Bernd Majewski

18.178,182 Kilometer to Paradise


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      Mir ist das unangenehm. Kühlschrank, Strom und Gas an Bord. Ich brauche das nicht.

      Da er den Camper natürlich teurer vermieten könnte, biete ich an, dass ich zwar mit dem „Luxus-Camper“ losfahre, er mich aber nach erfolgter Reparatur des Spleepervans anrufen soll, so dass wir die Wagen tauschen können.

      Ein Sleepervan hat hinter den Fahrer- und Beifahrersitzen quasi einen liegenden Schrank mit Klappen, um den Stauraum zu nutzen. Auf dem liegen Matratzen, die ein großes Doppelbett ergeben. Alle Aktivitäten außer Fahren, müssen draußen oder im Liegen auf den Matratzen stattfinden. Klappstühle, Tisch und Gasherd mit Patrone werden zwar mitgeliefert, müssen aber draußen aufgebaut werden.

      Ihm würde der Tausch nützen und ich brauche keinen Kühlschrank oder eine Mikrowelle.

      In Neuseeland wird links gefahren.

      Das kannte ich vor Jahren aus Tansania, aber völlig übermüdet mit einem fremden Auto linksstraßig loszupreschen, muss nicht sein.

      Mir wird das Auto erklärt, ich bleibe aber erst mal auf dem Hof. Die Binders wohnen außerhalb des ca. 50 km von Auckland entfernten Pukekohe auf dem Land mitten im bergigen Land.

      Da mir Yvonne, man duzt sich hier, anbietet, mit mir zum nächsten Supermarkt zu fahren, kann ich ein paar Lebensmittel einkaufen.

      10 Stunden Schlaf.

      Auch am 16.2. will ich noch nicht los. Mit dem Zug nach Auckland, der größten Stadt Neuseelands. Stadtgetümmel, Linksverkehr bitte noch nicht. Erst mal zuschauen und eingewöhnen.

      Busse fahren am Wochenende nicht.

      Züge sollen fahren. Bis zum Bahnhof Pukekohe schaffe ich es problemlos. Es kommt aber keiner, obwohl angezeigt wird, dass einer fahren soll.

      Warten. Warten. Ist schließlich Urlaub.

      Ein Ticket für 10,30 Dollar nimmt der Automat mir ab. Das Ticket informiert mich, dass es zwei Stunden gültig ist.

      Übers Internet haben wir rausgefunden, dass alle Stunde ein Zug fahren sollte. Es tut sich über zwei Stunden absolut nichts.

      Neuseeland hat die Ruhe weg.

      Vielleicht hat das Zugpersonal heute keine Lust, bei 24 Grad Wärme zu fahren.

      Dann also nicht.

      Damit bietet sich eine Gelegenheit an, in Ruhe raus aufs Land zu fahren und Linksverkehr zu üben. Zum Glück herrscht wenig Verkehr. Es klappt ganz gut, aber mit der linken Hand schalten noch nicht.

      Wo ist der Blinker. Der Scheibenwischer. Das bringe ich dauernd durcheinander. Aber das wird schon.

      Bis zur Westküste ist es nicht weit.

      Wind und hohe Wellen an pechschwarzem Strand.

      Schon mal schön.

      Mein Orientierungssinn ist noch nicht ganz wach. Ich fahre zwei Mal an dem Abzweig zum Banz Hof vorbei.

      Nachgefragt. Schließlich finde ich den Hof wieder.

      Grillen zirpen. Die Sonne scheint.

      Bier und Schinkensemmel mit Vorbereitung auf die Ziele des ersten Reisetages.

      Am Sonntag soll es früh losgehen.

      Hoffentlich schlafen die Neuseeländer noch, denn ich muss durch Auckland nach Norden.

      Nun zeigt sich, dass die japanischen Camper „Holzklasse“ sind. Diese Toyotas sind weitgehend unverkleidet. Das Blech klappert, die Einbauten quietschen und sind unpraktisch. Starrachse und Blattfedern hinten. Hinterradantrieb. VW baut sowas schon lange nicht mehr.

      Kurt meinte: VW Busse spielen in einer anderen Liga. Wohl wahr!

      Nach Norden

      Wer zur Hühnerzeit ins Bett geht, kann auch früh raus. Es geht nach Norden, die SH 1 hoch. 4 spurige Autobahn.

