Jo L.L. Roger

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war deine Asientour?“

      „Großartig! Seoul ging so, Hong Kong war etwas stressig, aber Tokyo ist der absolute Hammer. Die Japse sind echte Freaks. Akiba wär’ genau euer Ding. Dort bekommst du sofort das Gefühl, dass München in der Dritten Welt liegt.“

      Carl antwortet mit einem Lacher.

      „Ich kann dir meine Beute zeigen.“ Mit einer Handbewegung deutet Vincent auf den Mercedes. Carl schlüpft in seine Birkenstocks und folgt dem früheren Schulfreund zur S-Klasse. Stolz präsentiert dieser Kartons und Plastiktüten mit Elektronik- und Computerausrüstung im Kofferraum. Eilig stopft er mehrere Kartons und Plastiktütchen in eine Sporttasche. Er hält inne und betrachtet ein Päckchen mit schrillem Aufdruck. „Hello Kitty ist nix für Brigitta?“

      „Ist nicht ihr Fall.“

      „Dann wird’s ein Geschenk für Mr. Pixel. Wahrscheinlich findet er Hello Kitty genauso cool wie den ganzen anderen Otaku Krempel, den ich unbedingt mitbringen sollte.“

      Carl beginnt zu grinsen, während Vincent vergeblich mit dem Reisverschluss der Sporttasche kämpft. Gemeinsam heben sie die schwere Tasche aus dem Kofferraum und tragen sie behutsam ins Haus.

      Brigitta sitzt in einem viel zu großen Sweatshirt an ihrem Linuxrechner. Geübt lässt sie zwei Qigongkugeln rhythmisch durch die Finger kreisen. Ohne das flinke Spiel mit den Kugeln zu unterbrechen, steht sie auf und nähert sich dem Arbeitstisch in der Mitte des Zimmers. Vincent und Carl packen dort die Sporttasche aus.

      „Hallo, Kleines!“

      Carl wirft einen neugierigen Blick auf seine Freundin, doch Brigittas Gesicht lässt keinerlei Reaktion auf die Begrüßung erkennen. Er kann nicht im Geringsten abschätzen, was gerade hinter ihren grünblauen Augen vorgeht.

      „Hallo, Dickerchen!“, erwidert sie den Gruß.

      Angespannt fokussiert Carl Vincents Gesicht. Dessen offensichtliche Reaktion ist für ihn viel leichter zu deuten als die seiner Freundin. Vincent setzt ein freundliches Grinsen auf. „Die japanische Küche ist wunderbar. Daran könnte ich mich jeden Tag überfressen.“

      Brigitta reagiert mit einem dezenten Lächeln. Beinahe lautlos atmet Carl durch, während Vincent die Einkäufe ausbreitet. „Das ist die allerneueste Cam von Sony. Die kommt frühestens zu Weihnachten in den USA auf den Markt und bei uns vermutlich erst im nächsten Jahr. Richtig geiles Teil! Hab selbst schon ein bisserl damit herumgespielt. Die Aufnahmen sind großartig.“ Vincent schiebt den geöffneten Karton mit der Kamera zu Carl, der diese vorsichtig herausnimmt. Er taxiert ihr Gewicht behutsam mit den Händen. Nach einigen Momenten beugt er sich über die Videokamera, um den Geruch von frischer Elektronik einzuatmen. Sanft streichelt er über die Bedienelemente des technischen Wunderwerks.

      „Hab auch einiges an Zubehör mitgebracht, aber nur das Hochwertige. Wäre sehr geil, wenn du das Teil heute Abend verwendest.“

      „Das hoffe ich. Falls sie mit meinem Schleppi zusammenarbeitet, hat sie ebenfalls Premiere.“

      „Für den Notfall habe ich euch noch einen ultrakompakten Laptop mitgebracht. Hab mir auch einen für mich geholt. Ist echt Spitze. Im Gegensatz zu deinem komischen Mädchen Computer läuft auch Windows drauf!“

      Brigitta nimmt Vincent das Sony Notebook aus der Hand. Liebevoll fährt sie mit ihren Fingern über die elegante Tastatur, bis sie zum Netzschalter gelangt. „Gibt es dafür Linuxtreiber?“

      „Keine Ahnung, danach hab ich nicht gefragt.“

      „Schade. Die Größe gefällt mir. Die Tastatur fühlt sich angenehm an.“

      „Kannst es gerne haben, falls dein Freund beim PowerBook bleibt.“

      „Danke!“

      Carl ignoriert Vincents Stichelei. „Was kostet uns der Spaß?“

      „Lass den Scheiß! Du weißt doch, dass du die Sachen von mir umsonst haben kannst. Schließlich sind wir alte Freunde und Geschäftspartner.“

