Helmut Atzler

Der direkte Weg zu Gott


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war Jesus?

      Über die Evangelien habe ich folgendes Bild von Jesus und dem Glauben erhalten, den er und die Evangelisten vermittelt haben sollen. Aufgrund der zuvor geschilderten Punkte schreibe ich bewusst im Konjunktiv.

      Jesus soll gut gewesen sein.

      Jesus soll gegen das Töten und generell gegen Gewalt gewesen sein. Auch Gewalt aus Notwehr soll er abgelehnt haben. Eines der 10 Gebote Gottes verbietet ebenfalls das Töten.

      Menschen die zu Jesus kamen, sollen geheilt worden sein und Jesus soll gesagt haben, dass nicht er, sondern ihr Glaube sie geheilt habe.

      Bei dem Sendungsauftrag an seine Jünger soll Jesus gesagt haben, dass sie losziehen sollten, das Wort verkünden und heilen sollten. Sie sollten kein Geld mitnehmen und die Orte, an denen sie nicht willkommen wären, einfach wieder verlassen.

      Für Jesus sollen alle Menschen Kinder Gottes gewesen sein, bzw. könnten es werden, wenn sie an Gott glaubten. Die Menschen soll er Brüder und Schwestern genannt haben und wollte offensichtlich nicht, dass sich einzelne über andere erheben.

      Das wichtigste und erste Gebot soll für Jesus die Liebe zu Gott gewesen sein. Als zweitwichtigstes soll die Nächstenliebe gestanden haben. Mehr Gesetze bräuchte es nicht.

      Jesus soll den Menschen vermittelt haben, dass sie sich direkt an Gott wenden können und sollen. Dafür soll Jesus den Menschen unter anderem das „Vater unser“ gegeben haben.

      Wenn Menschen Jesus gefragt haben sollen, was sie tun müssten, um ihm zu folgen, soll er gesagt haben, dass sie ihr Hab und Gut verkaufen und ihr Geld den Armen geben sollten. Dann sollten sie ihm folgen.

      Jesus soll generell keinen Wert auf Geld, Prunk und Äußerlichkeiten gelegt haben.

      Die Menschen sollen Gottes Tempel sein.

      Das Reich Gottes soll in den Menschen sein und der Geist Gottes in den Menschen wohnen.

      Dies sind ein paar Kernaussagen, die ich auch so in vielen Gottesdiensten schon gehört hatte.

      Eigentlich war das für mich nichts Neues. Doch dieses Mal las ich die Texte aus einer ganz anderen Perspektive. Was die Kirche ihren Mitgliedern predigt und von ihnen erwartet, wenn sie mit erhobenem Finger auf die Bibel verweist, habe ich ja über viele Jahre hinweg selbst erlebt. Aber wird die Kirche ihren eigenen Ansprüchen gerecht? Wie viel Wahrheit ist in den kritischen Aussagen enthalten, dass die Kirche Wasser predigen aber selbst Wein trinken würde?

      Um das herauszufinden, las ich nun auch im katholischen Katechismus. Da ich keinen zur Hand hatte, bediente ich mich der Online-Version des Vatikans auf folgender Internetseite:

      www.vatican.va/archive/DEU0035/__P1.HTM

      Ich verglich einige Kernaussagen und Verhaltensweisen der Kirche mit den obigen Kernaussagen der Evangelien.

      Die Nachfolge Christi

       Aus den Evangelien:

      Bei dem Sendungsauftrag an seine Jünger soll Jesus gesagt haben, dass sie losziehen sollten, das Wort verkünden und heilen sollten. Sie sollten kein Geld mitnehmen und die Orte, an denen sie nicht willkommen wären, einfach wieder verlassen.

       Die Sichtweise der Kirche:

      Die katholische Kirche behauptet von sich, dass sie die einzig wahre Nachfolgerschaft Christi und von Gott gesandt sei. Diese Auffassung unterstreicht die katholische Kirche in ihrem Katechismus wie folgt:

      Auszug aus dem Katechismus der Katholischen Kirche von 1997.

