Kalika Häring

Türkei im November - Wir wagen eine Billigreise


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das Plastikhäuschen dort vorne? Das ist die Haltestelle für den Dolmus. Der bringt Sie für einen Euro fünfzig nach Kemer. Zehn Kilometer sind es nach dort und die Stadt ist wirklich ganz reizend. Dort finden Sie alles, was Sie brauchen.

      Also meine Frau und ich, wir fahren ja auch gerne mal......"

      Weiter kommt er nicht, denn von vorne erscheint ein kleiner Bus, Platz vielleicht für zwanzig Leute, hat reichlich Geschwindigkeit drauf, aber kaum halten wir die Hand nach oben, bremst er, die Tür steht bereits offen, wir steigen ein und versuchen, einen unserer gerade frisch gezogenen 100-Lire-Scheine beim Fahrer loszuwerden.

      Kein Interesse, der Fahrer winkt uns durch, Beeilung bitte, kaum dass wir an zwei freien Plätzen angekommen sind, rast er wieder los, wir fallen auf die Sitze, es ist warm und voll im Bus, aber durch zwei offen stehende Türen wird Luft zugeführt.

      Weitere Passagiere steigen erst einmal nicht mehr zu, der Bus fährt an nicht enden wollenden Hotelburgen vorbei, alles schon geschlossen zu dieser Zeit, ebenso wie die Geschäfte, die hier im Sommer offensichtlich reichlich vorhanden sind.

      Endlich sind alle Hotels passiert und wir biegen ein auf eine große Straße, über der ein Schild verkündet, dass in zehn Kilometern die Stadt Kemer zu erwarten ist.

      Na, geht doch. Ein wenig müde sind wir zwar und hungrig auch, aber immerhin bringt uns der Dolmus hoffentlich in eine nicht ganz kleine Stadt, in der wir hoffen dürfen, einen Kaffee und vielleicht noch ein wenig Essen zu finden.

      Kemer morgens um elf

      Was weiß man eigentlich als Normaltourist über Kemer?

      Nicht allzu viel und darum soll die Zeit genutzt werden, einen kurzen Blick in das Internet zu tun und hier wieder einmal in das auskunftfreudige Wikipedia.

      "Kemer ist ein Badeort an der Türkischen Riviera in der Provinz Antalya. Es liegt etwa 45 km südwestlich der Provinzhauptstadt Antalya im historischen Lykien und ist Verwaltungssitz des gleichnamigen Landkreises Kemer.

      Der Ort wird seit den 1980er Jahren fast ausschließlich durch den Tourismus geprägt. An vielen Stellen reichen die Felsen des bis zu 3000 Meter aufsteigenden Taurus-Gebirges bis an das Meer heran, so dass die Verbindungsstraße nach Norden mehrere Tunnel aufweist. In den Wintermonaten geht die Sonne bereits um 16 Uhr hinter dem Taurus unter, der sich westlich der Stadt erhebt.

      Um den Einzelhandel zu unterstützen und den Besuchern eine Flanier- und Einkaufsmeile zu bieten, wurde eine Fußgängerzone zwischen dem Ortskern und einem Park nahe dem Strand angelegt.

      Der Strand besteht überwiegend aus groben Kieseln und bietet auch felsige Stellen. Einige Inseln ragen aus dem Meer.

      Um 1910 hieß Kemer noch Eski Köy (türkisch für altes Dorf) und war von einer Sumpflandschaft mit Seen umgeben, die durch das Schmelzwasser des Gebirges entstanden waren.

      Die Bewohner erbauten in den Ausläufern des Gebirges eine 23 km lange Mauer aus Steinen, um sich vor Überflutungen zu schützen. Wegen dieser Mauer wurde Eski Köy in Kemer (dt. Bogen oder Gürtel) umbenannt."

      So weit das Wissenswerte und wir landen schließlich mit dem schaukelnden Dolmus in der Stadt, lernen, dass man den Fahrpreis erst beim Aussteigen entrichtet und das in zwei Kategorien.

      Ein Töpfchen steht bereit für die Einheimischen, die in Lire bezahlen und ein zweites für den Touri, der bitteschön Euromünzen abdrücken möchte.

      Einen Hundert-Lire-Schein kann der Fahrer überhaupt nicht gebrauchen und so kramen wir unsere letzten Euro-Münzen hervor und werfen sie in das Pöttgen.

      Kaum ausgestiegen übrigens steht schon wieder ein älterer Herr vor uns, der genau diese vielen Euro-Münzen gern in Scheine umgewandelt haben möchte, und zwar in Euro-Scheine, aber mit denen können wir leider nicht dienen.

      Die hat Merdan wie Mörder bereits auf der Herfahrt einkassiert und ab jetzt gibt es von uns nur noch türkische Lire, abgekürtzt TL, wie TeeLöffel.

