frieda die Männerhand auf ihren Beinen spürte, wich sie ängstlich zurück. Ihre Reaktion missfiel der Mutter außerordentlich. Mit eisiger Stimme zischte sie die Tochter an:

      „Und du wirst gehorchen, Kindchen! Wehe, du kommst dem lieben Merlen nicht entgegen. Ich schlage dich vor seinen Augen windelweich. Ich prügele deinen Hintern bis er glüht und ritzrot wird.“

      „Ich ... ich ... will tun, was ... ihr von mir ... verlangt!“, stotterte das Mädchen und sein Körper versteifte sich, seine Haare stellten sich auf. Merlens Hand wanderte an Friedas Beinen hinauf und versuchte ihre Schenkel auseinander zu drängen. Sie klemmte sie fest zusammen.

      „Was soll ich mit diesem Brett?“, schimpfte Merlen. „Die bringt keinen Sous ein.“

      Wütend schubste ihn Lea beiseite. Sie gab Frieda zwei kräftige Ohrfeigen. „Und nun öffne dich, mein Kindchen. Öffne dein Türchen, sonst geht es dir schlecht. Wenn du tust, was Mutter sagt, wird es dir gut gehen. Sehr gut sogar!“

      Frieda gehorchte. Furchtsam gab sie sich Merlens Hand