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Der große Autotest


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      Der große Autotest

       Copyright: © 2013 Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH & Co. KG

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      JAGUAR XF SPORTBRAKE IM HANDELSBLATT-TEST

      Mein schönster Leichenwagen

      von Thomas Trösch

      Mit dem Premium-Lademeister XF Sportbrake lassen sich auch ungewöhnliche Lasten stilgerecht befördern. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Jaguar seinen einzigen Kombi mit viel Selbstbewusstsein vermarktet.

      Endlich hat Jaguar wieder ein taugliches Gefährt zum bequemen Transport großer Körper in ausgestreckter Rückenlage.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Zu den sträflich unterschätzten Fragen beim Bewegen eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor gehört: „Wohin mit dem Fahrer im Falle seines plötzlichen Ablebens?“ Nur wenige Hersteller bieten darauf eine so befriedigende Antwort wie Jaguar.

      Mein Selbstversuch unmittelbar nach Übergabe des Testwagens belegt jedenfalls: Rund vier Jahrzehnte, nachdem der Titelheld im Filmklassiker „Harold and Maude“ einen zum Leichenwagen umgebauten E-Type auf die Straße brachte, hat die britische Nobelmarke wieder ein taugliches Gefährt zum bequemen Transport großer Körper in ausgestreckter Rückenlage. Und ein paar Dutzend Golfschläger passen auch noch daneben.

      Nein, in Sachen Platz braucht der XF Sportbrake den Vergleich mit der Konkurrenz von Audi, Mercedes oder BMW nicht zu scheuen. 550 Liter Kofferraumvolumen bei aufrechten Rücksitzlehnen sind schon komfortabel und mehr, als die XF-Limousine zu bieten hat. Nach Umlegen der Lehnen – per Fingerzug leicht mit einer Hand zu managen – bieten sich dann üppige 1.675 Liter dar. Das reicht bequem zum Verstauen selbst gut gepolsterter 1,90-Meter-Redakteure.

      Schön, dass so viel Platz nicht mit Einbußen beim Design bezahlt werden muss. Bis zur B-Säule identisch mit der Limousine, fällt der Sportbrake elegant nach hinten ab und mündet in einem Heck mit breiter Chromleiste, großen Rückleuchten und einer emblematischen Darstellung des namengebenden Fleischfressers.

      Markantes Gesicht mit Katzenkopf: Der XF Sportbrake ist ein Hingucker.

      Quelle: Sebastian Schaal

      „Coupéartige Linienführung“ nennt Jaguar das, ich nenne es einfach „schön“ und schreibe die Blicke, die mein Testwagen auf sich zieht, dieser Form zu – und nicht etwa dem auffälligen Farbton des Wagens, der mit dem Leichenträgerschwarz seines Fahrers kontrastiert. „Säuglingsblau-metallic“, meint ein Kollege, dem ich seiner erwiesenen Fachkompetenz wegen nicht zu widersprechen wage. Tatsächlich ist es aber Crystal Blue Metallic, für 1.080 Euro extra.

      Der Versuch, dieses blaue Wunder anders als über die Heckklappe zu entern, wird allerdings für großgewachsene Menschen zur Herausforderung: Beim Einsteigen vorn stößt das Schienbein selbst bei weit nach hinten geschobenen Sitzen an die Kante der Armaturenbretts – ein unschönes Detail.

      Dass ich auch beim Einsteigen hinten gewisse Probleme habe, überrascht dagegen weniger: Mich durch vergleichsweise enge Türen auf Rückbänke falten zu müssen, ist eine Grunderfahrung meines Lebens – warum sollte der Jaguar da eine Ausnahme machen? Dafür bietet er mir, einmal auf dem hinteren Sitz angekommen, mehr Freiheiten als viele andere Modelle – im Kopf- wie im Beinbereich.

      Nachdem ich meine Ausflüge auf Rückbank und Ladefläche beendet habe, empfängt mich vorn der unternehmungslustig blinkende Startknopf. Der löst allerdings kein lautes Motordröhnen aus, sondern eher eine Art pietätvolle Stille: Angenehm leise schnurrt der 2,2 Liter große Vierzylinder-Turbodiesel.

      Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der XF Sportbrake in knapp unter 9 Sekunden, Schluss mit Deschleunigen ist beim kleinsten Diesel bei 214 km/h.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Während ich noch überlege, ob ich lieber meditieren oder losfahren soll, erhebt sich in der Mittelkonsole der „Jaguar Drive Selector“ aus seiner Versenkung – ein Bauteil, das sich laut Hersteller automatisch in meine Handfläche schmiegen sollte. Weil ich’s mit dem Schmiegen nicht so habe, nutze ich ihn ausschließlich in seiner Nebenfunktion als Getriebewählhebel – wenn ich nicht, statt auf die Achtstufen-Automatik zu vertrauen, die beiden Schaltwippen am Lenkrad bediene.

      Den XF Sportbrake gibt es nur mit Dieselmotor. Neben dem hier gezeigten Vierzylinder-Turbodiesel mit 200PS stehen noch zwei V6-Dieselmotoren mit 240 PS beziehungsweise 275 PS zur Auswahl

      Quelle: Sebastian Schaal

      Ein hübsches Detail, das ich so noch bei keinem anderen Fahrzeug gesehen habe: Die Lüftungsdüsen sind zunächst abgedeckt und öffnen sich erst nach dem Einschalten der Zündung. Dafür kann ich auch über das leichte Klappern eines Teils der Griffabdeckung an der Fahrertür hinwegsehen, das ich beim Einsteigen bemerkt habe.

      Vor dem Losfahren offenbart sich beim prüfenden Blick in die Außenspiegel erstaunlich viel Leben in meinen toten Winkeln. Tatsächlich zeigt sich der im Spiegel sichtbare Totwinkelwarner sehr besorgt um mein Wohlergehen und weist mich auch auf nur vermeintlich unsichtbare Gefahrenquellen hin. Ein sympathischer Zug, gerade an einer ansonsten ja als unnahbar verschrienen Raubkatze.

      Dafür lasse ich sie dann auch einmal richtig frei laufen. 200 PS sorgen für einen schnellen Antritt und beschleunigen mich auf Geschwindigkeiten, bei denen sich jede weitere Assoziation mit Begräbnisfahrzeugen von selbst verbietet. Obwohl es auch dann noch im Fahrzeuginneren so leise zugeht wie bei einer Gedenkminute.

      Überhaupt erweist sich der XF Sportbrake auf längeren Strecken als ideales Reisemobil: Neben dem laufruhigen, aber durchzugsstarken Motor gibt es Pluspunkte auch für die bequemen Ledersitze und das griffige Lenkrad mit Bedienelementen für die wichtigsten Bordsysteme. Nur auf die eigene Musik muss ich während der Reise verzichten: Mein USB-Stick mit eigenen Audio-Dateien wird vom bordeigenen Infotainment-System nicht erkannt. Der Gegencheck in einem anderen Auto zeigt, dass es nicht am Stick liegen kann.

      Große Rückleuchten, eine breite Chromleiste und der namengebende Fleischfresser zieren das Heck des XF Sportbrake.

      Quelle: Sebastian Schaal

      Dass ich dem XF Sportbrake solche Schwächen verzeihe, hat auch damit zu tun, dass es ihm gelingt, mir zumindest ansatzweise ein Gefühl von automobiler Individualität zu vermitteln. Während die Konkurrenten wie Audi A6 oder Mercedes E-Klasse mittlerweile an beinahe jeder Ampel lauern, kann ich mir am Steuer des Jaguar immer noch einbilden, ein nicht ganz alltägliches Fahrzeug zu bewegen. Dass auch Jaguar um diesen Vorzug weiß, belegt nicht zuletzt der im Vergleich zur Konkurrenz selbstbewusste Einstiegspreis des XF Sportbrake.

      Apropos Kosten: So richtig sympathisch wird der Premium-Kombi immer dann, wenn es zur Tankstelle geht: Der von Jaguar angegebenen Durchschnittsverbrauch von 5,1 Litern auf 100 Kilometer ist zwar illusorisch, doch mehr als sechseinhalb Liter/100 km lässt der Testwagen sich nicht einschenken. In seiner Liga spielt der XF Sportbrake damit weit vorn.