      Am so genannten "weißen Turm", steigen wir, wie der knieoperierte Herr es empfohlen hat, aus und sind auch tatsächlich nach wenigen Schritten direkt im Zentrum.

      Einige Restaurants sind noch geöffnet und ein paar ganz wenige Touristen nehmen deren Service in Anspruch.

      Wir bleiben hängen bei einem Restaurant, in dem noch ein wenig Betrieb zu sein scheint, denn so ganz allein möchte man ja auch nicht sitzen und immerhin gibt es ein Päärchen, das gerade mehrere Teller voller feiner Sachen serviert bekommt nebst einem türkisch erscheinendem Herren, der über einer dampfenden Suppe sein Smart-Phone bedient.

      Wir sitzen kaum, da ist auch schon ein freundlicher Wirt zur Stelle, wir hätten gern ein erfrischendes EFES, falls es hier so etwas gibt.

      Na klar doch, kein Problemm Madam, etwas essen vielleicht? Speisenkarrte?

      Ja, bitte, Speisekarte.

      "Vielleicht ein kleines Angebott des Hauses? Palette von Gemüse und Spezialitätten der Geggend?"

      Spezialitäten der Gegend klingt immer gut, bring einfach was du hast und diese Suppe dort drüben, die vor dem Smartphonemenschen dampft, ist das vielleicht Linsensuppe? D i e typische türkische Linsensuppe, dieses gelbe Gericht mit etwas Chili darin und einer Zitronenscheibe anbei, die so sehr in der Lage ist, die Seele zu glätten?

      "Ja, ist Lental Soup, Madam. Eine Lental Soup für Sie? Und Palette für den Herrn?"

      Genau, so soll es sein und wie immer dauert es nur wenige Augenblicke, bis vor uns auf dem Tisch ein Tellerchen mit angerichteten Gurken und Tomaten neben etwas Rauke und Zitrone erscheint. Warmes frisches Brot wird dazu gereicht und das EFES lässt auch nicht auf sich warten.

      Frisches Brot, Gemüse, EFES – gibt es ein besseres Frühstück, noch dazu in einer Stadt voller Sonne und Wärme und umgeben von freundlichen türkischen Menschen?

      Nein, gibt es nicht.

      Wir sind angekommen und wir haben Urlaub!

      Zumindest an diesem Tag, dem Montag, zehnter November im Jahre zweitausendvierzehn, haben wir Urlaub!

      Unverhofft zwar und gar nicht eingeplant, dafür aber um so wertvoller und so genießen wir diesen geschenkten Tag, essen, trinken, bezahlen einen vernünftigen Preis, schlendern durch die warme Stadt unter einer immer intensiver scheinenden Sonne, kaufen Dinge, die wir immer schon einmal kaufen wollten wie eine Handtasche aus türkischer Produktion, wunderbar bemalte Schüsseln, Aschenbecher, T-Shirts "garantiert echt getürkt", brauchen auch bald schon wieder neues Geld, lassen noch unsere Kamera in einem Geschäft liegen, wo sie aber nicht verschwindet, sondern mit Hilfe aller Umstehenden bald wieder auftaucht, brauchen auf den Schrecken noch ein weiteres EFES und so langsam vergeht der Tag in einem gemütlichen Eckrestaurant, das offensichtlich viele deutsche Stammkunden anlockt, die hier per Handschlag begrüßt werden, man kommt ins Plaudern, die Toiletten sind perfekt, noch ein EFES und gegen drei fängt die Sonne an, sich hinter irgendwelchen Bäumen zu verkrümeln und uns zu bedeuten, euer Urlaubstag geht dem Ende zu und ihr habt noch ein Stückchen mit dem Dolmus vor euch, bevor es dunkel wird.

      Bei all der Wärme und der Sonne und den vielen noch geöffneten Geschäften haben wir fast vergessen, dass wir bereits im November sind und es gegen siebzehn Uhr dunkel zu werden beginnt.

      Ein paar Schritte sind es auch noch durch die Straßen von Kemer, an denen die Händler jetzt, ohne großen Bock auf Touristen, vor ihren Geschäften sitzen, um Tee zu trinken und Backgammon zu spielen.

      Dort vorne kommt schon der weiße Turm in Sicht, umgeben von imposanten Springbrunneninstallationen und wir stellen uns brav an das Wartehäuschen für den Dolmus, der uns zurück bringen wird in unser Hotel "Simena", benannt nach einer untergegangenen Stadt.

      Beinahe sitzen wir schon drinnen, aber gerade ganz kurz vor dem Einsteigen wendet sich der Blick, rein zufällig, noch einmal nach hinten, und was müssen wir dort entdecken?

      Den Obst- und Gemüsemarkt von Kemer!

      Ein