Kalika Häring

Türkei im November - Wir wagen eine Billigreise


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      Der Dolmus muss leider ohne uns fahren und wir starten durch zu unserem neuen Ziel, jetzt schon am ziemlich späten Nachmittag, aber gerade noch rechtzeitig, um den Markt kurz vor Schluss zu erleben.

      Anders als deutsche Märkte ist hier weder um ein Uhr Feierabend, noch ist das Angebot kurz vor Toresschluss so gut wie ausverkauft.

      Es wird immer wieder nachgelegt und so erleben wir, wie stets in der Türkei, Marktstände mit einem überquellenden Angebot an Weintrauben, Apfelsinen, Oliven, Peperoni, riesigen Radieschen, Kürbissen, Kartoffeln, Fisch, Nüssen, Feigen, Kastanien, Weißkohl, getrockneten Pilzen, Zitronen, Zwiebeln, Bananen, Scheibenhonig, Spinat, Äpfeln, Mais, Karotten, Riesenrauke, grünem Salat......

      Wenn wir könnten, wie wir wollten, wir würden den Markt leer kaufen, aber leider leider sind wir Hoteltouristen und haben für all die schönen Sachen gar keine Verwendung.

      Wir müssen es bei ein paar Fotos belassen, kehren nach einer halben Stunde sattgesehen zur Dolmusstation zurück, werden erneut in einen der kleinen Busse gepresst, zahlen eine halbe Stunde später, dieses Mal allerdings schon in türkischer Lire, werden vor unserem Hotel entlassen und kommen noch gerade so rechtzeitig an, dass ein kleiner Gang zum Strand drin ist.

      Vielleicht fünfzehn Minuten hat man zu gehen vorbei an ordentlichen Häusern reicher Menschen, die es sich leisten können, hier ihren Sommersitz zu nehmen und ihre Grundstücke mit Wassersprengern pflegen zu lassen, der Strand ist wunderschön, aber zu dieser Jahreszeit bereits abgeräumt, ein einsamer Hund schaut noch vorbei in der Hoffnung, vielleicht noch eine kleine Abendmahlzeit den Touristen ablocken zu können, ein letztes Foto von einer Dattelpalme voller reifer Datteln wird noch gemacht und schließlich ist der Tag zuende.

      Die Sonne verzieht sich, schnell wird es dunkel und auch empfindlich kalt, man kann dick eingemummelt noch ein wenig draußen sitzen, bis sich um neunzehn Uhr die Türen zum Restaurant öffnen, wo uns ein typisch türkisch-touristisches Abendbufett erwartet.

      Um ein paar tanzende und lachende Plastikköche herum drapieren sich Platten über Platten mit Salaten, kaltem Gemüse, Bulgur, warmen Gerichten und am Ende die berühmten türkischen Torten, von denen man immer meint, sie müssten zuckersüß und ungenießbar sein.

      Sind sie aber nicht, im Gegenteil.

      Selbst für eingefleischte Steakesser und Kuchenverächter sind diese appetitlich zurechtgemachten Cremekreationen ein Hochgenuss.

      Und einen Geheimtipp gibt es auch noch dazu:

      Fängt man am Bufett von hinten, nämlich bei den Törtchen an, kommt man in einen gleich dreifachen Genuss.

      Erstens steht man nicht hinter Unentschlossenen, die sich bei jeder Speise überlegen, ob sie nicht eigentlich abends doch nicht so viel essen sollten, andererseits aber doch nicht widerstehen können und sich halblöffelweise das Tellerchen füllen, bis es überschwappt.

      Zweitens sehen die Törtchen noch manierlich aus, so lange niemand ungeschickt mit einer Schaufel darin herumgewerkelt hat und drittens, und das bewahrheitet sich jedes Mal wieder, regen diese feinen Süßchen v o r der eigentlichen Mahlzeit genossen den Stoffwechsel an, so dass man anschließend in der Lage ist, das mittlerweile etwas weniger belagerte Bufett in allen seinen Facetten zu genießen, ohne schon nach dem ersten Teller über Völlegefühl klagen zu müssen.

      Zu den Süßchen passt am allerbesten ein schöner Wisky oder Brandy, allein der ist in unserem Hotel unbezahlbar und ein Glas Rotwein tut es auch.

      Auch der ist saumäßig teuer und taugt auch nicht allzu viel, aber ein Glas kann man sich leisten und das reicht auch zu einem Teller voller Cremeteile.