      Die Neuseeländer, die sich selbst Kiwis, nach dem Nationaltier, nennen, sind leider auch schon unterwegs. Und das sonntags.

      Nördlich vor Orwega mündet die Autobahn in eine normale Asphaltstraße. Ich bin zwar schon einigermaßen wach, fahre aber erst mal raus zur Bucht.

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      Die Anspannung der ersten Fahrt lässt nach. Die Sonne strahlt. So kann es bleiben.

      Und dann passiert es.

      Raus aus der Bucht zur Straße zurück und rechts ab auf die rechte Fahrbahn.

      Mir kommt direkt auf der gleichen Fahrbahn ein Auto entgegen. Vollgas und rüber auf die linke Fahrbahn.

      Puh, das war knapp, sehr knapp.

      Adrenalin fließt.

      Mir wird ganz heiß. Hier wird links gefahren, du alter Trottel.

      Allein die Vorstellung: Wegen Trotteligkeit einen Frontal-Zusammenstoß. Totalschaden. Krankenhaus. Reise schon wieder zu Ende.

      Nicht auszudenken.

      Erst mal an der nächsten Möglichkeit anhalten.

      Ausschnaufen.

      Nie, nie wieder. Der Schreck sitzt tief und wird mir hoffentlich helfen, nicht wieder den gleichen Fehler zu machen.

      Kurz hinter Wellford zweigt eine Nebenstraße rechts ab. Sie führt nach Mangawhai direkt ans Meer. Dort gibt es herrliche Sandstrände und einen Klippenwanderpfad.

      Nach dem vielen Sitzen im Flieger und im Auto endlich wieder laufen. Mein erster DOC Campingplatz. Er liegt hoch über der Bucht in einem großen Wiesenareal. DOC heißt: Department of Conservation. Die organisieren an den schönsten Stellen Neuseelands Campgrounds, die sich auf das Nötigste beschränken, wie Bioklo, manchmal Wasser, kein Strom, aber immer schöne und saubere Plätze. Keine Betreuung, keine Camping-Atmosphäre. Hier campen Reisende und Wanderer. Keine Camping-Menschen, die irgendwo hinfahren und dort bleiben. Das „Schrebergartenfeeling“ kommt hier nicht auf.

      Man nimmt sich am Eingang eine Anmeldung, füllt sie aus und steckt eine Registratur-Nummer und Geld in eine Plastiktüte und wirft diese in einen diebstahlsicheren Behälter. Einen Registrationsabschnitt steckt man hinter die Scheibe, so dass evtl. kontrolliert werden kann, ob man die wirklich günstige Gebühr auch bezahlt hat. 6 oder 10 $, je nach Ausstattung des Platzes. Genau das Richtige für mich, der ich Campingplätze eigentlich nicht leiden kann.

      Ein perfekt gepflegter Pfad führt weg vom Strand und schlängelt sich hoch in die Klippen.

      Auf und nieder. Immer höher.

      2 Stunden hin und 2 Stunden zurück. Herrlich, aber für einen Ungeübten, auch des langen Winters wegen, nicht ganz ohne. Ich habe immer noch die Folgen der jetlag in den Knochen. Beim Ausblick auf Bucht und Meer, vergesse ich alles und staune nur, wie schön das ist.

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      Das Wetter spielt mit. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Gerade richtig, um zu wandern. Wer weiß, wie lange es sich hält. Genießen, schwimmen und innerlich endlich ankommen. Das Flugzeug ist schneller als die Seele. Die braucht Zeit, sich an Veränderungen anzupassen. Schon deshalb sind wir nur ungern geflogen. Das Reisen mit dem Auto macht es problemlos möglich, die sich verändernden Menschen und Länder nachzuvollziehen.

      Wäsche waschen, ein Schläfchen, Tomatensalat mit Knoblauch und Schafskäse.

      Obwohl die Sonne nicht durchgehend scheint, zeigt sich bereits ein leichter Sonnenbrand. Die Strahlungsintensität ist hier eine andere. Meine Sonnencreme mit Faktor 30 mit Aloe Vera hilft.

      Ich war darauf vorbereitet.

      7 Uhr früh bei Ebbe. Die Sonne kommt.

      Auf Nebenwegen erreiche ich Whangarei. Ein kleines, nettes Städtchen. Dort will ich eine preapaid Telefonkarte