Gottfried Bonn

Besucher aus der Spiegelwelt


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Fractal Spiegelung 2

      Abb. 16: Gespiegelter Baum. Foto: Gottfried Bonn

      Vielen dürfte der Effekt einer Video-Kamera bekannt sein, bei der man das Objektiv in den eigenen Bildschirm hält. Nach einem Unendlichkeits-Effekt kommt es, ausgelöst „durch den Zoom der Kamera“, auf dem Bildschirm zu einer sogenannten Rückkopplung. Dabei bilden sich zunächst chaotische Muster.

      Später sollen dann Bilder von verstorbenen Menschen zu erkennen sein. Der 1988 verstorbene Aachener Klaus Schreiber war ein Pionier dieser als Transkommunikation bezeichneten Methode und konnte mit deren Hilfe auf dem Fernsehbildschirm angeblich Gestalten von sogar prominenten Verstorbenen wie Curd Jürgens (1915-1982), Romy Schneider (1938-1982) oder des bayrischen Königs Ludwig (1845-1886) sichtbar machen, mit denen er laut eigenen Aussagen eine rege Kommunikation unterhielt. Auch hier sind es ebenfalls in der durch den Rückkopplungs-Effekt in der Kamera erzeugte Spiegelungen, welche angeblich den Kontakt mit den verstorbenen Wesen der jenseitigen Welt ermöglichen sollen. Klaus Schreiber beschreibt seine Methode wie folgt15:

      „Das Gerät hat kein Empfangsteil für Fernsehaufzeichnungen, weshalb keine Sendungen einfallen können. Mit diesem Gerät, das mit der TV-Kamera verbunden ist, und einem Fernsehgerät, das nur am Stromnetz angeschlossen ist, betrachte ich in Verspiegelung durch meine Kamera den Bildschirm. Es entsteht dabei eine Rückkopplung, die durch den Zoom der Kamera zu diesen Bildern bei mir führt.“

      Sind es tatsächlich Verstorbene aus einer jenseitigen Welt, welche Klaus Schreiber bei seinen Experimenten erschienen, oder, wie Skeptiker behaupten, einfach nur Überschneidungen von gleichzeitig laufenden Fernsehsendungen? Wir wissen es nicht! Letzterem widerspricht zumindest die Tatsache, dass die von Klaus Schreiber für seine Versuche verwendeten Apparaturen „kein Empfangsteil für Fernsehaufzeichnungen“ enthielten.

      Von weiterer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist möglicherweise, dass gerade die aktuelle Technik des nachträglichen Spiegelns von Fotografien unserem Bewusstsein scheinbar Bilder darin versteckter Wesenheiten offenbart. Stellt dies alles nur eine optische Täuschung dar, oder ist unser Bewusstsein auf eine Art und Weise mit den Symmetrien der Natur verbunden, dass dabei, wie bereits erörtert, Erinnerungen an tatsächlich existierende Geist- bzw. Naturwesen wachwerden?

      Ein weiteres Indiz für den Spiegel als unterstützendes Instrument zur Herbeiführung von Visionen dürfte auch das sogenannte „Psychomaneteum“ des berühmten Sterbeforschers Dr. Raymond Moody sein. Bei diesem Experiment schaut eine Versuchsperson in einen Spiegel, wobei der Raum bei Beginn des Experimentes durch Vorhänge und gedämpftes Licht abgedunkelt wird. Ziel ist es, bereits durch vorherige meditative Übungen vor dem Spiegel einen geänderten Bewusstseins-Zustand zu erlangen, um nachher im Spiegel Visionen zu erfahren. Ähnlich wie bei der sogenannten aus dem Mittelalter stammenden Kristallomantie soll sich beim Schauen in die Spiegel-Fläche deren Oberfläche verändern bzw. einen trüb, manchmal wolkenähnlichen Zustand erreichen. Zahlreiche Menschen, welche diese Methode zur Bewusstseins-Erweiterung bereits vollzogen haben, berichteten danach, verstorbenen Mitmenschen oder Geistwesen begegnet zu sein 16. Moodys Erkenntnisse decken sich auch mit einer aktuellen Studie, wonach das sich gegenseitige Anstarren in die Augen zu unterschiedlichen - wie die Wissenschaftler der Studie meinen - Halluzinationen führt. Verschiedene Versuchsteilnehmer der Studie berichteten demnach beim anstarren ihres Gegenübers von merkwürdig veränderten Bewusstseinszuständen, wobei sie plötzlich Farben und Geräusche intensiver als normal wahrnahmen und das Gesicht ihres Gegenübers mitunter eine andere Gestalt, beispielsweise die eines Monsters annahm. Interessant für unseren Zusammenhang ist, das diese Effekte ebenfalls beim anstarren der Augen, der eigenen Person in einem Spiegel auftreten. der Autor hat es selbst versucht und dabei auch merkwürdige Realitätsveränderungen wie eine Art schwebenden Zustand und verschiedenen Änderungen der eigenen Gestalt im Spiegel bemerkt. Das Gesicht verzerrte sich und nahm abwechselnd wie bei einer Art Kameraschnitt jedesmal andere Konturen an. Dabei trat mitunter sogar eine Art vertiefter Trance zustand auf und das Gefühl mit der eigenen Gestalt im Spiegel eins zu werden. Auch nahm der Siegel während des Selbstversuchs eine milchige Farbe an 17.