      (Quelle: www.vatican.va/archive/DEU0035/__P2E.HTM)

      „ Absatz 3 DIE EINE, HEILIGE, KATHOLISCHE UND APOSTOLISCHE KIRCHE

      812 Einzig der Glaube vermag zu erkennen, daß die Kirche diese Eigenschaften von ihrem göttlichen Ursprung her besitzt. Deren geschichtliche Auswirkungen sind jedoch Zeichen, die auch klar die menschliche Vernunft ansprechen. Wie das Erste Vatikanische Konzil sagt, ist die Kirche „wegen ihrer wunderbaren Ausbreitung, außerordentlichen Heiligkeit und unerschöpflichen Fruchtbarkeit an allem Guten, wegen ihrer katholischen Einheit und unbesiegten Beständigkeit ein mächtiger und fortdauernder Beweggrund der Glaubwürdigkeit und ein unwiderlegbares Zeugnis ihrer göttlichen Sendung.“

      (DS 3013). “

       Die Umsetzung durch die Kirche:

      Die angebliche „unwiderlegbare göttliche Sendung“ der Kirche beinhaltete unter anderem: Kreuzzüge, Eroberungen, Enteignungen, Ausbeutungen, Inquisition, Hexenverbrennungen usw.

       Kritische Anmerkung:

      Nun gut, die oben erwähnten Fakten liegen schon einige Zeit zurück, wodurch sie aber nicht besser werden. Es gibt aber auch aktuellere Skandale wie beispielsweise den sexuellen Missbrauch von Kindern in der Kirche und deren Aufarbeitung, die Skandale in der Vatikanbank oder die Aussagen von Papst Franziskus, dass es in der Kirche Seilschaften und diverse Lobbys gäbe. Nur weil all diese Dinge innerhalb kurzer Zeit der Öffentlichkeit bekannt wurden, bedeutet das nicht, dass sie einfach so von heute auf morgen da waren. Viel wahrscheinlicher dürfte doch sein, dass auch diese Dinge eine gewisse Tradition und Beständigkeit innerhalb der Kirche haben.

      Als selbsternannte, einzige und rechtmäßige Nachfolgerschaft Jesu, hatte ich erwartet, dass es die Kirche mit dem Sendungsauftrag Jesu etwas ernster und genauer nimmt. In Wahrheit handelt sie jedoch sehr oft genau gegen den Auftrag Jesu und als Krönung umschreibt die Kirche ihr Verhalten insgesamt mit Begriffen wie „wunderbarer Ausbreitung, Glaubwürdigkeit und göttlicher Sendung“.

      Auch die übliche Ausrede „Ja, das war früher vielleicht so. Aber heute ...“ kann diesen Sachverhalt nicht entkräften. Für kirchliche Verhältnisse sind das ganz aktuelle Ansichten. Obiger Text stammt von 1997! In der Kirche scheint das Erinnerungsvermögen an die eigenen zahlreichen Verfehlungen sehr flüchtig zu sein. Vielleicht leidet die Kirche auch einfach nur unter einer Art Größenwahn bzw. Selbstverherrlichung und nimmt dadurch gar nicht wahr, was bei ihr alles schief gelaufen ist und auch heute noch schief läuft.

      An einer anderer Stelle des Katechismus (Nr. 796 und 808) vereinnahmt die Kirche Jesus erneut für sich. Sie nennt sich selbst die „makellose Braut Christi“.

       Kritische Anmerkung:

      Es gibt ein Sprichwort, nachdem sich Gegensätze anziehen. Die Lehre Jesu und die Verhaltensweise seiner angeblichen Braut (Kirche) könnten gegensätzlicher nicht sein. Daraus aber eine Ehe herbeizureden, scheint mir doch sehr gewagt zu sein.

      Der vermeintliche Brautvater – also Gott – hätte in seiner Weisheit doch bestimmt Dinge wie die Inquisition usw. vorausgesehen und seinem Sohn eine Ehe mit solch einer Braut untersagt.

      Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass sich Gott und Jesus der Sichtweise der Braut (Kirche) anschließen und in den zahlreichen Gräueltaten der Kirche ebenfalls keinen Makel erkennen würden.

       Aus den Evangelien:

      Jesus soll gegen das Töten und generell gegen Gewalt gewesen sein. Auch Gewalt aus Notwehr soll er abgelehnt haben. Eines der 10 Gebote Gottes verbietet ebenfalls das Töten.

       Die Sichtweise der Kirche:

      In Nr. 2263 bis 2267 und 2309 des katholischen Katechismus ist beschrieben, unter welchen