Adolph Freiherr von Knigge

KNIGGE: Über Eigennutz und Undank


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die ich in

       einem seiner Werke finde, das den Titel führt: Die

       Religion, innerhalb den Grenzen der bloßen Vernunft,

       überzeugt. Hier, wo er sich bemüht, sein System so zu

       zerren, daß es auch über den Leisten der theologischen

       Orthodoxen passen, folglich auch der Lehre von der

       Erbsünde keinen Abbruch thun soll, sagt er: »Es sey eine

       von den unvermeidlichen Einschränkungen des

       Menschen und seines practischen Vernunftvermögens,

       sich bey allen Handlungen nach dem Erfolge davon

       umzusehn.« Nun dann! wenn dies eine für ihn

       unvermeidliche Einschränkung ist; so scheint es doch

       wohl der Vernunft nicht gemäß, von ihm zu fordern, daß

       er nach Bewegungsgründen handeln solle, die gar keinen

       Bezug auf den Erfolg haben, und die also für seinen

       eingeschränkten Geist zu hoch sind.

       23.

       Und nun zum Schlusse dieses, vielleicht manchem Leser

       zu trocken scheinenden Abschnittes, noch einige

       Bemerkungen! Ich habe oben die Würklichkeit

       angebohrner, allen Menschen eingepflanzter bestimmter

       Begriffe von Tugend und Pflicht geleugnet. Es ist

       hingegen unwiderlegbar gewiß, daß in unsrer Natur ein

       lebhaftes Gefühl von Recht und Unrecht, das heißt: von

       dem, was der Vernunft gemäß und nicht gemäß ist,

       herrscht, welches jedoch erst durch die Verhältnisse und

       Lagen, in welche wir versetzt werden, eine deutliche und

       bestimmte Richtung bekömmt. Es geschieht aber, durch

       eine sehr gewöhnliche Verwechselung von Ideen, daß wir

       diejenigen Eindrücke, welche wir durch Erziehung und

       nachherige Bildung erhalten haben, nachdem sie uns zur

       andern Natur geworden sind, für angebohrne Begriffe

       halten. Daher der Irrthum derjenigen, welche, mit

       Verwerfung aller Rücksichten auf Erfolg und Nutzen, in

       dem Geiste und Herzen der Menschen die

       vollkommensten und würksamsten reinen Motive zur

       moralischen Pflicht-Erfüllung zu finden glauben. Diese

       Verwechselung findet nicht weniger bey andern Begriffen

       und Empfindungen Statt. So hat, zum Beyspiel, jeder

       Mensch ein angebohrnes Gefühl von Schönheit, oder

       vielmehr einen natürlichen Sinn für den Unterschied

       zwischen schön und häßlich; allein giebt es darum eine,

       von allen Menschen unter allen Himmelsstrichen

       anerkannte allgemeine Regel der Schönheit? Ist deswegen

       derselbe Gegenstand unter allen Umständen immer

       gleich schön oder häßlich? Gewiß nicht! Man rede aber

       von einer schönen menschlichen Gesichts-Form; so wird

       dem an antike Profile gewöhnten Kunstkenner die

       Gestalt der griechischen Stirnen und Nasen, dem Neger

       aber wird ein ganz andres Ideal vor Augen schweben und

       doch wird bey Beyden der Grund-Begriff rein seyn,

       nämlich abstrahirt von dem Wohlgefallen, das in ihm der

       Anblick des vollkommensten menschlichen Antlitzes, (so

       wie er sich die Idee davon durch Gewohnheit von Jugend

       auf eingeprägt hat) erweckt. Eben so ist es mit den

       Begriffen von Ordnung. Diese sind sehr relativ, obgleich

       das Gefühl für Ordnung und Symmetrie in jedem

       Menschen von Natur wohnt. Der Platz, den in Einem

       Hause, in einem Zimmer, eine Sache vernünftiger Weise

       einnehmen muß, würde in einem andern für dieselbe

       Sache äußerst unschicklich seyn. Allein man rede von

       einem ordentlichen Manne; so werden sich an diese

       Haupt-Idee alle, durch Gewohnheit hinzugekommene

       Neben-Begriffe anschließen, und jeder Anwesende wird

       sich, ohne es zu wollen, den ordentlichen Mann als einen

       Solchen denken, der seine Geschäfte in eben der Reihe,

       wie er, verrichtet, seine Sachen nach eben der Weise, wie

       er, verwahrt. Wäre es nun aber vernünftig zu behaupten:

       Man müsse sein Hauswesen, seine Geschäfte, ohne

       Rücksicht auf Umstände und Folgen, immer nach

       solchen Regeln ordnen, die zu jeder Zeit als allgemeine

       Gesetze für alle Haushaltungen gelten könnten?

       Nachtrag.

       Die Herrn Kunstrichter und diejenigen unter meinen

       übrigen Lesern, denen die hier angeführten Gründe (für

       den Satz: daß die Beförderung unsrer eignen

       Glückseligkeit das erste, sicherste und reinste Motiv zu

       moralischen Handlungen sey ) nicht überzeugend

       vorkommen, bitte ich, ihr Urtheil noch zurückzuhalten

       und erst vorher den Anhang zu diesem Abschnitte zu

       lesen, den ich, um den Vortrag nicht zu unterbrechen, am

       Ende der ganzen ersten Haupt-Abtheilung folgen lasse.

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