      Erstaunlich ist übrigens, dass ebenfalls der Spiegel bei „Alice im Spiegelland“, bevor Alice durch ihn hindurchging, eine milchige Farbe annahm. Hat Lewis Caroll also absichtlich den magisch, spiritistischen Charakter des Spiegels in seine Erzählung eingebaut, und handelt es sich bei Alice Erlebnissen im Spiegelland in Wahrheit um die Entrückung in einen anderen Bewusstseinszustand? Oder wird auch hier, vom Zauber des Märchens umkleidet, ein Dimensionsportal in eine andere Realität beschrieben?

Water tree

      Abb. 17 Fotografische Wasserspiegelung aus der sich mehrere Gesichtskonturen herausschälen. Foto: Gottfried Bonn.

      Eingänge in andere Welten waren bereits des Öfteren Gegenstand von Märchen. Vielen bekannt dürfte die Erzählung von der Goldmarie sein, welche nach dem Betreten eines Brunnens in einer anderen Welt auf die mythologische Gestalt der Frau Holle trifft. Brunnen, Höhlen oder spiegelnde Wasserflächen stellten in den Sagen unserer Vorfahren meist auch einen Zugang zur Unterwelt dar, welcher jedoch auch in himmlische Gefilde führen konnte 18. Darüber hinaus findet die Mystik des Spiegels ihren Niederschlag bereits in zahlreichen anderen Märchen, so beispielsweise auch in „Schneewittchen“ der Gebrüder Grimm. Wer kennt nicht die Erzählung um die böse Königin, welche einen magischen Spiegel fragt, wer denn die Schönste im ganzen Land ist und dieser daraufhin antwortete19:

      „Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land.“

      Da war sie zufrieden, denn sie wusste, dass der Spiegel die Wahrheit sagte.

      Schneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, und als es sieben Jahre alt war, war es so schön wie der klare Tag und schöner als die Königin selbst. Als diese einmal ihren Spiegel fragte

      „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“

      so antwortete er„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier,aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr.“

Fairy Queen

      Abb. 18: Feenhafte Gestalt in Blumenfotografie. Foto: Gottfried Bonn

      In diesem Märchen wird der Spiegel symbolisch sehr schön als Instrument zur Selbsterkenntnis dargestellt, und der Hinweis auf die vermeintliche Schönheit der Betrachterin soll wohl auch einen Blick in die eigene seelische Aura der Protagonisten des Märchens erlauben. Auch die sogenannte Kirlian-Fotografie, deren ausführliche Erläuterung wir uns an dieser Stelle aus Platzgründen ersparen müssen, soll angeblich dazu in der Lage sein, die Aura des Menschen sichtbar zu machen, um eventuelle Lücken in dieser als Ausdruck von Krankheit zu interpretieren. Ebenfalls der Buddhismus und zahlreiche andere antike Kulturen betrachteten den Spiegel übrigens als Reflexion des eigenen Selbst und verwendeten ihn wie beispielsweise im Kongo zur Durchführung magischer Rituale.

      Das Motiv, durch den Spiegel hindurch das eigene Wesen zu erkennen, gibt es übrigens auch in der Mythologie des antiken Japans. Im japanischen Shintoismus stellt der Spiegel, „neben Thron und Schwert“, eine kaiserliche Kostbarkeit dar. Der Mythos berichtet hierzu folgendes: Nachdem ihr Bruder Susanoo neben anderen Verbrechen den Diener der Sonnengöttin Amaterasu tötet, beschließt diese aus Entsetzen über jene Tat, sich in einer finsteren Höhle einzusperren. Hierauf versinkt die Welt in Finsternis. Um Amaterasu dazu zu bewegen, die Höhle wieder zu verlassen, beginnt die Göttin Aman no Uzume einen Tanz vor