Klaus-Dieter Thill

100 Best Practice-Tipps für eine noch bessere Praxisorganisation


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lassen sich auf einfachste Weise Aufbau- und Ablauforganisation, Bestellsystem und ärztliches Zeitmanagement mit Patienten-Volumen und -Struktur sowie den daraus resultierenden Anforderungen synchronisieren.

      Tipp 4: Zehn Minuten für gute Organisation

      Erfolgt mit Hilfe einer jährlichen Arbeitsanalyse die Komplett-Justierung der Strukturen und Abläufe, können Sie ohne größeren Zeitaufwand auch immer wieder zwischendurch die Funktionalität Ihrer Organisation überprüfen: ein entsprechender Besprechungspunkt im Team-Meeting zum Ende der Woche sowie ein retrospektiver Blick auf Wartezeiten und Unerledigtes liefern Ihnen bereits entscheidende Anhaltspunkte für mögliche Veränderungsnotwendigkeiten. Aus der Kontinuität eines derartigen Handelns, das pro Woche nicht mehr als zehn Minuten beansprucht, erwächst ein nicht belastender, aber nachhaltiger Optimierungsprozess mit positiven Auswirkungen auf Arbeitsbelastung, Produktivität, Motivation, Patientenzufriedenheit und Erfolg.

      Tipp 5: Ruhige Arbeitsabläufe mit Hilfe der Hektik-Notiz

      Ein Thema, das nicht nur Medizinische Fachangestellte, sondern auch Praxisinhaber häufig und intensiv beschäftigt, ist die Reduktion der täglichen Hektik. "Wir wissen manchmal gar nicht, wo uns der Kopf steht!", berichtet die Angestellte einer kardiologischen Fachpraxis. Neben der zermürbenden praxisinternen Wirkung beeinflussen hektische Arbeitsprozesse aber auch die Patientenzufriedenheit und die Weiterempfehlungs-Bereitschaft. Gehetztes Agieren ist für Patienten das Zeichen einer Organisations-Unfähigkeit des Praxisteams. Hinzu kommt die Befürchtung, durch Eile und Unkonzentriertheit u. U. auch medizinisch schlecht versorgt zu werden.

      Bei der Ursachen-Analyse äußern Praxis-Teams meist das "Zuviel-Argument": zu viel Arbeit, zu viele Patienten, zu viele administrative Anforderungen. Doch der zentrale Grund liegt in für das Arbeitsaufkommen ungeeigneten Kapazitäten und Regelungen, z. B. in Form

      - einer zu geringe Personaldecke,

      - unklarer Zuständigkeiten,

      - fehlender Koordination,

      - eines unzureichenden Informationsflusses,

      - unnötiger Störungen und Unterbrechungen,

      - falscher Bestellsysteme,

      - ungelöster Konflikte,

      - schlechter Einweisungen neuer Mitarbeiterinnen und / oder

      - fehlender bzw. defekter Arbeitsmittel

      In jeder Arztpraxis kann es zu Situationen kommen, in denen es hektisch wird. Ist die Hektik jedoch ein Dauerzustand, liegt ein Systemfehler vor, dem man mit einem einfachen Verfahren, der Hektik-Notiz, begegnen kann. Seine Umsetzung ist einfach: jedes Team-Mitglied hält den Zeitpunkt sowie den vermuteten Anlass beginnender Hektik auf einem Zettel fest oder notiert diese Angaben ex post. Die Hektik-Notizen werden bis zur jeweils nächsten Teambesprechung gesammelt und dann gemeinsam ausgewertet. Auf diese Weise erfahren nicht nur alle Praxismitarbeiterinnen und der Arzt / die Ärzte, was wen zu welchem Zeitpunkt in Hektik gebracht hat, sondern es wird auch möglich. Situationen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und so Lösungen zu entwickeln.

2.2 Beschwerdemanagement und Praxisorganisation

      Tipp 6: Bessere Organisation durch ein gezieltes Beschwerden-Screening

      „Nobody is perfect!“ Unter diesem Motto spielt das Beschwerdemanagement nicht nur in Bezug auf organisatorische Aspekte eine wichtige Rolle. Beschwerden entstehen immer dann, wenn Erwartungen der Patienten durch die Realität des Praxisbesuches nicht erfüllt werden. Mit der systematischen Erfassung und Bearbeitung dieses direkten Feedbacks zu Ihrer Arbeitsqualität gelingt es Ihnen, Schwachpunkte Ihrer Arbeit allgemein und Ihrer Organisation speziell zu erkennen und zu beseitigen. Ein professionelles Beschwerdemanagement, das gleichzeitig auch als Marketinginstrument wirkt, setzt sich aus folgenden Bausteinen zusammen:

      (1) Praxisinterne Voraussetzung

      Beschwerden dürfen innerhalb Ihres Teams nicht emotionalisiert werden. Im Vordergrund muss zunächst immer die Wiederherstellung der Patientenzufriedenheit stehen, danach die Beseitigung des Beschwerdegrundes. Grundsätzlich handelt niemand in Ihrer Praxis bewusst fahrlässig oder mutwillig, deshalb sollten Sie den Beschwerdegründen ruhig und objektiv begegnen.

