Melody Adams

Breaking Me Softly


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      „Ich ...“, begann ich stockend. „Ich hab ... Ich bin neu hier und ...“

      „Du hast keine Bleibe?“, fragte er und ich nickte.

      Er seufzte und fuhr sich über sein ultrakurzes schwarzes Haar.

      „Ich hab ein Gästezimmer. Du kannst heute bei mir übernachten und dann sehen wir weiter. Komm. Lass uns erst mal von hier verschwinden.“

      „Bei ... bei dir ü-übernachten?“, stammelte ich panisch.

      „Ich meine im Gästezimmer. Ich habe keinerlei sexuelle Hintergedanken, das kann ich dir garantieren. Du bist mir zu jung und nicht mein Typ.“ Er schaute mich etwas ungeduldig an. „Also, was ist nun? Möchtest du lieber auf der Straße übernachten?“

      „Nein!“, erwiderte ich entsetzt über die Vorstellung. „Ich ... ich nehme dein Angebot an. Danke.“

      „Okay, dann komm!“, sagte er und wandte sich ab.

      Ich schaute unschlüssig auf die Eisenstange in meiner Hand, dann ließ ich sie fallen, und folgte Viper eilig nach. Er warf mir einen Seitenblick zu, als ich neben ihm angelangt war, dann starrte er wieder stur geradeaus.

      Wir ließen den heruntergekommenen Stadtteil hinter uns und gelangten in ein Industriegebiet. Viper war nicht gerade gesprächig und ich kämpfte noch immer mit der Frage, ob es wirklich eine gute Idee war, mit ihm mitzugehen. Immerhin kannte ich ihn nicht und das einsam daliegende Industriegebiet erschien mir auch nicht sicherer als das heruntergekommene Viertel, wo ich ihn getroffen hatte.

      „Es ist nicht mehr weit“, sagte er schließlich.

      Wenig später bogen wir auf ein Gelände, gingen vorbei an drei großen Hallen, zu einem dreistöckigen Backsteingebäude. Ein paar Rottweiler in einem Zwinger neben der letzten Halle fingen an zu bellen und ich zuckte erschrocken zusammen. Ein Mann trat hinter dem Zwinger hervor. Er hatte einen weiteren Hund an der Leine.

      „’N Abend, Viper“, grüßte er.

      „Hey Buck, alles ruhig?“, erwiderte Viper.

      Der Mann, dessen Alter irgendwo jenseits der fünfzig liegen mochte, nahm seine Kappe ab und nickte.

      „Aye, ja, alles ruhig.“

      „Gut.“

      „Gute Nacht, dann“, sagte Buck. „Ich mach dann mal meine Runde.“

      „Ja, gute Nacht.“

      Buck setzte seine Kappe wieder auf seine schütteren grauen Haare und machte sich auf. Viper legte eine große Hand auf meinen Rücken und dirigierte mich zur Rückseite des Backsteinhauses, wo eine Feuerleiter nach oben führte. Wir erklommen die Metallstufen ganz nach oben, und Viper schloss eine rostig ausschauende Metalltür auf.

      „Nach dir“, sagte er und hielt die schwer aussehende Tür für mich auf.

      Ich schlüpfte unter seinem Arm hindurch ins Innere. Es war dunkel, doch Viper betätigte einen Schalter hinter mir, und ein paar Lampen an der Decke gingen an und beleuchteten Vipers Reich. Staunend stand ich da und nahm den Anblick in mich auf. Wir standen in einem riesigen Raum, der zu einer Seite hin eine große Fensterfront hatte. Massive Stützbalken waren in der Mitte des Raumes und hielten die Dachkonstruktion. Links von mir befand sich eine lange Küchenzeile in schwarz mit blank poliertem Chrome. Dahinter war ein großer Sitzbereich mit dem größten Flachbildfernseher, den ich je gesehen hatte. Rechts erstreckte sich ein Fitnessbereich mit verschiedenen Geräten und Hantelbänken, sowie einer Spiegelfront mit Hanteln davor. Weiter hinten sah ich drei Türen. Vermutlich die Schlafzimmer und vielleicht das Bad.

      „Fühl dich wie zu Hause“, sagte Viper hinter mir und schlenderte in die Küche.

      Ich stand noch immer wie erstarrt da, als er sich zu mir umdrehte.

      „Kaffee?“, fragte er.

      Ich nickte.