      Carl beugt seinen langen Körper leicht nach vorne und stellt sich auf die Zehenspitzen, sodass er Vincent deutlich überragt. „Gerade deswegen will ich dafür bezahlen, damit wir das Zeug steuerlich absetzen können. Außerdem ist das Equipment ein klein wenig zu teuer, als dass ich dir dafür einen Gefallen schuldig sein möchte.“

      Vincent weicht unbewusst einige Schritte zurück, wobei er ein unverständliches Brummeln von sich gibt. Carl entspannt seinen Körper. „Also, was willst du haben? Kannst mir gerne einen Freundschaftspreis machen!“

      „Die beiden Cams sind im EK jeweils fünf, das Notebook zwei oder drei, müsste ich aber erst nachgucken. Der Kleinkram ist sicherlich noch ein Tausender.“

      „Klingt schon vernünftiger“, antwortet Carl zufrieden. Er legt die Videokamera beinahe zärtlich in die Schachtel zurück, bevor er den Raum Richtung Treppenhaus verlässt. Vincent blickt ihm ratlos hinterher. Brigitta konzentriert sich unterdessen auf das neue Notebook, das sie vorsichtig in einer Hand hält, während sie mit der anderen auf der filigranen Tastatur tippt.

      „Das gefällt dir? Hätte ich mir denken können, dass du darauf stehst.“

      Brigitta zuckt bei Vincents Worten kaum merklich zusammen. Mit einem verlegenen Lächeln versucht sie, die Unterbrechung ihrer Konzentration zu überspielen. „Das Notebook ist ganz nett. Vor allem nicht so schwer wie mein alter Schleppi oder das PowerBook.“

      „Ihr beide müsst unbedingt nach Tokyo, um in Akiba zu shoppen. Das ist das absolute Paradies für euch Computerfreaks.“

      „Irgendwann vielleicht. Es wäre nicht allzu schlau, die Uni vor den Klausuren zu schwänzen.“

      „Du darfst nicht immer alles so eng sehen! Entspann dich, genieß dein Leben und lass die Sau raus!“

      „Sorry! Du verwechselst mich mit meiner Schwester. Die ist die Partymaus.“

      „Tatsächlich? Wenn ich mir ansehe, wie du auf den LAN-Partys abgehst, kaufe ich dir das nicht ab“, kontert Vincent.

      „Das ist auch etwas anderes“, erwidert Brigitta, die leicht errötet.

      „Hier ist dein Geld“, unterbricht Carl die beiden.

      „Rechnung und den Papierkram bekommst du, wenn ich den Jetlag hinter mir habe“, versichert Vincent.

      „Keine Eile, solange wir die Angelegenheit wie Geschäftsleute regeln.“ Carl drückt Vincent ein Bündel Banknoten in die Hand, das dieser ohne nachzuzählen einsteckt.

      „Wie laufen eure Shops im Moment?“

      „Kann nicht klagen“, erwidert Carl.

      „Du hättest sehen sollen, was ich bei meinem Abstecher nach Hong Kong alles entdeckt habe. Dagegen schauen wir beide richtig alt aus.“

      „Ich habe nicht vor, mit dir im Fernen Osten zu expandieren. Deine Geschäfte in Tschechien sind mir bereits zu größenwahnsinnig.“

      „Du musst das Ganze globaler sehen“, lacht Vincent. „Wir sollten wie damals zusammenarbeiten, damit wir auf dem Weltmarkt tätig werden können.“

      „Nein!“, wirft Brigitta ein, obwohl sie sich noch immer auf den Laptop konzentriert. Er dreht sich zu ihr, doch sie ignoriert ihn.

      „Wir haben damals alles geklärt, was es zu klären gibt und die Entscheidung steht noch“, ergänzt Carl.

      „Ich wollte euch auch nicht überreden, aber wir waren früher ein großartiges Team.“

      Carl richtet seinen Blick zu Boden.

      „Dachte nur, dass wir dem Ganzen eine neue Chance geben könnten, wenn es bei euch gerade super läuft. Meine vielfältigen Kontakte in Asien sind mittlerweile auch nicht von schlechten Eltern.“

      „Sorry. Im Moment gibt es keinen Grund, etwas am Status quo zu ändern.“

      „Ich