      (2) Beschwerdestimulierung

      Nur etwa 2% aller Praxisbesucher beschweren sich von sich aus bei Ärgernissen. Aufgrund des hohen Nutzens von Beschwerden für Ihr Qualitätsmanagement sollten Sie deshalb Ihre Patienten auf die Möglichkeit einer Beschwerdeführung direkt hinweisen. Das können Sie durch einen gezielten Verweis in Ihrer Praxisbroschüre tun, besser noch mit Hilfe eines Formulars, das Sie z. B. im Wartezimmer auslegen und auf dem Patienten anonym den Anlass ihres Ärgers aufschreiben können. Das Formular wird anschließend in eine an einem diskreten Ort aufgestellte „Beschwerde-Box“ eingeworfen. Natürlich können Sie auch in Ihren regelmäßigen Patientenzufriedenheits-Untersuchungen mittels Freitext-Rubrik („Gab es Dinge, über die Sie sich besonders geärgert haben?“) Beschwerdegründe erfassen.

      (3) Beschwerdeannahmen

      Nehmen Sie persönliche Beschwerden von Patienten zunächst entgegen, ohne diese bei ihrer Darstellung der Sachverhalte zu unterbrechen. Wichtig ist, dass der Gesprächspartner eine Möglichkeit erhält, seinen Ärger loszuwerden, denn erst dann hat er ein Ohr für Ihre eventuelle Gegenargumentation. Fördern Sie die Beschwerdeschilderung mit kurzen Kommentaren wie „Ja, ich verstehe.“ Oder „Das ist wirklich ärgerlich“.

      Vermeiden Sie, den geschilderten Vorgang zu bewerten und entschuldigen Sie sich auch nicht voreilig.

      Vermeiden Sie, dass es zu einer Eskalation oder einem Streit kommt.

      (4) Beschwerdebearbeitung

      Versuchen Sie durch Nachfragen, den Beschwerdegrund möglichst detailliert zu präzisieren.

      Hat der Patient das Ärgernis selbst verschuldet, erklären Sie ihm freundlich aber direkt, wie es zu dem Problem kam.

      Haben Sie selbst den Fehler zu vertreten, entschuldigen Sie sich. Liegt der Fehler bei ihrer Praxis, ist aber die Ursache nicht genau einzugrenzen, bieten Sie dem Patienten eine Klärung des Sachverhalts an. Machen Sie eine genaue Angabe, bis wann und auf welchem Weg die Patienten mit einer Information hierzu rechnen können.

      Drücken Sie zum Abschluss des Gesprächs nochmals Ihr Bedauern aus und bieten Sie eine konkrete Lösung an. („Ihr Termin ist uns einfach durchgegangen. Ich sehe gleich einmal nach, was ich organisatorisch ändern kann, um Ihnen schnell eine Alternative für diese bedauerliche Panne anzubieten. Wie wäre es mit dem...?“).

      - Kontinuierliche Verbesserung

      Sammeln Sie alle Beschwerden und besprechen Sie sie im Team. So können die ermittelten Beschwerdeanlässe bewusst und gezielt vermieden werden.

2.3 Best Practices: Was Sie persönlich für gute Organisation tun können

      Tipp 7: Seien Sie selbstkritisch: Ist Ihr Verhalten vielleicht das Organisationsproblem?

      „Zügige Bearbeitung des Schriftverkehrs durch die Ärzte = weniger Nachfragen der Patienten = Zeitersparnis!“

      „Größere Pünktlichkeit der Ärzte = Einhaltung der Patiententermine!“

      „Im Kontakt mit den Patienten deren Anfragen direkt klären und nicht erst die Klärung über die Arzthelferinnen ausführen lassen = kein Blockieren der Arbeitsabläufe!“

      Diese Ausführungen einer Medizinischen Fachangestellten, die in einer großen allgemeinärztlich tätigen Praxis arbeitet, zeigen ein Dilemma, auf das man in Arztpraxen jeglicher Größe treffen kann: das ärztliche Zeit- und Aktivitäts-Management ist nicht oder zu wenig auf die Ablauforganisation