      „Ja ... bitte“, brachte ich schließlich atemlos hervor. „Schwarz, kein Zucker.“

      Er hantierte in der Küche herum, um den Kaffee zuzubereiten. Ich fasste ein Herz und ging langsam durch den Raum auf den Sitzbereich zu. Ein wenig unschlüssig blieb ich dort stehen.

      „Setz dich ruhig“, hörte ich Vipers belustigte Stimme.

      Ich setzte mich vorsichtig auf eine schwarze Ledercouch und schaute etwas verlegen zu Viper hinüber. Ich nahm mir die Zeit, ihn genauer zu mustern. In den Straßen war es recht schummrig gewesen und ich hatte nicht so viel von ihm erkennen können. Er hatte seine Lederjacke ausgezogen und das T-Shirt, welches er jetzt trug, zeigte deutlich seine massiven Arme. Er war gut gebräunt, wahrscheinlich besuchte er regelmäßig die Sonnenbank. Sein schwarzes Haar war an den Seiten ganz geschoren, nur auf dem Kopf trug er es stachelig kurz. Ich konnte seine Augen nicht sehen, doch sein Gesicht war kantig mit einem breiten Kinn, vollen Lippen und hohen Wangenknochen. Seine Nase schien schon mindestens einmal gebrochen gewesen zu sein, was bei seinem Sport wohl kein Wunder war. Es war klar, dass er irgendeine Art von Kampfsport betrieb. Da er nicht nur seine Hände, sondern auch seine Beine eingesetzt hatte, tippte ich auf MMA. Mein Stiefvater hatte mit Begeisterung MMA Kämpfe im Fernsehen angesehen.

      Als Viper den Kaffee in zwei Becher gegossen hatte, schaute ich schnell weg. Ich konnte aber aus den Augenwinkeln sehen, wie er auf die Sitzgruppe zukam. Er setzte sich mir gegenüber und stellte einen Becher vor mich hin.

      „Danke“, murmelte ich und griff nach dem Becher. Ich war froh mich mit dem Kaffee beschäftigen zu können, und somit mein Unbehagen zu überspielen.

      „Also“, brach Viper nach einer Weile das Schweigen. „Jetzt erzähl mir, wie es kommt, dass du hier in New York ganz allein und ohne Wohnung bist. Und was du um diese Zeit in einem solchen Viertel zu tun gehabt hast.“

      Ich starrte auf meine Tasse in meinen Händen hinab und überlegte, was ich ihm erzählen sollte. Ich hatte noch nie mit jemandem über meine familiäre Situation gesprochen.

      „Wie heißt du überhaupt?“, fragte er, als ich nach einer Weile noch immer nichts geantwortet hatte.

      „Fay“, erwiderte ich.

      „Okay, Fay. Ich will dich nicht drängen. Sag mir nur eins. Du hast weder Wohnung, noch Geld, noch Job und keine Freunde oder Familie zu denen du gehen kannst, ist das richtig?“

      Ich nickte.

      „Hast du dir überlegt, was du tun willst, um das zu ändern?“

      Ich schüttelte den Kopf.

      „Ich ... ich hatte Geld. Man hat mir meinen Rucksack gestohlen. Dann bin ich rumgelaufen und irgendwie in dieses Viertel gelangt. Nun ja, den Rest kennst du ja.“

      „Ich mach dir ein Angebot“, sagte er. „Du kannst das Gästezimmer haben und ich besorg dir einen Job. Wenn du auf die Füße gekommen bist, dann helfe ich dir dabei, eine Wohnung zu finden. Wie klingt das?“

      Ich schaute vorsichtig auf und begegnete seinem Blick.

      Grün. Seine Augen sind grün, dachte ich. Nein! Sie sind grau-grün.

      „Was ... was verlangst du als ... Gegenleistung?“, fragte ich vorsichtig.

      „Nichts“, erwiderte er ruhig, ohne den Blick von mir zu wenden. „Ich hab dir schon gesagt, dass du nicht mein Typ bist. Und zu jung sowieso. Wie alt bist du. Siebzehn?“

      „Ich werde im Januar neunzehn“, erwiderte ich trotzig.

      „Hast du einen Ausweis bei dir, der das beweisen kann?“

      Ich schüttelte den Kopf.

      „Der war in dem Rucksack“, sagte ich betrübt. „Aber es ist wahr!“

      „Okay. Dann bist du eben achtzehn. Immer noch zu jung für mich.“

      „Wie alt bist du?“, fragte ich.

      „Ich bin ziemlich