      Während der Rest der Tischgenossen, übrigens auf jeder Reise wieder mit absoluter Verlässlichkeit, deutsche Wahrheiten zum Besten gibt und ungefragt erklären muss, Süßes esse man doch aber eigentlich erst zum Ende einer Mahlzeit, kann man behaglich die feine Creme gemischt mit säuerlichem Rotwein im Munde zergehen lassen und wenn alle schon wieder am Klagen sind, sie hätten sich überfressen, schiebt man sich ebenso behaglich das Grünfutter nebst Huhn- oder Fischgerichten hinterher und der Magen sagt keinen Mucks.

      Fleisch übrigens erwartet man in der Türkei meist vergeblich. Hier ist Huhn und Fisch angesagt, höchstens, dass es mal einen winzigen Kebab gibt und das schmeckt meist noch nicht mal.

      Der Speisesaal im Simena ist riesig, die vielen Menschen sind laut, werden noch durch einen Gitarrenspieler verstärkt und kaum ist man in der Lage, die fremde Gesellschaft am Tisch in einem Gespräch etwas näher kennenzulernen.

      So viel allerdings verstehen wir schon, dass sich wie durch Zauberhand nicht nur die Jüngsten der Gesellschaft versammelt haben, sondern auch gleichzeitig die ungeliebten Raucher beisammensitzen.

      Zu sechst sind wir und weil wir uns kaum verständigen können, haben wir doch recht bald und zur ziemlich gleichen Zeit das Bedürfnis, dem Lärm zu entfliehen und mitsamt Getränken in den stillen Garten auf ein schönes Zigarettchen zu verschwinden.

      Ein letztes Törtchen kommt auch noch mit, das bringt eine feine Abendmahlzeit noch zum allerletzten Abschluss.

      Draußen vor den Glastüren stehen Stühle am Pool, behaglich lassen wir uns in der Nachtluft nieder, stoßen die Gläser an, können jetzt endlich die Namen der Anderen verstehen und bei leichtem Geplaudere vergeht der Abend, während zwei schwarze Schmusekatzen aufdringlich den Tisch erklettern, die Cremetörtchen fest ins Auge gefasst.

      "Ist nicht erlaubt, hier draußen zu essen", tönt plötzlich neben uns eine Stimme und ein junger Ober in Hoteluniform steht neben dem Tisch.

      "Nicht erlaubt? Was soll das heißen "nicht erlaubt"?

      Wer hat uns denn hier irgendetwas zu erlauben? Wir sind doch nicht bei der Arbeit, wo man ständig durch Verbote und Verfügungen drangsaliert wird.

      Hier ist Urlaub und wir werden schon ein wenig pampig wegen der Ansage.

      Unglaublich schnell hat der junge Mann ein Einsehen und verschwindet lieber, als dass er sich noch Ärger mit Hotelgästen einfängt, die am Ende ja doch am längeren Hebel sitzen.

      Sollen die doch selber sehen, wie sie mit den aufdringlichen Katzenviechern fertigwerden, die jetzt wirklich kaum mehr zu bändigen sind und allen Abwehrversuchen zum Trotz die Torten schon angefressen haben.

      Süß sind sie ja, die zwei halbstarken Miezen, aber selbst wir Katzenfreunde verstehen jetzt, warum das Essen draußen nicht gern gesehen ist.

      Mit den Katzen ist es in der Türkei so eine Sache:

      Es gibt sie in Unmengen, jedes Hotel wird von ihnen belagert wie auch jeder noch so kleine Bushaltepunkt.

      Schmusig sind sie alle, auch sehr gut gepflegt und kein bisschen ausgehungert oder abgemagert.

      Nicht zum ersten Mal erleben wir, dass der Türke als solcher ein Katzenfreund ist, denn obwohl diese Tiere in unglaublichen Mengen vorhanden sind, werden sie an allen möglichen Stellen gefüttert und bekuschelt.

      Kein Wunder, dass es davon so viele gibt. Wäre man Katze, würde man sich die Türkei zum Leben aussuchen, das steht mal fest.

      So ihr Miezen, ihr müsst jetzt verschwinden, der Abend geht zu Ende, morgen ist um fünfuhrdreißig Wecken angesagt und wir werden jetzt den verpassten Schlaf nachholen.

      Ein schöner erster Urlaubstag war das und so ganz nebenbei haben wir beim Zigarettengespräch noch erfahren, dass unsere Mitraucher doch tatsächlich für zwölf Euro mit einem lauwarmen Nescafé zum Frühstück abgespeist wurden und ansonsten die Wellnessangebote des Hotels kennenlernen durften.

      Und wer sind unsere Mitraucher und zukünftigen Reisegenossen?

      Niemand anderes als der glatzige Türke mit Terroristenbart auf Heimaturlaub und die zwei taschenkramenden Damen aus der Schlange hinter uns.

      Tja, so kann man sich täuschen....

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